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  • 1FC

mehr als 1000 Beiträge seit 02.02.2011

Re: Was bedeutet das dann im Bezug auf den Sabotage Akt?

Was bedeutet das nun konkret?

Nord Stream 1

Im Bezug auf Nord Stream 1 haben sich beispielsweise die deutschen Konzerne Wintershall Dea und E.ON dazu entschlossen, ihre Anteile teilweise abzuschreiben.

NORD STREAM UND NORD STREAM 2

Wintershall Dea ist Anteilseigner (15,5 %) der Nord Stream AG, die Betreiber der Nord Stream 1-Pipeline ist. Im Herbst 2022 schrieb das Unternehmen die Beteiligung an der Nord Stream AG in Höhe von 175 Millionen Euro ab.

Der Energiekonzern Eon hat in seinen Büchern den Wert seiner Beteiligung an der leck geschlagenen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 1 weiter reduziert. Die in einem Pensionsfonds hinterlegte Beteiligung von 15,5 Prozent stehe nun noch mit 100 Millionen Euro in den Büchern, teilte Eon am Mittwoch mit. Ursache seien die Beschädigungen an beiden Strängen der Röhre seit dem 26. September aus bisher ungeklärten Umständen.

Eon hatte bereits nach dem ersten Halbjahr den Wert auf 500 Millionen Euro von zuvor 1,2 Milliarden Euro reduziert.

D.h. die Eigentümer / Betreiber von Nord Stream 1 ziehen sich im Grunde raus.

Nord Stream 2

Bei Nord Stream 2 sieht es ähnlich aus. Hier ist zwar Gasprom 100% Anteilseigner der Nord Stream 2 AG, aber die Investoren haben ja nicht aus Spaß investiert.
Als Beispiel Wintershall DEA

Wintershall Dea war eines von fünf europäischen Energieunternehmen, die sich zur langfristigen Finanzierung der Nord Stream 2 AG verpflichtet haben. Am 2. März 2022 hat der Vorstand der Wintershall Dea AG beschlossen, die Finanzierung von Nord Stream 2 in Höhe von rund 1 Milliarde Euro abzuschreiben.

Zudem wollten die ihre Investionskosten bekanntlich von der Bundesregierung (also von uns Steuerzahlern) entschädigt bekommen. Stichwort "Gasumlage" und so... die meisten werden sich erinnern.

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Das vermeintliche "Argument" von Herrn Hersh:

Es erscheint mir lächerlich zu behaupten, wie es getan wurde, dass Russland seine eigene Pipeline sabotiert habe. Warum sollte man derart viel Geld in Pipelines investieren, um sie dann selbst zu bombardieren?

1. Russland hat in die Nord Stream 1 Pipeline so gut wie nichts in den Bau der Pipelines investiert. Auch für den Betrieb (inkl. Wartung) bezahlt Russland keinen Cent, das ist Aufgabe der Nord Stream 1 AG. Siehe vorherigen Beitrag.
2. Russland hat für die Nord Stream 2 Pipeline keinen Cent bezahlt. Die Projektierung und der Bau wurde durch ein Konsortium privater Unternehmen als Darlehensgeber finanziert.
Wie ich bereits in einem andren Artikel schrieb ist das Gegenteil der Fall. Für Russland wurden die Pipelines so langsam ein "Kostengrab". Insbesondere Nord Stream 1, durch die Russland bekanntlich kein Gas mehr schicken wollte.

Sabotage an den Pipelines September 2022
Der Sabotage-Akt zerstörte bekanntlich beide Stränge von Nord Stream 1 sowie einen Strang von Nord Stream 2.
Die Lecks wurden nordöstlich sowie südöstlich der dänischen Insel Bornholm festgestellt.

Folgende Pressemitteilung veröffentlichte der Betreibers von Nord Stream 1, Nord Stream AG, zum Stand der Untersuchungen:

14. November 2022 | Zug, Switzerland |

On 1 November 2022, Danish Geodata Agency granted Nord Stream AG a permit for surveying the pipeline rupture location in the Danish exclusive economic zone.

However, until recently access to the relevant damage sites for a hydrographic survey was not possible due to the exclusion zone established by the Danish Maritime Authority.

