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  • FlinxInFlux

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Re: Schwere Zeiten für unpopuläre Parteien

trainspotter (1) schrieb am 28.04.2021 20:56:

Als new-comer hast Du so gut wie keinen Zugang zu Medien, um nicht zu sagen, daß man von den gängigen sogar noch geschnitten wird...

Ich behaupte im Gegenteil, dass es noch nie so leicht (und kostengünstig!) war, Kontakt zu relevanten Öffentlichkeiten zu finden. Die Bedeutung klassischer Medien als "Gatekeeper" nimmt seit der Jahrtausendwende ständig ab. Das hat weniger mit deren Inhalten o. Ä. zu tun, als schlicht mit einem veränderten Mediennutzugsverhalten der Rezipienten.

Mit vergleichsweise wenig Fachkenntnissen und für nur lausige 5€ im Monat kann jede neue Vereinigung eine relativ professionell daher kommende Webseite betreiben, auf der sich jeder 24/7 informieren kann. Auch Verbreitungskanäle wie Mailings oder SocialMedia sind weitgehend kostenlos.

Und je nach Zielgruppe ist Fratzenbuch auch nicht besonders hilfreich. Gewiss, bei der AfD hat dieser Weg funktioniert, bei manch anderen Initiativen aber nicht. (Und auch das weiß ich aus eigener Erfahrung: Fratzenbuch funktioniert für diesen Zweck nur, wenn man bei denen Zielgruppenansprache einkauft. Widerlich, was die einem für Angebote machen, "die man nicht ausschlagen kann".)

Das mag sein, FB hat in der Tat viele negative Aspekte, und wenn Du und Deine Mitstreiter dort nicht gut vernetzt sind, ist es natürlich schwieriger, Kontakte zu multiplizieren. Früher, also vor der Verbreitung des Internets, funktionierte Parteikommunikation jedoch weitgehend nur über teure Handzettelverteilung, noch teurere Postmailings oder Stehen in der Fußgängerzone.

Am Ende dreht sich alles darum, ob die Inhalte und parteipolitische Positionen attraktiv, in den Augen der Leute relevant und vor allem mehrheitsfähig sind. Sind sie es nicht, wie z.B. bei den Marxisten-Leninisten, wird auch kaum jemand bei denen unterschreiben.

Dass viele Parteigründungen in den letzten Jahren wieder versackt sind, hat imho aber noch mit einem Aspekt zu tun: Nicht wenige neue Parteien - bestes Beispiel: die Piratenpartei - ziehen vornehmlich Extremisten und Selbstdarsteller an, die mit Druck ihre Steckenpferde durchsetzen wollen und dabei kaum kompromissfähig sind. Wird eine Partei von solchen Leuten unterwandert und dominiert, zerfällt sie in der Regel rasch, weil sie monothematisch und weniger attraktiv für eine größere Menge Leute wird.

Manchmal geht das gut, wie eben bei der AfD, die - ebenso wie andere Rechtspopulisten in unseren Nachbarländern - auf Nationalismus und latente Fremdenfeindlichkeit als zentralen Anker setzen. Bei den Neugründungen im "Corona-Kritiker"-Umfeld (dieBasis, Widerstand2020) sieht man aber schon sehr schnell Zersetzungsbewegungen, was mich persönlich kaum verwundert, denn beide Bewegungen ziehen nicht nur Leute an, die legitime Kritik an Corona-Maßnahmen vertreten, sondern eben auch reichlich Schwurbler mit geradezu bizarrem Sendungsbewußtsein.

Flinx

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