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  • Irwisch

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Re: Hört Greenwald am Ende des Artikels auf zu denken?

cassiel schrieb am 10.02.2019 14:28:
Wie borniert muss ein so kritischer Geist sein, wenn ihm keine Systemalternativen einfallen?

Man muss nicht wirklich borniert (engstirnig und zugleich in ärgerlicher Weise eingebildet und auf seinen Vorstellungen beharrend; Duden) sein, um über gewisse Dinge Schweigen zu bewahren. Man muß eigentlich nur in irgend einer Weise davon abhängig sein, das System und seine Verwalter nicht allzu sehr zu verärgern oder ihnen keine unnötigen Angriffspunkte zu liefern. Nicht wenige durchaus investigative Journalisten erzählen ihrem Publikum nicht unbedingt alles über sich, über ihre Haltungen, Ideen, Träume und Utopien. Das macht aus meiner Sicht durchaus Sinn, wenn man nicht zum politischen Aktivisten werden will und sich stattdessen mehr auf seine eigentliche Berufung, hier die seriöse Berichterstattung, beschränkt.

cassiel schrieb am 10.02.2019 14:28:
War Herr Greenwald noch nie in der Schweiz? Er sollte da mal eine Landsgemeide besuchen z.B. in Glarus. Oder mal einen Stimmsonntag miterleben. Vielleicht hilft das seiner politischen Phantasie etwas auf die Sprünge. Oder gibt es für Herrn Greenwald hier auch Denkverbote, ähnlich wie das Schweigen der Protagonisten der "Anstalt" zu diesem Thema?

Ich war auch noch nie in der Schweiz, außer ganz kurz damals als Hauptschüler im Verlauf eines Landschulaufenthalts. Aber ich kenne ein wenig die Verhältnisse in der Schweiz und weiß, daß sie ganz anders sind als hier. Eigentlich sind es aber die Menschen, die dort ganz anders sind. Mit gehorsamsgewohnten und in Untertänigkeit geübten Bürgern kann man sowas nicht machen, obwohl es auch hier Menschen gibt, die durchaus für mehr Bürgerbeteiligung wären, die Volksabstimmungen befürworten und die sich in eine neue Mitbestimmung garantiert engagiert einbringen würden. Wer außer den Bürgern sollte denn z.B. hier in Deutschland mehr politische Mitbestimmung durchsetzen, zumal wir hier seit Jahrzehnten Regierungen haben, die ganz bewußt gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit entscheiden, wenn es um kapitalistische Interessen und um den Überwachungskapitalismus geht? Es gibt derzeit keine nennenswerte Kraft in Deutschland, die hier Veränderungen auch nur anschieben wollte, dafür geht es vielen Wohlstandsbürgern vermutlich einfach noch viel zu gut. Wohlstand ist eben auch eine Art der Korruption, wenn auch eine kaum bemerkte. Sogar wenn der Wohlstand wegbricht und der Bürger gezwungen ist, sein Leben von einem Minimum zu fristen, das meist nicht wirklich ausreicht für ein Leben in Würde und sozialer Teilhabe, steht zumindest der Deutsche nicht auf. Das hat viele Gründe, die ich hier aber erstmal nicht thematisieren möchte, weil ich sonst ein Buch schreiben müßte ...

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