(a) Nicht alle Tarifverträge sind für jeden gut. In einem Unternehmen C. mit Tarifbindung nicht an einen Tarifvertrag aus dem IGM-Disneyland habe ich als ITler in einer Nicht-IT-Branche einen tariflichen Vertrag bekommen; die Vergütung bestand aus maximaler Tarifstufe (so niedrig ist der nämlich) plus einer freiwilligen Zulage. Nicht nur wurde die Anpassung des Gehalts im Laufe der Zeit mit den üblichen Vermeidungsstrategien hinausgezögert, zusätzlich stand dem Unternehmen nun auch die Argumentation offen, weil der (mickrige) Tarifvertrag ja schon 1.9% erhöht würde und ich ja Tarifbeschäftigter sei, könne mir man nicht 10% geben -- in einer Nische, die heiß war und jetzt auch noch heiß ist. Ich habe dann kündigen und wechseln müssen, um nicht 2+ Jahre wirtschaftlich geschädigt zu werden. AT gab es nur für Leadership; Fachkarriere in IT war also de facto nicht möglich. Bis heute rotieren die eigentlich qualifizierten Kollegen im 1-2 Jahrestakt durch dieses Unternehmen, geködert durch ein durchaus marktübliches Einstiegsgehalt aber dann ohne viel Bewegung. Offensichtlich nimmt man die horrenden Kosten für die Neugewinnung lieber in, als IT eine Sonderstellung im Unternehmen einzuräumen und Marktpreise zu zahlen.
(b) Die Teilhabe an Produktivitätsgewinnen über Lohnzuwachs funktioniert eh nicht bis mangelhaft. Kauft lieber Aktien und besteht auf direkten Gewinnbeteiligungen, um auf Augenhöhe am Wachstum beteiligt zu sein. Insofern halte ich das Konzept der Tarifverträge mit einer Fokussierung auf Lohn eh schon für überholt. Weltkonzerne sind längst zur "Total Compensation" aus Grundgehalt, Leistungsbonus und Aktienpaket übergegangen, das in viel zu vielen deutschen Unternehmen in jeder dieser Komponenten vermutlich noch ausbaufähig ist bzw. in einer Mehrklassengesellschaft aus ATlern und Tariflern i.d.R. den ATlern vorbehalten bleibt. Tarifler sind immer die Dummen, die sich um 1-2% Erhöhung schlagen.
(c) Am Ende wollt ihr doch sowieso alle ATler werden.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (21.05.2021 12:05).