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  • pehar

mehr als 1000 Beiträge seit 21.09.2016

Gute Argumente

Koschnicks Gegenargumente gegen eine Obergrenze sind echt stichhaltig, muss man schon sagen.

Mit der eintönigen Beharrlichkeit einer Schallplatte, die einen Sprung hat, wiederholen Horst Seehofer und seine CSU das Lied von der Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland.

Haben sie ihr Ziel denn schon erreicht? Nein? Dann ist es aus meiner Sicht nur logisch, dass sie ihre Forderungen weiterhin stellen.

Eine starre Obergrenze von 200.000 Zuwanderern aus dem Ausland läuft nämlich auf eine Reduzierung aller Zuwanderung auf einen so gut wie nie dagewesenen Tiefststand hinaus.

Glückwunsch, Koschnick hat verstanden, warum die Bayern immer noch eine Obergrenze fordern: Weil nach ihrem Dafürhalten zu viele Leute einwandern. Welchen Sinn hätte es, eine Obergrenze zu fordern, wenn eh nicht so viele Leute kommen?

Denn es war nur ein besonders bestürzendes Zeichen einer gnadenlosen, geradezu barbarischen Verbohrtheit, die darauf zurückzuführen ist, dass der "Weitblick" demokratischer Politiker selten weiter als bis zum nächsten Wahltermin reicht.

Beleidigungen - damit überzeugt man jeden. Also jeden, der sowieso dieselbe Meinung vertritt. Wer neutral ist, der wird von so etwas eher abgeschreckt.

Deutschland verliert bis 2037 ein Sechstel seiner Einwohner, die Bevölkerungszahl schrumpft in weniger als 20 Jahren von 82 auf 68 Millionen.

Und wie wir alle wissen, gibt es kein Land der Welt, das mit weniger als 82 Millionen Einwohnern noch funktionsfähig wäre.

Aber das Problem ist nun einmal: Die Alten im Rentenalter werden immer mehr, und die jungen Erwerbstätigen werden immer weniger. Und das ist fatal.

Richtig, allerdings lautet die Lösung nicht "mehr Transferleistungsempfänger, die das System zusätzlich belasten und unten den Druck erhöhen", sondern "anderes System".

Wenn man Rentenzahlungen als gesellschaftliche Aufgabe betrachtet und nicht als Privatvergnügen der Erwerbstätigen, dann wäre die logische Folge eine Steuerfinanzierung. Außerdem geht es erst einmal um Geld, und auch da wäre es logischer, wenn man Personen mit viel Geld stärker belastet und nicht Personen mit viel Arbeit.

Das gilt für alle gesellschaftlichen Aufgaben, bei denen Geld verteilt wird - auch Sozialhilfe oder das Gesundheitswesen.

Dass sie sich seit Jahren weigert, die demografische Realität wahrzunehmen und stattdessen am Fetisch der albernen und durch keinerlei demografische Daten gestützten 200.000-Obergrenze festhält, zeigt für jedermann deutlich erkennbar, was für eine zutiefst reaktionäre Partei die CSU ist; denn in dem letzten Vierteljahrhundert lag die Nettozuwanderung in Deutschland meistens über dieser Grenze, oft lag sie auch nahe dran und ganz selten mal drunter.

Parteien sollten die Meinung ihrer Mitglieder vertreten, nicht die Meinung von Experten. Wenn das deckungsgleich ist - schön. Wenn aber die Mehrheit der CSU-Anhänger eine andere Meinung hat, dann ist es nicht reaktionär, wenn die CSU diese andere Meinung vertritt - es ist Demokratie.

Eine Parteienlandschaft, in der alle Parteien die Meinung aktuell tonangebender Experten vertritt, ist keine Demokratie.

Anders als für die USA, die sich als Schmelztiegel begreifen, in dem jeder Einwanderer eine Chance bekommt, ist die Migrationsbilanz für Deutschland nicht sehr positiv.

Koschnick weiß, dass Zuwanderung uns nur Geld kostet, und seine Schlussfolgerung lautet: Dann brauchen wir halt mehr Zuwanderung. Vermutlich kocht er seine Eier auch jeden Tag eine Minute länger - irgendwann müssen sie ja weich werden.

In den Diskussionen um die Anwerbung von ausländischen Fachkräften bleibt zumeist unberücksichtigt, dass bereits Migranten in Deutschland leben, die über Qualifikationen verfügen. Fehlende Anerkennung und berufliche Integrationsprogramme führen dazu, dass sie arbeitslos oder weit unterhalb ihres Qualifikationsniveaus beschäftigt sind.

Populistisch gesprochen leben wir in einer Wirtschaftsdiktatur: Wenn Migranten tatsächlich der Wirtschaft nützlich sein könnten, dann hätten wir längst die passenden Gesetze, dieses Potential zu heben. Dass die Wirtschaft dankend ablehnt, ist ein sehr deutliches Zeichen dafür, dass diese Menschen wirtschaftlich einfach nicht gebraucht werden.

Koschnick sollte besser auf Ideologie zurückgreifen ("no borders") oder auf Ethik ("es gibt keine Obergrenze für Asyl"). Wirtschaftliche Argumente sind widerlegt.

Beim Thema "Einwanderungsland" hat das über Jahrzehnte hinweg dazu geführt, dass es für die politischen Parteien immer einfacher war, sich gegen pragmatische Lösungen und für Wahlgewinne zu entscheiden.

Auch hier hat Koschnick offenbar ein Problem mit der Demokratie. Man kann kritisieren, dass etwa die SPD sich verdreht, um rechte Wähler anzulocken, aber das Problem besteht dann nicht darin, dass rechte Wähler eine Partei mit rechten Standpunkten wählen, die dann rechte Politik macht. Genau dafür ist das gesamte politische System nämlich da: Den Willen des Volkes politisch umzusetzen.

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