Da ist Gas jetzt "umweltfreundlich", obwohl es das ganz und gar nicht ist
Klar, es ist fossil. Allerdings unter den fossilen Energieträgern ist es mit Abstand das klimaverträgichste. Pro Kilowattstunde aus Kohle fällt das dreifache an Emissionen im Vergleich zu Kilowattstunde aus Erdgas an. Es ist also grundsätzlich durchaus sinnvoll im Energiemix die Kohleverstromung zu mindestens mittelfristig durch Erdgasverstromung zu ersetzen. Das hilft auf jeden Fall dabei die Emissionen in absehbarer Zeit schon insgesamt zu senken, wenn auch Emissionen mit Erdgas nicht gänzlich vermieden werden können.
Aber das ist ja auch gar nicht das Ziel bei der Energiewende. Klimaneutralität ist nicht mit vollständiger Emissionsvermeidung gleichzusetzen. Grundsätzlich können Emissionen selbst unter vollständigen Verzicht auf fossile Energieträger gar nicht gänzlich vermieden werden. Direkte Emissionen bei Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern tragen nur zum gewissen Anteil zu Gesamtemissionen bei. Viele Emissionen sind aber auch indirekt. Landwirtschaft zum Beispiel trägt auch nicht gerade wenig direkt aber auch indirekt zu Gesamtemissionen bei und das hat mit Energiegewinnung überhaupt gar nichts zutun. Wenn der Bauer Gülle oder Düngemittel ausbringt entstehen Emissionen im Boden. Wenn der Bauer Silage als Futter für sein Vieh herstellt entstehen jede Menge Emissionen durch Gärprozesse usw... Aber auch wenn der Bauer ein Feld bestellt, nutzt er Boden auf welchem unter normalen Umständen Bäume wachsen und CO2 absorbieren würden. Durch die Nutzung des Bodens sinkt also die natürliche Aufnahmekapazität der Biosphäre, was sich auch negativ in der CO2 Bilanz niederschlägt. Auch wenn neue Häuser und Straßen gebaut werden, wird dafür der Natur Platz für Pflanzen genommen, was zu insgesamt höheren Emissionen führt, weil weniger auf natürliche Weise absorbiert wird.
Klimaneutralität bedeutet vor Allem, dass man eine Null-Bilanz hat. Das schließt Emissionen nicht grundsätzlich aus, wenn auch eine möglichst weitgehende Emissionsreduzierung dabei von entscheidender Bedeutung ist, kann mit Emissionsvermeidung bei der Energiegewinnung und Verkehr alleine keine Klimaneutralität erreicht werden. Emissionen sind wie gesagt nicht gänzlich vermeidbar, und das was unvermeidbar ist, kann man letztendlich kompensieren indem man die Aufnahmekapazität erhöht. Zum Beispiel durch massive Aufforstung aber auch aktive Abscheidung von CO2, zu mindestens da wo es sinnvoll ist, kann positiv zur Gesamtbilanz beitragen.
Die Energiewende in Deutschland geht nicht von heute auf morgen. Es ist keine Frage von Zuwenig Wind- und Solaranlagen. Einfach immer mehr Windräder aufstellen, so funktioniert das nicht. In Deutschland mangelt es vor Allem an Speicherkapazitäten was einer vollständigen Umstellung auf EE im Wege steht.
Denn, in ein Stromnetz darf jeweils immer nur soviel Strom eingespeist werden, wie gerade zum Zeitpunkt verbraucht wird. Zuviel oder zu wenig kann schnell zum Netzzusammenbrüchen (Blackouts) führen. Dies erfordert eine ständige Feinregulierung der eingespeisten Strommenge. Die Wind- und Solarenergie kann also nur schlecht direkt eingespeist werden, einfach weil das Wetter nun mal launisch sein kann. Mit Wind- und Solaranlagen lässt sich die eingespeiste Energiemenge kaum regulieren. Man muss also den Strom aus Wind- und Solaranlagen zwischenspeichern. Damit wenn die Produktion die Nachfrage übersteigt, der Strom auf Vorrat gesammelt werden kann, und dann wenn die Nachfrage größer ist als was Wind und Sonne liefern, es von den Speichern genommen werden kann.
Doch dafür sind gewaltige Stromspeicherkapazitäten notwendig, die wir nun mal noch nicht haben. Da muss noch viel investiert werden. Nur aus diesem Grund sind wir immer noch auf Kohle- und Gaskraftwerke auch weiterhin angewiesen. Wir brauchen sie als Regelkraftwerke um Stromschwankungen welche Wind- und Solarstrom mit sich bringen gut ausgleichen zu können. Wenn das Stromangebot nicht ausreicht um die aktuelle Nachfrage zu decken, wird halt nach wie vor ein Kohle- oder Gaskraftwerk benötigt um es auszugleichen.
Zum anderem haben wir ein relativ veraltetes Stromnetz, welches den Anforderungen die an ihn im Zuge der Energiewende gestellt werden nicht besonders gut gerecht wird. Da muss auch noch einiges investiert werden. Zumal wir auch den Verkehr auf E-Mobilität umstellen wollen, was mit erhöhtem Strombedarf verbunden ist.
Wir müssen jetzt vor Allem also nicht in immer mehr Windräder investieren. Und viel mehr für ein modernes Stromnetz und weitreichende Stromspeicherkapazitäten sorgen. Das der schwierigere Teil der Energiewende, Mehr Windräder aufstellen können wir immer.
Das braucht natürlich eine gewisse Zeit und sehr viel Geld. Also man wäre naiv wenn man meinte das ginge schon in den nächsten 5 Jahren oder so. 10 bis 20 Jahre wären angesichts der Größe der versäumten Investitionen schon realistischer.
Doch wir wollen ja schließlich trotzdem versuchen Emissionen sobald wie möglich soweit es möglich ist zu senken. Und was bietet sich da sonst an, als zu mindestens die Kohlekraftwerke die wir für die Regelungen brauchen möglichst durch Gaskraftwerke zu ersetzen. Zumal das nicht besonders schwierig ist, da Kohlekraftwerke mit überschaubaren Aufwand in Gaskraftwerke umgebaut werden können. So werden wir zwar auch nicht eine Klimaneutralität erreichen, aber zu mindestens auf dem Weg dahin schonmal trotzdem Emissionen erheblich senken können. Eine alternative wäre mehr Atomstrom, aber das wollen wir ja auch nicht.
Langfristig natürlich, wenn wir erstmal das Netz modernisiert und für ausreichend Stromspeicher gesorgt haben, wird man auch auf Erdgas und Alle anderen fossilen Energieträger ganz verzichten können. Das sollte das Ziel sein, aber wir können nicht jetzt schon darauf verzichten und werden mittelfristig leider noch fossile Energieträger nutzen müssen. Kommen wir nicht drum herum.
Zum grünen Wasserstoff schreib ich gleich noch einen getrennten Beitrag.