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Re: Keine Nazis!

Daniel Unruh schrieb am 08.04.2022 10:57:

Raistlin666 schrieb am 08.04.2022 10:02:

Naja ist ja auch nicht verwunderlich, seit 2014 ist ja die Devise immer gewesen das es keine Nazis gibt in der Ukraine.

Es gibt de facto keine Nazis in der Ukraine. Man darf die ukrainischen Sozialnationalisten nicht mit den deutschen Nationalsozialisten verwechseln.

Der Präsident der Ukraine ist ein Jude, und in den ukrainischen Machtstrukturen gibt es zahlreiche Juden. Das allein sollte Beweis genug sein, daß es keine Nazis sind. Die ukrainischen Sozialnationalisten haben eine historisch gewachsene und gut begründete Abneigung gegen Russen. Deshalb kämpfen sie jetzt auch mit großem Heldenmut gegen die russischen Eroberer.

Die deutschen Nationalsozialisten hingegen hatten einen unbegründeten Haß auf Juden und haben ihre Gewalt praktisch ausschließlich gegen Juden gerichtet. Das macht den Nationalsozialismus besonders verwerflich.

Sie erfinden das Kunstwort Sozialnationalisten (statt Nationalsozialisten), um damit die "Rechten" in der Ukraine zu bezeichnen und behaupten ohne weitere Begründung, weil Selenskyj Jude sei und es auch sonst noch zahlreiche Juden in den ukrainischen Machtstrukturen gebe (wie viel Prozent sind's denn?), könne es gar keine Nazis in der Ukraine geben. Sie müssten doch wissen, dass das argumentativ nicht haltbar ist. Es gibt in allen Denk- und Handlungsbereichen Konvertiten.

Dennoch ist die Behauptung, Selenskyj sei ein Nazi, fragwürdig. In seiner Kriegsrhetorik verwendet er jedoch Elemente von Nazi-Sprech und das Verbot erst linker und inzwischen auch linksliberaler Parteien sowie die ebenfalls erfolgte Gleichschaltung der ukrainischen Medien deuten zumindest daraufhin, dass sein Kriegsmotto "Wir verteidigen nicht nur die Ukraine, sondern Freiheit und Demokratie des gesamten Westens" eben nichts mehr als Kriegsrhetorik ist.

Eine ebenfalls nicht abwegige Vermutung ist auch, dass Selenskyj bzw. die ukrainische Regierung und das Parlament ukrainischen Nazis einiges an politischer und v.a. militärischer Macht "gestattet" haben, auch wenn keine eindeutig nazistische Partei im Parlament vertreten ist , denn die rechten politischen und militärischen Kräfte sind in den ukrainischen Staat "integriert" worden. Die Verbotsmaßnahmen gegen Parteien werden damit begründet, dass die verbotenen Parteien prorussisch seien, v.a. die größte Partei - Oppositionsplattform - Für das Leben - mit 44 Sitzen im Parlament, und die Gleichschaltung der Medien wird damit gerechtfertigt, dass im Krieg eine einheitliche Berichterstattung der Medien existenziell sei. Bereits 2015 waren linke Parteien, so auch die kommunistische Partei verboten worden.

Einerseits könnte mit diesen Maßnahmen der ukrainische Staat vom autokratisch-diktatorischen russischen Staat ununterscheidbar werden, andererseits zeigt sich im Kriegsfall in besonderer Weise, wie sehr es sich bei einem Staat um eine Zwangsgemeinschaft handelt (siehe Kampfverpflichtung für ukrainische Männer), in der je nach Lage Parteien oder Organisationen eingeschränkt, verboten und in letzter Konsequenz ihre Mitglieder auch verfolgt, inhaftiert und bestraft werden, falls sie doch wieder aktiv sind. Die ukrainische Regierung arbeitet übrigens an einem Gesetzentwurf, der festlegen soll, dass all diese Parteien auch nach einer möglichen Beendigung des Krieges verboten bleiben.

Die bürgerlichen Medien in Deutschland berichten über derartige Entwicklungen in der Ukraine momentan beschönigend oder scheinneutral.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/verbot-parteien-ukraine-krieg-russland-100.html
https://www.fr.de/politik/kritik-an-selenkyjs-verbot-unliebsamer-parteien-91457194.html
Ab und an aber auch kritisch:
https://www.suedkurier.de/ueberregional/politik/wie-demokratisch-regiert-selenskyi;art410924,11088309

Konicz sieht das selbstverständlich anders:
http://www.konicz.info/?p=4832

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