Selten lese ich bei Telepolis einen Text, den ich bereits im ersten Satz widerlegen möchte.
Ungeimpfte werden weder ausgegrenzt noch diskriminiert, das Gegenteil ist richtig: Geimpfte haben bestimmte Privilegien. Das lässt sich mit den stark unterschiedlichen Inzidenzen und im Rückblick auf die Möglichkeiten nach Inzidenz der letzten Monate auch direkt begründen.
Die Behauptung, dass Widerspruch "gelöscht" würde, ist doch gar nicht haltbar, wie allein die Veröffentlichung und rege Diskussion dieses Artikels auch zeigt.
Die Pandemie geht nicht zurück, ganz im Gegenteil, wie der Blick aufs RKI-Dashboard https://corona.rki.de/ zeigt.
2G funktioniert, wie der Vergleich der derzeitigen Veranstaltungen mit denen zu Beginn der Pandemie zeigt: Die Anzahl an Infektionen ist deutlich geringer. Und dass es so genannte "Impfdurchbrüche" gibt, ist bei einer nicht sterilen Impfung mit einem nicht 100%igen Schutz allein schon statistisch zu erwarten. Und dass der Impfstoff von AstraZeneca den geringeren Schutz gegen die aktuellen Virenmutationen hat, sollte doch auch mittlerweile bekannt sein. Es lohnt an dieser Stelle auch ein Blick nach Dänemark: https://www.heise.de/tp/features/Freiheit-durch-Immunitaet-Der-daenische-Weg-steht-vor-dem-Haertetest-6229383.html
Es wird keinesfalls verschwiegen, dass es Risikofaktoren für schwere Krankheitsverläufe gibt, das war doch bereits Ende letzten Jahres klar, als die Impfungen nach den Prioritäten begonnen haben. Es braucht keine "Augenzeugen", ein Blick in die Impfverordnungen oder das Gespräch mit dem Hausarzt hätte vollkommen ausgereicht.
Immerhin erklärt die Autorin, warum sie diesen Artikel geschrieben hat: narzisstische Kränkung. Die Impfentscheidung ist eine persönliche und mit knapp einem Drittel der Bevölkerung auch keine marginalisierte Minderheit. Aber es muss schon der Opferstatus sein, dass man als Teil der "'radikale[n] Querdenker-Szene' entsorgt wird". Eine Nummer kleiner ging es wohl nicht. Und da in diesem Kontext der Zusammenhang zwischen einer Grippeschutzimpfung und einer Bronchitis hergestellt wird, sei darauf hingewiesen, dass die Diagnostik bei einer Bronchitis nicht trivial und die Immunität der Grippeschutzimpfung deutlich geringer als die der Corona-Schutzimpfung ist.
Der implizit geäußerte Wunsch nach einer 100%igen, Langzeit-erprobten (wie lange eigentlich) Impfung ist verständlich, verlängert allerdings die Pandemie auf unbestimmte Zeit. Eine bedingte Marktzulassung ist nichts Besonderes bei der EMA und deutlich unterschieden zu den Notfallzulassungen, die es in anderen Ländern gegeben hat. Die Stichproben der verschiedenen Stufen der klinischen Studien sind bei der EMA dokumentiert. Mittlerweile sind weltweit mehr als 3 Milliarden Menschen mindestens doppelt geimpft, die Stichprobe ist also sehr groß. Die Tatsache, dass die Impfwirkung mit der Zeit nachlässt, ist allerdings ein starkes Indiz, wie es mit den Langzeitfolgen aussieht.
Worauf möchte die Autorin mit ihrem Verweis auf die Heilung anderer Krankheiten hin? Wird kritisiert, dass die Impfung nur gegen Covid-19 helfen soll oder wird gefragt, ob die "Steckbriefe von SARS-CoV2" (nichts Anderes macht die mRNA-Impfung) die Heilung anderer Krankheiten beeinflusst? Einerseits ist die mRNA spezifisch für das S-Protein, andererseits ist jede Impfung (egal wogegen) eine Belastung für das Immunsystem.
Natürlich darf die Autorin alles Mögliche fragen, auch ob die Entwicklung eines Medikaments gegen Covid-19 sinnvoll(er) sei. Dazu sei gesagt, dass die Weltbevölkerung mit steigender Immunität genau so oft oder selten geimpft werden soll wie bei der Grippe. SARS-CoV2 wird endemisch, aber damit seinen Schrecken verlieren. Und an Medikamenten zur Behandlung von Covid-19 wird derzeit geforscht. Das ist kein entweder Impfen oder therapieren, sondern ein Sowohl-Als-Auch und damit eine sehr scharfe Waffe.
Während einerseits Marx und Engels zitiert und andererseits fragwürdige Parallelen zum Dritten Reich gezogen werden, sei auf die Geschichte der Impfpflicht in Deutschland hingewiesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Impfpflicht#Impfpflicht_in_Deutschland
Unter der Prämisse, dass die Impfung gegen Covid-19 schwere Verläufe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verhindert, ist Impfen angesichts der begrenzten Anzahl an Beatmungsplätzen und Intensivstationen solidarisch gegenüber allen anderen Menschen, die diese Einrichtungen benötigen -- egal ob wegen Covid-19 oder aus anderen Gründen.
Wie man abschließend auf die Idee kommt die Rechnung für private Dienstleistung (!) als "Strafzettel vom Ordnungsamt" zu betrachten, bleibt das Geheimnis der Autorin. Zumal sie verklausiert suggeriert, solche Tests doch gar nicht zu benötigen.