On 11 November 2022, the radius of the exclusion zone for maritime navigation has been decreased from 5 nautical miles to 500 meters around the pipeline damage zone. At the same time, the Danish Maritime Authority has granted Nord Stream AG an exemption that allows, under certain conditions, including weather, to approach the damage area at a distance sufficient to carry out part of relevant works.

Immediately after receiving permission to enter the restricted area, the vessel chartered by Nord Stream AG moved into the area of damage and began to survey the pipeline rupture points. The duration of the survey will depend on access restrictions to the damaged area related to weather conditions.

Ich persönlich kenne mich nicht aus im Bezug auf Seefahrt, aber abwegig finde ich es erst mal nicht daß aktuell (Winter) dort die Wetterbedingungen nicht optimal sind bzw. waren und man besonders für private Firmen die die weitere Untersuchung vornehmen optimale Bedingungen vorherrschen sollten.

Im Bezug auf Nord Stream 2 ist es etwas komplizierter an Aussagen der Betreiberfirma zu kommen, da die Betreibergesellschaft Nord Stream 2 AG sozusagen insolvent ist, jedoch ist Gazprom 100% Anteilseigner. Gazprom Deutschland twitterte also am 3. Okt. 2022, daß Strang B von Nord Stream 2 noch intakt zu sein scheint und bei Bedarf für Gaslieferungen zur Verfügung stünde.

Nur einen Tag nachdem die Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 sabotiert wurden, wurde die Baltic Pipe eröffnet. Das ist eine Pipeline, die norwegisches Erdgas von Dänemark durch die Ostsee nach Polen transportiert.

Die Baltic Pipe und die von Deutschland und Russland gebaute Nord-Stream-Pipelines werden sich nordöstlich von Rügen bzw. südwestlich der Insel Bornholm kreuzen.

Bornholm ist auch im Bezug auf Nord Stream 2 ganz interessant. Ursprünglich sollte der Verlauf von NS2 nämlich die Insel Bornholm umgehen. AUs diesem Grund wurde jede Menge Material bestellt. Irgendwann wurde sich umentschieden, das bestellte Material wurde jedoch geliefert und liegt nun quasi "herrenlos" rum.

Eigentlich waren die überschüssigen Nord Stream 2-Röhren für die Umgehung der Insel Bornholm gedacht. Nun lagern sie in Mecklenburg-Vorpommern. Die Nord Stream 2 AG ist insolvent, Anfragen laufen ins Leere.
[...]
5.000 Erdgasrohre für Nord Stream 2 lagern unter freiem Himmel - akkurat gestapelt und rundum eingezäunt. Jede einzelne Röhre ist zwölf Meter lang, wiegt 24 Tonnen, besteht aus hochfestem Spezialstahl, hat den Einkaufspreis eines Kleinwagens. Das macht zusammen gut 75 Millionen Euro

Der eine Strang von Nord Stream 2 könnte scheinbar relativ schnell wieder repariert werden, Material dafür liegt bereits vor Ort.

Russland wollte eh am liebsten, daß Nord Stream 2 in Betrieb geht, denn wie oben beschrieben gehört NS2 zu 100% Gazprom.

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Persönliches Fazit:
- Zuerst dachte ich ja Dänemark wäre für den Anschlag verantwortlich. Deren Hoheitsgewässer, die wurden damals über den Tisch gezogen (bzw. wurden bzgl. des Verlaufs überzeugt). Allerdings hatten die keinen Grund mehr. Zum Einen lag die Pipeline schon, dann haben die jetzt eh ihre eigene und Nord Stream 2 wurde ja eh im März 2022 politisch begraben.
- Dann dachte ich die Ukraine könnten es evtl. gewesen sein. Deren Interesse ist es ja wenn Gas durch ihr Land transportiert wird. Auch das hielt ich schnell für abwegig, denn die haben gerade ganz andere Sorgen. Außerdem ist es fast unmöglich für Ukrainer aktuell in Dänemarks Gewässer zu kommen und warum sollte die Ukraine deren Unterstützer in den Rücken fallen. Das wäre diplomatischer Selbstmord.
- Die USA hatte ich auch kurz im Kopf, aber die haben ihren Willen ja bekommen. Biden sagte zu Nord Stream 2 Basta, seitdem ist diesbzgl. Feierabend. Warum sollten die da jetzt einen Strang sprengen? Nord Stream 1 hat ja Putin bekanntlich begraben. Siehe oben (für die Restzweifler).

