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Avatar von auf_der_hut
  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: Präzedenzfall

Das funktioniert vielleicht eine Zeit lang als Insellösung für ein kleines Land wie Dänemark, weil andere stattdessen (z.B. Deutschland) die Flüchtlinge aufnehmen. Die Flüchtlinge machen halt um Dänemark einen Bogen, aber weniger werden es dadurch sicherlich nicht. Diese sogenannte "Problemlösung" nach dem Sankt-Florians-Prinzip tritt in der Praxis einem Wettbewerb um die mieseste Behandlung für Flüchtlinge los. Wenn die EU ihr Asylrecht verschärft wird der Vorsprung Dänemarks in diesem Rattenrennen wieder kleiner und sie werden sich neue Schikanen einfallen lassen müssen.

Es ist eine simple Tatsache, dass wer sich zur Flucht nach Europa entschließt (aus was für Gründen auch immer) hier i.d.R. auch ankommt. Und dass der Versuch, dagegen mit Abschiebungen anzukämpfen dem Versuch gleicht, einen Dammbruch mit einer Schöpfkelle zu bekämpfen und dass die behauptete "Signalwirkung" reine Theorie ist. Dass Grenzschließungen (noch so ein Patentrezept) nur zu Aufstaueffekten in von kriminellen Gangs beherrschten Lagern führen (z.B. der "Dschungel von Calais", Moria auf Lesbos), aber die Flucht höchstens verzögern, aber nicht verhindern können. Denn jedes Lager läuft irgendwann voll, wenn es nur Zugänge, aber keinen Abfluss gibt.

90% der vorgeschlagenen Maßnahmen sind reine Symbolpolitik und erinnern fatal an die hilflosen und wirkungslosen Versuche, das Drogenproblem durch Inhaftierung von Dealern und Konsumenten zu lösen. Das einzige was wirklich etwas gebracht hat ist Aufklärung und das lange verpönte Metadon-Programm, zu dem es leider bei der Migration kein Äquivalent gibt.

Solange die Migranten keine Alternativen haben als auf der Suche nach einer neuen Heimat immer weiter zu ziehen, müssen alle Steuerungsversuche durch "Bestrafung" scheitern. Auf eine Strafandrohung kann nur reagieren, wer die Wahl zwischen richtig und falsch hat. Das ist bei Flüchtlingen nicht der Fall.

Wer gegen Migration ist, der muss die ganz einfache, praktische Frage beantworten: Wohin will er all die Menschen bringen, völlig gleichgültig ob anerkannt oder nicht? Selbst tausende Tote im Mittelmeer haben nicht zu einer Entspannung geführt, womit also will man den Flüchtlingen drohen, wenn schon dieses Risiko nicht mehr wirkt? Was könnte einen Flüchtling veranlassen, seinen Plan aufzugeben und in seine Heimat zurückzukehren? Alles andere bedeutet nur, die Flüchtlinge anderswo abzuladen und das Problem von A nach B (und dann wieder zurück) zu verschieben. Wie viele der aufwändigen Zwangsabschiebung werden, mangels Alternative, wohl den nächsten Fluchtversuch nach sich ziehen?

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