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  • Bajoran

mehr als 1000 Beiträge seit 22.12.2015

Regeimechange, ja bitte! Aber ein bisschen geschickter

Anatol Lieven schmückt seinen Artikel mit Dutzenden von Zitaten und Belegen. Nur stammen sie alle aus der westlichen Mainstreampresse, ausnahmslos. Was sollen das für Belege und Quellen sein? Das ist der selbstgewisse Westen, der weiß, dass er im Recht ist, der Putin "versteht", der Russland "versteht", der weiß, dass Putin ein Verbrecher ist, dass Putin sich verkalkuliert hat, dass Russland den Krieg verloren hat und so weiter und so fort.

Wieso macht Lieven das? Er ist selber Russe. Aber das einzige, was ihm einfällt, um seine These, dass Putin in der Ukraine gescheitert ist, zu belegen, ist die Illusionen der westlichen Propaganda über Russland zu zitieren. Das ist wirklich trostlos.

Die einzige echte Quelle, die er hat, ist jemand, den er einen russischen Liberalen nennt:

Ein russischer Freund von mir mit liberaler Gesinnung verglich die Krim einmal mit Hawaii und Pearl Harbor (die, wie er anmerkte, ebenfalls illegal annektiert wurden, wenn auch schon vor längerer Zeit) und meinte, da die Amerikaner sicherlich bereit wären, mit Atomwaffen zu drohen oder sie sogar einzusetzen, um Hawaii als US-Gebiet zu verteidigen, sollten sie die Bereitschaft Russlands verstehen, dasselbe für die Krim zu tun.

Russland ("Putin") hat nie mit Atomkrieg gedroht, aber das nur nebenbei. Immerhin, hier versucht er russisches Verhalten verständlich zu machen, indem er die selbstverständliche Bereitschaft der USA zum Atomkrieg in einer vergleichbaren Situation anführt.

Lieven weiß, dass das Ziel der USA in Russland Regimechange ist. Putin muss weg - unter allen Umständen.

Wenn die Regierung Biden möchte, dass Putin durch einen anderen russischen Präsidenten ersetzt wird, der bereit ist, einen Kompromiss in der Ukraine auszuhandeln, dann muss sie einen Weg finden, dem russischen Establishment zu signalisieren, dass ein solcher Kompromiss tatsächlich angeboten wird.

Lieven hat an der Absicht Regimechange nichts auszusetzen. Aber er meint Biden und seine Administration gehen es falsch an - weil Nawalny wird es dann wohl eher nicht werden, sondern:

Aber dann wäre sein Nachfolger wahrscheinlich ein nationalistischer Hardliner, der alle bisherigen militärischen Niederlagen Putin in die Schuhe schieben wird, während er in der Ukraine einen Krieg bis aufs Messer führt. Das ist eine Entwicklung, die die Biden-Regierung auf jeden Fall verhindern sollte.

Der Artikel Lievens ist ein Bewerbungssschreiben. Regimechange, ja! Aber stellt mich ein. Ich weiß, wie man das angehen muss, damit's auch klappt.

Da die jetzige Strategie der USA nicht zum Ziel führt, wer weiß? Vielleicht ist irgendwann irgendjemand in der Umgebung Bidens so verzweifelt, dass man Lieven ranlässt. Er wird ebenfalls scheitern. Aber ein Historiker der Zukunft würde die Gelegenheit bekommen, eine Abhandlung über ein interessantes Detail des Krieges zwischen Russland und den USA im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts zu schreiben, Titel:

Über ein Kompromissangebot der Biden-Administration während des großen Krieges zwischen den USA und Russland, oder: Warum Präsidentenberater Anatol Lieven mit seinem Vorschlag der Anerkennung der russischen Souveränität über die Krim und Sewastopol gescheitert ist

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.10.2022 02:17).

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