Bleibt im Grunde nur noch Russland.
Die Kosten für den Betrieb (quasi Leerwartung) sind teuer. Sowohl Nord Stream 1 als auch Nord Stream 2 war unter hohem gefüllt. Wartung und Instandhaltung ist bei Arbeiten mit hohem Druck in Verbindung mit Gas nur etwas für qualifizierte Wartungsbetriebe. Auf russischem Boden erfolgten diese Arbeiten vermutlich nicht mehr so wie vorher. Vielleicht musste auch die Pipeline "irgendwie" entleert und drucklos gemacht werden
Dann stehen Schadensersatzforderungen gegen Gazprom im Raum für das Nicht-Liefern bzgl. Nord Stream 1 und im Bezug auf Nord Stream 2 wurde die Nord Stream 2 AG (Gazprom als Eigner) vom schweizer Gericht zur Nachlassstundung verdonnert.
Daß Nord Stream 1 und 2 ausgerechnet einen Tag vor der Erföffnung der Pipeline Baltic Pipe in die Luft flog ist vermutlich nur ein Zufall für Ästheten. Allerdings sorgte das natürlich für ein ziemliches Durcheinander am Markt und war somit perfekt platziert. Fast zu perfekt...
Dann ist da noch die Frage nach der Möglichkeit der Durchführung. Russland fährt bekanntlich regelmäßig durch die Ostsee. So auch im Juni 2022 als die Nato dort eine Übung durchführte. Dabei ist ein russisches Schiff anscheinend mehrfach in genau den Bereich eingedrungen in dem 3 Monate später die Sprengung erfolgte.

Dänemark – Nächtlicher Grenzübertritt eines russischen Kriegsschiffs auf der Ostsee: Der besorgniserregende Vorfall hat sich in der Nacht zu Freitag in der Nähe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm ereignet. Dem dänischen Verteidigungskommando zufolge ist nördlich der Insel, die zu dem Nato-Mitgliedstaat gehört, ein russisches Kriegsschiff gleich zweimal in dänische Gewässer eingedrungen,

Und zu guter Letzt: Daß Gazprom, wie oben dargelegt, in Schieflage geraten ist könnte man unter Umständen auch an solchen Fällen ablesen. Zumindest als Indiz:

Rätselhafte Todesserie
Gazprom-Umfeld stirbt "wie die Fliegen"

Ist natürlich alles nur Spekulation und wir sollten die laufende Untersuchung erst mal abwarten. Herrn Hershs Ergebnisse aus dem Interview kann ich persönlich allerdings aus oben genannten GRÜNDEN jedoch nicht ernst nehmen. Da müsste Herr Hersh schon konkreter sein und viel mehr Fleisch an die Knochen packen. Nachgewiesenermaßen verbreitet er zudem Dinge die schlicht und einfach falsch sind. Etwaige Gründe nennt er zudem auch nicht.
So bleibt es einfach nur ein weiteres USA-bashing eines NATO-Hassers...

Am Rande: Warum fragt man zu den Vorfällen eigentlich nicht mal den Chef der insolventen Nord Stream 2 AG, den deutschen Manager Matthias Warnig. Interessanter Typ aus Putins Inner Circle...

In diesem Sinne, sachliche Grüße, Baxter
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https://wintershalldea.com/de/wer-wir-sind/kerngeschaeft/gastransport
https://www.wiwo.de/unternehmen/energie/energiebranche-eon-bestaetigt-prognose-abschreibung-auf-nord-stream-1/28797168.html
https://www.nord-stream.com/de/presse-info/pressemitteilungen/incident-on-the-nord-stream-pipeline-updated-14112022-529/
https://twitter.com/GazpromDE/status/1576908725264056321
https://de.wikipedia.org/wiki/Baltic_Pipe
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Gazprom-Umfeld-stirbt-wie-die-Fliegen-article23447989.html
https://www.kreiszeitung.de/politik/russisches-kriegsschiff-in-daenischem-gewaesser-waehrend-nato-manoevers-91617171.html

EDIT: link als Quelle hinzugefügt

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (20.02.2023 18:47).

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