Das bis heute vieles noch nicht aufgearbeitet wurde, möchte ich am weiteren Beispiel des oa. Samtlebe zeigen.
Jedes Jahr (siehe z.B. in 2021 mit dem amtierenden OB Westphal (SPD) unter [1]) feiert die Stadt Dortmund am 07. Juli den Todestag des 2011 verstorbenen, ehemaligen Oberbürgermeisters (von 1973-1999) Günter Samtlebe, von dem erst 1983 bekannt wurde, dass er Mitglied der Waffen-SS war und an der Ostfront eingesetzt wurde [2].
Ihm wurde die städtische Ehrenbürgerschaft in der Ratssitzung am 06.09.2001 einstimmig verliehen. Pikant dabei: einstimmig mit den Stimmen der als rechtsextrem eingestuften DVU, siehe Protokoll der Ratssitzung unter [3].
Das Protokoll weist eine kurze Erklärung des Ratsmitglieds Stanko (DVU) aus (in [3] runterscrollen bis zur Überschrift "Zu Ziffer 2"), in der die "Deutsche Volksunion" die "Beantragung der Ehrenbürgerschaft" für Samtlebe "begrüßt". Samtlebe sei:
" lebendiger Beweis dafür, dass es Menschen gibt, die viel für ihre Heimat und deren Bevölkerung tun und tun können, obwohl sie früher bei der Waffen SS gedient haben.".
Kritik der anderen Parteien zu den Aussagen der DVU ist dem Protokoll nicht zu entnehmen.
Die Mitgliedschaft Samtlebes in der SS hatte keinerlei Konsequenzen für ihn. Die "Preußische Allgemeine Zeitung ..." schreibt dazu, siehe [2] :
"Obwohl 1983 bekannt wurde, daß der 1926 Geborene ab 1943 Mitglied der Waffen-SS, genauer der SSPanzerdivison „Hohenstaufen“, an der Ostfront gewesen war, blieb der SPD-Politiker in seinem Amt. Samtlebe war von 1973 bis 1999 Oberbürgermeister von Dortmund. Auch war Samtlebe Präsident des deutschen Städtetags und besitzt die Ehrendoktorwürde der Universität Dortmund. 2001 wurde er Ehrenbürger Dortmunds."
In einem Artikel des WDR vom 07.07.2011 [siehe 4], der heute noch abrufbar ist (!), heisst es:
"Samtlebe selbst absolvierte während des Zweiten Weltkriegs eine Verwaltungsausbildung und kam als 17-Jähriger zur Waffen-SS."
Und weiter:
"Desweiteren wurde er unter anderem mit dem Landesorden Nordrhein-Westfalen und dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet."
Die Inszenierung von Samtlebe als Opfer seines jungen Alters, sein Beitritt zur SS als eine Art bedauerliche Jugendsünde gibt es nicht nur vom WDR. Hierbei ist allerdings zu bedenken, dass die damals gezogenen oder der SS freiwillig beigetretenen jungen Leute vorher in der Hitlerjugend geschult und vorbereitet wurden. Dafür gab es regelmässig Werbung in den Tageszeitungen.
Ob Samtlebe freiwillig zur SS ging oder gezogen wurde bleibt bis heute im Dunkeln.
Die vielen Belobigungen Samtlebes stehen in Kontrast zu der Tatsache, dass über seine SS-Mitgliedschaft und seine Zeit an der Ostfront nichts genaues bekannt ist. Eine frühere Recherche von mir brachte hierzu nichts zutage.
Seltsam dürftig bleibt auch eine Suche nach "Günter Samtlebe" auf der Seite der Dortmunder Stadt- und Landesbibliothek mit 2 Treffern [5]. Nichts Schriftliches von bzw. über den hoch gelobten Samtlebe? Wer mag, kann es ja mal selbst versuchen.
Eigentlich müsste hier ein motivierter Journalist - unabhängig vom Dortmunder Filz - mit seinen Möglichkeiten nachhaken und der Sache einmal auf den Grund gehen.
Bei mir hat sich nämlich über die Jahre der Eindruck verfestigt, dass ein sorgfältig aufgebautes und gepflegtes SPD-Denkmal nicht angekratzt werden soll.
MfG
[1] https://web.archive.org/web/20230925185214/https://www.wirindortmund.de/dortmund/stadt-dortmund-erinnert-an-seinem-zehnten-todestag-an-ihren-ehrenbuerger-guenter-samtlebe-128183
[2] "Preußische Allgemeine Zeitung, Zeitung für Deutschland": https://www.webarchiv-server.de/pin/archiv06/3320060819paz10.htm
[3] https://web.archive.org/web/20230627203056/https://rathaus.dortmund.de/dosys/doRat.nsf/NiederschriftXP.xsp?action=openDocument&documentId=C1256A150047CD4741256AD3003B4738
[4] https://web.archive.org/web/20230925172655/https://www1.wdr.de/archiv/jahresrueckblick/samtlebe106.html
[5] https://www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/bildungwissenschaft/bibliothek/start_bibliothek/index.html