Dass die USA in der Weltmachtkonkurrenz als die mit dem mächtigsten Geld und Gewaltapparat dastehen und sich dementsprechend "bossy" aufführen (können), auch gegenüber Deutschland, steht ja außer Frage.
Ebenso, dass Deutschland auf einem untergeordneten Level Mit-Macher der von den USA gemachten Vorgaben und Fakten ist. Siehe z.B. Afghanistan, wo Deutschland sich souverän entschlossen hat, seine Interessen nun auch am Hindukusch zu verteidigen, um seine militärische Rolle beim Ordnen der Welt etwas aufzuwerten.
Einerseits hat das auch geklappt, mit demonstrativer "Arbeitsteilung"; Deutschland führt nun auch endlich Krieg, ist vorallem berechtigt dazu, mit eigenständiger, "deutscher Mission", aber gleichzeitig als anerkannter Team-Player mit den Amis.
Andererseits hat der Einsatz immer wieder und erst recht beim amerikanischen Abzug gezeigt, wie abhängig Deutschland von den Mitteln und politischen Berechnungen ihrer "Schutzmacht" USA sind.
Das war dann noch vor dem Ukraine-Krieg der Auftakt für die "Diskussion", dass die Bundeswehr viel mehr und bessere Ausrüstung braucht, für zukünftige und weltweite Kriegmissionen.
Mit der "Zeitenwende" - und neuen Strategiepapieren, z.B. der SPD, hat die Regierung ganz souverän beschlossen, dass die militärische Ertüchtigung Deutschlands nun zu den obersten nationalen Interessen gehört.
Auch da könnten Anhänger von "mehr deutscher Souveränität" einwenden, dass die Amis schon länger forderten, dass Deutschland (und EU) mehr eigenständige Beiträge zur Aufrüstung der europäischen Nato-Front leisten sollen, dass die beschlossene Kriegsertüchtigung 'also' wieder nur eine "vasallenhafte Erfüllung" amerikanischer Interessen darstellt.
Das ist natürlich eine bequeme Sicht für Leute, die an ihr "eigentlich" gutes Werte-Deutschland glauben wollen und die unschöneren deutschen Interessen dann gerne auf deutsche Un-Souveränität und schlechte US-Einflüsse und "Trans-Atlantiker" schieben.
Eine sehr praktische Weltsicht. Da kann Deutschland als untergeordneter Macher die härtesten Geschäftsbeziehungen auf dem Globus einfädeln, ganz souverän seine eigenen Kriegsunterstützungen in der Ukraine und im chinesischen Meer leisten, aber Deutschland macht es ja aus dieser Sicht nicht als die oberste, bestimmende Weltmacht, 'also' ist es immer nur der "Vasall amerikanischer Interessen", als ob es eigentlich gar keine eigenen nationalen Interessen hätte.
Als nationalistisches i-Tüpfelchen kommt dann nur noch obendrauf, dass Deutschland sich eben mehr mit seinen "wahrhaft souveränen" Interessen in der Staatenkonkurrenz durchsetzen müsste. Und fertig sind die Ausgangsbedingungen, wie sie bislang vor jedem Krieg hergestellt wurden.
Ein paar Anmerkungen zu deinen/ihren Einwänden
Deutschland hat unter Schröder/Fischer souverän entschieden sich nicht mit eigenem Militär, besonders in Form von Bodentruppen, am Irak-Krieg zu beteiligen, solange die USA keine UNO-Ermächtigung für diesen Krieg bekommen haben. Mitgemacht hat Deutschland dennoch in der "logistischen Unterstützung" und über den flankierenden Einsatz in der Türkei. Also: Kriegsunterstützung schon, aber nicht mit deutschen Soldaten unter direktem Kommando des US-Militärs. - Was wiederum deutlich macht, dass es dabei um die Konkurrenzfrage in den Interessen und souveränen Rechten geht, wer wem was abfordern darf, usw.
Der schlechte "Ruf der USA" war eigentlich immer schlecht. Vietnam-Krieg, verdeckte CIA-Operationen, "imperialistische Kanonenboot-Politik", u.v.m.
Nachdem sich Deutschland vom selbstbewussten Mit-Macher immer weiter zum eigenständigen Macher entwickelt, verstummt solche Kritik, wenn es mit eigenen Kanonenbooten seine ebenso eigenen nationalen Interessen vor der Küste Chinas anmeldet. Komischerweise schrillen bei solchen Ausweitungen deutscher Machtansprüche gar keine "Alarmglocken", wenn sie irgendwie als Zuwachs deutscher Souveränität verbucht werden können. Es gibt also offenbar wenig deutsche Einwände gegen "Kanonenbootpolitik", wenn sie nur glaubhaft genug für souveräne und rein deutsche Interessen steht.
Jahrelang für eine "europäische Sicherheitsarchitektur" mit Erweiterungen auf die östlichen Staaten zu sorgen und die Bestrebungen sich bei der europäischen Energieversorung sich mit billigerem russischen Gas von den USA unabhängiger zu machen, nun natürlich mit der kriegerischen Umstellung auf Schädigung Russlands, 11 EU-Sanktionspaketen und der politischen Erschließung anderer weltweiter Energielieferanten, von neuen "China-Strategiepapieren" ganz zu schweigen - das soll alles "keine Weltmachtpolitik" sein?! Das sieht man in Deutschland, der EU, den G7 und Nato-Staaten etwas anders.
Mein erster Kommentar sollte im Übrigen gar nicht leugnen, dass die US-"Power" für Deutschland und alle anderen Staaten maßgebliche politische Konkurrenzbedingungen setzt. Nur die nationalistische Übersetzung in 'Wenn WIR nicht die entscheidende Weltmacht sind, dann sind WIR ja gar gleich keine Macht - und müssen das schleunigst ändern', hat gar nichts mit einer sachlichen Bestandsaufnahme über den Stand der weltweiten Konkurrenz zu tun, sondern nur noch mit deutschen Weltmachtträumen.