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  • crumar

mehr als 1000 Beiträge seit 08.03.2007

"Identitätspolitik" und "Feminismus" schlecht kritisiert - Anmerkungen

Der Autor schreibt: "Hier zeigt sich dann auch besonders deutlich, die entscheidende Schwierigkeit, die sich aus einer Diskursstrategie ergibt, die man an dieser Stelle grob als "identitätspolitisch" bezeichnen kann."

Das ist zwar richtig, aber er verfehlt die Einsicht, die Durchsetzung dieser Sichtweise ist a. eine Machtfrage und beruht auf b. der Durchsetzung von dem, was er hier nicht verstanden hat: "Bei dieser Art der Argumentation geht es vornehmlich um die Frage, wer spricht, anstatt darum, was gesagt wird. Es geht darum, dass die Deutung einer Situation ausschließlich aus der Sicht der Betroffenen getroffen wird und allen anderen ein Mitspracherecht versagt wird."

Nein.
Es geht um die Fabrikation einer Situation, die automatisch ein Täter-Opfer-Schema produziert und ein Kollektiv einer Tätergruppe und eine Opfergruppe.
Wer betroffen ist, steht von vorne herein fest.
Das ist der Knackpunkt der Ideologie.

Der Autor hat dieses Schema bereits inhaliert und ist deshalb unfähig, diese Ideologie zu durchdringen: "Sie sind Ausdruck eines tief verwurzelten Denkens, dass es Männer offensichtlich für selbstverständlich halten, unbeschränkten Zugriff auf die Personen in ihrem Umfeld zu haben. Sie sind Ausdruck einer Macht-Asymmetrie."

Selbst wenn sich individuelle Männer in der Linken eines Fehlverhaltens schuldig gemacht haben - Haben sie? Wo sind die Beweise? - dann wäre es völlig absurd, dafür das Kollektiv "der Männer" in Verantwortung zu nehmen.

Es sei denn, man habe eine Ideologie vorgeschaltet, wonach "die Männer" kollektiv "die Macht" haben, aus der sich ein "unbeschränkter Zugriff auf die Personen in ihrem Umfeld" ergibt.
Die These ist - so formuliert - abenteuerlicher Unsinn, weil die Ideologie abenteuerlicher Unsinn ist. Würde man als Platzhalter für das Geschlecht "Juden" einsetzen, dann wird es unmittelbar klar.

Um sich abzusichern, dass diese These weniger unsinnig erscheint, ist das Denken "tief verwurzelt", um sich mit diesem Pseudo-Psychologismus ein Motiv für die Handlung zu erschleichen.

So erschließt sich auch, dass die Unterstellung, individuelles Fehlverhalten - das man einem erfundenen Kollektiv zuschreibt - sei "Ausdruck einer Macht-Asymmetrie" nur dadurch beseitigen kann, dass man "die Macht" derjenigen beseitigt, denen man unterstellt "die Macht" zu haben.

Hier kann man das Muster erkennen, wie die Linke durch diese Ideologie dazu gezwungen wird, bzw. werden soll, planmäßig die Realität zu verkennen.
Diese Realität soll ersetzt werden durch eine Ideologie, die "Macht" in einem Raster von Geschlecht und Hautfarbe lokalisiert und nicht mehr in den Produktionsverhältnissen und auch nicht mehr in den sozioökonomischen Verhältnissen.

Der Autor hat richtig erkannt: "Die Argumente verfangen besonders in linken Zusammenhängen nur deshalb, weil sich die potenziell beschuldigten Personen überhaupt auf eine solche Argumentation einlassen und für die entsprechenden Argumente empfänglich sind. Niemand von uns möchte rassistisch sein. Niemand von uns möchte sexistisch sein."

Korrekt.
Das ist die Angriffsfläche, die es auf Seiten der Rechten nie gegeben hätte, weil wir eine universalistisches Verständnis von Gerechtigkeit und Solidarität haben.
Der politische Gegner in der Linken aber nicht.

Es ist mit dieser Ideologie völlig vergeblich, Gerechtigkeit und Solidarität für Gruppen zu fordern, die in dieser Ideologie "die Macht" haben, die in dieser Ideologie "unverdiente Privilegien" genießen.
Wie bspw. für "weiße heterosexuelle Männer".

Die Herkunft der Ideologie aus den USA ist unverkennbar und macht bezogen auf den deutschen Raum keinerlei Sinn; ca. 99,5% der deutschen Bevölkerung sind nicht schwarz, es hat keine Sklaverei gegeben, der daraus abgeleitete und diesen rechtfertigende Rassismus existiert hier nicht.

Die "Repräsentanz" und die "Diversität" wird hier mit dieser US-Ideologie spezifisch auf "Frauen" (die keine Minderheit sind) und "Menschen mit Migrationshintergrund" eingeengt, weil das Spielchen mit "People of Colour" In Deutschland mangels Hautfarbe nicht klappt.
Auch das Machtspielchen mit "BIPOC" klappt hier nicht, weil die indigene Bevölkerung weiß ist. Und man muss ergänzen, die Frage der "Repräsentanz" von Menschen mit Hintergrund der Ex-DDR wurde nicht gestellt.

Da versagt das Produkt "Identität" kläglich, weil sich der faktische US-Import nie mit solchen Fragen konfrontiert sah und weil die Kopisten alle Fehler der US-Ideologie wiederholen, wird diese politische Frage ausgespart.

Aus diesem Grund verliert man im Osten auch den Charakter einer Massenpartei, während man im Westen zusätzlich "weiße heterosexuelle Männer" als Klientel verliert.
Bei der nächsten Wahl wird es keine "Linke" als Partei in der BRD mehr geben, wenn es so weitergeht.

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