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  • Marcus Hammerschmitt

mehr als 1000 Beiträge seit 17.04.2007

Wie Abschiebungen konkret aussehen können


Aus dem "Schwäbischen Tagblatt" vom 23.6.01 (S. 41 /
Namen der Akteure aufgrund der Anwesenheit zu vieler rechter Torfnasen
im Forum anonymisiert):

Suizidversuch bei Abschiebung

Nigerianischer Asylbewerber kämpft seit sieben Jahren für
Bleiberecht

Trotz eines derzeit laufenden Verfahrens vor dem Sigmaringer
Verwaltungsgericht sollte ein nigerianischer Flüchtling am
vergangenen Dienstag gewaltsam abgeschoben werden. Als ihn die Beamten
frühmorgens in der Flüchtlingsunterkunft abholen wollten,
versuchte der verzweifelte Mann, sich mit einem Messer die Kehle
durchzuschneiden. "Wo ist ihr Ausweis?", fragte einer der
fünf Beamten, denen X. morgens um halb sieben die Tür zu
seinem Zünmer öffnete. Der 38-jährige Flüchtling
wusste sofort, dass er nach sieben Jahren in Deutschland nach Nigeria
abgeschoben werden sollte. "Ich versuchte, mir mit einem Messer
die Kehle durchzuschneiden", sagt X., dem ein erst unlängst
angefertigtes psychologisches Attest "akute
Suizidalität" bescheinigt. Schon Wochen vor dem
Abschiebeversuch hatte er offen über seine Selbstmordgedanken
gesprochen: "Ich schlief mit einem Messer unter dem
Kopfkissen." Vor sieben Jahren hatte X. zusammen mit Freunden
gegen das Militärregime in seiner Heimat Nigeria demonstriert. Im
Dezember 1993 steckten ihn Polizisten ohne Verfahren ins Gefängnis
und folterten den 
damals 31-Jährigen grausam. Als X. aus dem Gefängnis frei
kam, sah er keine andere Möglichkeit mehr, als zu fliehen. Seit
der politische Aktivist und gläubige Christ 1994 nach Deutschland
kam, kämpft er um seine Anerkennung 
als Asylberechtigter. Denn auch nach dem Tod des
Militärmachthabers General Swü Abacha im Jahre 1998 kam das
Land nicht zur Ruhe. Erst im vergangenen Jahr wurde es von schweren
Unruhen zwischen Christen und Moslems erschüttert, weil Letztere
in den nördlichen Provinzen das islamische Recht, die Scharia,
einführten. "Lasst mich doch sterben", habe er den
Polizisten am vergangenen Dienstag zugerufen, "Ich habe keine
Hoffnung mehr" Die Beamten, so Xs Anwalt Y., hätten den
Selbstmordversuch durch das Versprühen von Reizgas ("mitten
ins Gesicht") gestoppt und die Abschiebung Richtung Frankfurter
Flughafen dann fortgesetzt. Ein Zimmernachbar, berichtet Y., hätte
ihn sofort angerufen - Glück im Unglück für X. Denn der
Anwalt faxte sofort ein Schreiben an das für die Abschiebung
verantwortliche Regierungspräsidium und forderte die Behörde
auf. "Stoppen Sie das sofort!" Und tatsächlich gelang es
Y., die Abschiebung zu verhindern: "Um 12.10 sollte der Flieger
nach Nigeria starten, um 10.35 erhielt ich einen Anruf, dass alles
gestoppt sei." Für Y. ist es "ein Skandal", dass
das Regierungspräsidium die Abschiebung überhaupt veranlasst
hat. Denn X., über dessen dritten Asylantrag gerade verhandelt
wird, hatte erst am 8. Mai eine Anhörung vor dem 
Sigmaringer Verwaltungsgericht. Dort sei, so Y., auch das
ärztliche Attest vorgelegt worden, in dem X. unter anderem eine
"posttraumatische Belastungsstörung" bescheinigt wurde.
Für das Gericht Grund genug, eine weitere Begutachtung des
Asylbewerbers durch einen Facharzt zu veranlassen. Y., der davon
ausging, dass "in einer so eindeutigen Situation nicht abgeschoben
wird", informierte sicherheitshalber den zuständigen
Sachbearbeiter per Brief mit Datum vom 16. Mai. "Später
erzählte man mir, dieses Schreiben sei nie beim
Regierungspräsidium angekommen", wundert sich Y., für
den es "völlig unverständlich ist, wie der Brief
verschwinden konnte". Der verantwortliche Sachbearbeiter im
Regierungspräsidium mochte den Vorfall nicht kommentieren, und
auch von Pressesprecherin Z. war gestern nur zu erfahren, dass der
Anwalts-Brief "definitiv nicht beim Regierungspräsidium
eingegangen ist", bevor die Abschiebung von dort eingeleitet
wurde. Z.: "Auch für eine 
Suizidgefahr hatten wir keine Anhaltspunkte." So bleibt weiterhin
ungeklärt, warum der verantwortliche Mitarbeiter auch nach Erhalt
des ärztlichen Attests - der Anwalt hatte es am 23. April mit
Antrag auf eine weitere Untersuchung ans RP geschickt - an der
Abschiebung festhielt und den 
offensichtlich selbstmordgefährdeten X. in einem Schreiben vom 26.
April aufforderte, die Bundesrepublik "bis zum 11. Juni 2001"
zu verlassen. Nur einen Tag später klopfte dann die Polizei an Xs
Tür. Informationen zur Menschenrechtslage in Nigeria unter: 

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HREF="http://www.amnesty.de/berichte/index.html">http://www.amnesty.de/
berichte/index.html</A>

Grüße,

M. Hammerschmitt


<PRE><A
HREF="http://www.cityinfonetz.de/homepages/hammerschmitt/high.html">htt
p://www.cityinfonetz.de/homepages/hammerschmitt/high.html</A>
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HREF="http://www.cityinfonetz.de/homepages/hammerschmitt/low_linkskurve
..html">http://www.cityinfonetz.de/homepages/hammerschmitt/low_linkskurv
e.html</A>
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