Vielleicht gibt dieser Fall ja einen kleinen Anstoß, sich ein wenig näher mit der Geschichte selbst und den Lehren daraus zu beschäftigen.
Als einen Erfolg dahingehend sehe ich fast jeden Tag, wenn ich durch unsere Stadt laufe - Stolpersteine gegen das Vergessen. Den Versuch, das Grauen von damals nicht nur in Zahlen zu begreifen, sondern mit konkreten Menschen zu verbinden, betrachte ich als eine sehr gute Idee.
Was mir aber auch immer mehr auffällt, ist der Versuch, Geschichte zu instrumentalisieren.
Genau dafür steht der Krieg in der Ukraine.
Es geht bereits damit los, dass dieser Krieg ständig mit dem WK2 verglichen wird, diesmal mit anderen Rollen. Die Intention ist klar - Hitler-Deutschland gilt nicht zu Unrecht mit seiner industriellen Kriegs- und Tötungsmaschine als das ultimativ böse. Naheliegend, damit den russischen Angriffskrieg in derselben Dimension zu verorten.
Was so nicht stimmt.
Es gibt bei den Russen keinen Führerbefehl, keine Vernichtungslager, keine Flächenbombardements. Die Anzahl der zivilen Opfer ist sehr gering im Verhältnis zu den Opfern der Militärs. Normalerweise ist das Verhältnis seit dem WK2 weltweit etwa 9:1, also auf einen Militär sterben 9 Zivilisten. Das ist im russischen Angriffskrieg andersherum.
Macht das den Krieg Russlands jetzt weniger schlimm, wenn er eigentlich nach Intention und Ausführung viel mehr dem WK1 ähnelt?
Völkische Nationalisten kämpfen um Eroberungen und das wahre Russischsein, bzw. Ukrainertum. In Zermürbungskämpfen im Stellungskrieg unter ständiger Anfeuerung, es für die gute Sache zu tun.
Um die Frage zu beantworten, Nein, jeder Angriffskrieg ist schlimm.