Bereits im vorigen Jahrhundert haben unabhängige, über jede nationalistische Parteinahme erhabene Kommunisten die Charakterisierung der westlichen BRD als "Vasall der USA" genutzt um das spezielle Unterordnungsverhältnis zu beschreiben.
Die gesamte Neu-Gründung des besiegten Kriegsverlierers Deutschland fand selbstverständlich aus der Sicht und unter den Bedingungen der Alliierten statt. Dazu gehörten die Aufgabe jedes kriegerischen Willens gegen die Westmächte, die östliche Ausrichtung auf den nun gemeinsamen Hauptfeind Sowjetunion, die man schon bei Hitler geschätzt hatte, der seinen Krieg aber nicht exklusiv nur gegen "die Commies" geführt hatte.
Für diese eindeutige Ausrichtung Westdeutschlands im Kalten Krieg wurden die passenden Parteien zugelassen, die wieder die Wahl eines demokratischen, westfreundlichen Kapitalismus ermöglichten; ein paar "ewig Gestrige", die sich partout nicht zu bekennenden Neu-Demokraten "entnazifizieren" lassen wollten, wurden aus Ämtern entfernt, der größere Teil dürfte sich aber geschickt den neuen demokratischen Bedingungen angepasst haben und fiel nicht weiter aus der neuen Rolle.
Die meisten mehr oder weniger demokratisch gewendeten Nationalisten hatten wenig Probleme mit der alliierten Haupt-Bedingung, Deutschland nur als westlich eingebundenes, kooperationsbereites Mitglied in allerlei Bündnissen zu neuer Weltmacht zu führen, schon deshalb, weil es zunächst an staatlichen Machtmitteln fehlte um alte deutsche Machtansprüche sofort wieder aufzuwärmen.
Es ging darum "Kompromisse" einzugehen, aber eben nicht "UM sich unterzuordnen", wie die unbedingten deutschen Nationalisten der Rechten es mit ihrer "Vasallen-Theorie" gerne beklagen, sondern um aus dem berechnenden Mitmachen mit den USA und den Euro-Partnern einen nationalen Machtzuwachs zu erreichen. - Was für Deutschland als heutigem "Global Player" ja erfolgreich aufgegangen ist, auch wenn manchen Nationalisten der deutsche Erfolg in ihren neidischen Vergleichen zur Weltmacht USA nie genug sein kann. Nationaler Wahn kennt kein befriedigendes Ziel.
Die Kennzeichnung als "Vasall der USA" hat insofern etwas Zutreffendes, als es sich bei der Neu-Gründung der BRD um eine von den USA und den alliierten Siegermächten erlaubte, konzessionierte Herrschaft handelte, unter deren Bedingungen kriegerische "nationale Alleingänge" erstmal ausgeschlossen werden sollten. Die zerstörerische Konkurrenz der Großmächte wurde in der sog. "Friedensphase" des Kalten Kriegs vom globalen Totalkonflikt auf regionale Kleinkriege verschoben, Deutschland zum potenten US-Team-Player gegen besonders störende Haupt-Rivalen aufgebaut, der aus dem Mitmachen in den wichtigsten Wirtschafts- und Militärbündnissen weitere Berechtigungen und Machtmittel beziehen durfte, - über das hinaus, was als Reichtum aus dem nationalen Kapitalstandort abgeschöpft wird.
Man kann es als "Dienst an den USA" nehmen, aber auch als "deutschen Profit aus der US-Hegemonie", wie es manche US-Präsidenten ihrerseits zuweilen kritisch geäußert haben, bei Iran- und Irak-Konflikten z.B., bei denen sich Deutschland nicht so an die amerikanischen Vorschriften und Wünsche gehalten hat.
Dabei waren es übrigens immer "souveräne" Beschlüsse deutscher Regierungen, beim Mitmachen, wie beim Verweigern bestimmter Kriegsbeteiligungen und nicht, wie manche Souveränitäts-Gläubigen meinen, bloße US-Auftragserfüllungen. - Diese Kritik hat nur den einen Inhalt, dass es lupenrein deutsche Weltmacht-Interessen sein müssten, um als souveräne Entscheidungen gelten zu können. Und darin soll der davon betroffene Bürger auch schon seine höchste Erfüllung erblicken, egal welche schädlichen Dienste ihm für diese souveräne Handlungsfreiheit aufgebrummt werden.
Die heutige Verwendung des "Vasallen"-Begriffs ist meist eine rein nationalistische, die sich moralisch nur noch am Bild der "nationalen Unterordnung" stört, die sich für Deutschland schon länger nicht mehr gehören soll, auch wenn sie doch so unglaublich nützlich war, für den Wieder-Aufstieg zu mehr deutscher Weltmacht.
Da werden sich Journalisten aus dem Mainstream fast einig mit Rechten und Reichsbürgern, und selbst linke Kritik am "US-Vasallen" Deutschland wird mit Forderungen nach mehr "Unabhängigkeit von den USA", bzw. mehr "Eigenständigkeit Europas" verbunden - natürlich der bereits "deutsch-geführten" EU, was Linke wie Lafontaine, Gysi, ... so nicht sagen würden, weil es den Rechten schon zum Verwechseln ähnlich klingt.
Auf seiten derer, die ihr ganzes Leben dem Arbeitsdienst und Lohnbezug, oder eben der totalen Abhängigkeit vom Bürgergeld verschrieben haben, wirkt die nationalistische Aufregung über den "deutschen Vasallen"-Status noch eine Spur absurder; als ob sie sich mit ihrem eigenen Vasallentum irgendwie schlecht bedient fühlten, oder meinten, daran etwas ändern zu müssen. Ihre Abhängigkeiten würden sie als Vasallendienst gar nicht sehen wollen, sondern, im Gegenteil, noch mit Haut und Haaren verteidigen. Nur wenn "ihre" Nation sich da von einer anderen reinreden lässt, dann soll speziell diese Unterordnung ganz unerträglich sein:
"Aber eigentlich wollen wir doch, zumindest in der EU, Herr unseres Schicksals sein und keine Vasallen."
So? Wollen "wir" das? "Herr unseres Schicksals", als Deutsche, zumindest in der EU? - Zum Anheizen des Nationalismus taugt sowas jedenfalls sehr gut.
Wenn Deutschland als EU-Hegemon unabhängiger von den USA sein könnte, als solcher aber, ähnlich wie die USA, seine "Vasallen" steuern könnte, dann wäre ja alles in bester - deutscher - Ordnung.