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  • kulinux

mehr als 1000 Beiträge seit 29.01.2001

Das ist ja alles noch kein "richtiger" Transhumanismus.

Aus meiner Sicht wäre ein TRANS-Humanismus eine Summe von
Überlegungen, die eben über das "Menschsein" hinaus (= trans) gehen:
Was m.E. in der Diskussion immer so präsentiert wird, scheint ja
immer nur so eine Art "verlängerter Humanismus" zu sein: Menschen,
die dank medizinischer Fortschritte sehr lange leben oder gar
"unsterblich" sein sollen … wenn ihnen nicht zufällig ein Ziegelstein
auf den Kopf fällt oder ähnliches. (Auch ein Aspekt, der dabei immer
ausgeblendet wird …)

Tatsächlich aber ist es doch wohl so, dass der Mensch wie alle
anderen biologischen Arten auch nur als eine Stufe der Evolution
angesehen werden kann. "Höher" entwickelte, meinetwegen auch
"unsterbliche" Menschen mögen dann die nächsten Stufen sein, bleiben
aber immer noch im Paradigma des "biologischen" Lebewesens hängen.
Das erscheint mir aber ungefähr so, als würde man Chimpansen und
Gorillas als höchste Stufe der Primaten ansehen… Statt dessen bin ich
überzeugt, dass die nächste "Stufe" im Sinne einer wirklichen
qualitativen Veränderung eine technische ist. Menschliche
Unsterblichkeit und immer mehr Wissen wären in diesem Sinne nur
quantitative Fortschritte, da sie nur ein "Mehr" von irgendwas
bedeuten, was Menschen ohnehin schon haben bzw. erwerben können:
Lebenszeit und Wissen. Klar, man kann mit dem Hegelschen "Umschlagen
von Quantität in Qualität" durchaus argumentieren – gerade vor dem
Hintergrund echter intellektueller Leistungen hochstehender Primaten
–, dass auch eine solche "quantitative" neue Evolutionsstufe
letztlich eine qualitative Veränderung nach sich zieht: Die
Prognosen, welche davon ausgehen, dass unsterbliche Menschen
irgendwie wegen "Überfütterung" mit Informationen oder sonstwie
"Überdruss" am Leben unglücklich sein müssten, scheinen so eine
"qualitative" Stufe in Folge der quantitativen Vermehrung von
Lebenszeit und -wissen zu meinen …

Betrachtet man sich aber die Evolution der biologischen Wesen, könnte
man zu dem Schluss kommen, dass eines ihrer Haupt-"Motive" die
Eroberung immer neuer Lebensräume ist. Dieser sind uns und allen
anderen biologischen Wesen, die wir kennen, doch recht enge Grenzen
gesetzt – sowohl hinsichtlich der "mitzuschleppenden" Biosphäre
(Temperatur, Wasser, Nahrung …) als auch hinsichtlich des verfügbaren
Raumes = dünne Schicht auf (und teilweise in) dem Planeten Erde.

Langer Rede kurzer Sinn: Ich denke, die tatsächlich qualitativ
nächste Stufe der Evolution werden technische Wesen sein, die
mindestens unsere "praktische" Intelligenz besitzen, jedoch nicht von
überflüssigen Emotionen geplagt werden – vor allem aber: die sich
selbst verändern und neuen Umgebungen anpassen können, ohne da erst
zur Genmanipulation greifen und auf die nächste Generation hoffen zu
müssen. Wesen also, die jederzeit alle vorgefundenen Energie- und
Materialressourcen möglichst effektiv nutzen und beliebige Zeiträume
quasi in "Tiefschlaf" verbringen können, um Mangel oder kosmische
Reisen zu überstehen. Ich bin überzeugt, dass weder die Effizienz des
biologischen Metabolismus jeglicher Art (vom Bakterium bis zum
Menschen oder irgendwelchen speziell angepassten Arten z.B. an
"schwarzen Rauchern" etc.) noch die materiellen Grundlagen von
Intelligenz bereits ihr "Optimum" erreicht haben und dass diese mit
technischen Mitteln viel besser/effizienter und jederzeit (nicht nur
über Dutzende/Hunderte von Generationen) erweitert oder angepasst
werden können. 

Lems "Waschmaschinentragödie" dürfte in diese Richtung weisen. Diesen
"Transhumanen" Wesen werden wir nur als notwendiger Zwischenschritt –
vielleicht der letzte der biologischen Evolution – erscheinen, der im
"Zoo" besichtigt oder auf dem Planeten Erde zurück gelassen werden
kann.

Wie sich diese Wesen dann angesichts eines vermutlich irgendwann
"endenden" Universums verhalten werden oder ob sie vielleicht sogar
einen Zustand erreichen können, in dem sie das Universum so umbauen
können, dass es ihr Überleben sicher stellt, kann man dann noch
spekulieren … 

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