Als ich mal vor 15 Jahren meinen REFA-Schein gemacht habe für's Qualitätsmanagement, war das alles auch weniger kompliziert.
Aktuell führt mein Arbeitgeber 8D-Reports ein. Ja, gibt noch Firmen, die bislang "ohne" gelaufen sind. Reklamationen wurden repariert und zurückgeschickt. Ich bin auch früher schon mit solchen Reports in Berührung gekommen, auch wenn ich nicht im QM unterwegs bin.
An sich ist so ein 8D-Report ein nützliches Werkzeug. Es kann dabei helfen, Fehlerursachen sicher festzustellen und dann mit geeigneten Maßnahmen abzustellen. Aber so läuft das halt nicht.
So wie das aktuell verwendet wird, ist es aber eine Mischung aus Detektivarbeit und Fingerpointing. Das liegt an der investigativen 5-Why-Methode: es wird versucht mit der Frage "Warum" bis zum Kern des Problems vorzudringen. Das ist aber eine höchst zeitfressende Methode, zumal am Ende ja nur rauskommen soll, ob die Reklamation nun als Garantiefall bearbeitet wird oder der Kunde auf den Kosten hocken bleiben soll. Hier werden also Verantwortliche gesucht, entweder Prozessfehler, menschliches Versagen, Dokumentationsfehler usw usf. Am Ende ist man mehr damit beschäftigt, den Papierkram zu erledigen, statt die Reklamation selbst zu bearbeiten.
Der Knackpunkt ist, dass sich viele Prozesse nicht "sauberbügeln" lassen. Überall, wo der Mensch beteiligt ist, entstehen Fehler. Bei Serienfehlern kann das z.B. an einer schlechten Dokumentation oder fehlerhaften Stückliste liegen - klar. Da muss was getan werden, damit der Kunde seine Ware fehlerfrei bekommt (Nacharbeit) und es muss die Fehlerursache abgestellt werden (fehlerhafte Dokumente). Aber damit hat es sich eigentlich. Für "menschliche Fehler" ist der 8D-Report eigentlich nicht geeignet, sondern für die Prozesskontrolle, sowohl im eigenen Geschäft wie auch eben beim Kunden (oder Lieferanten, wenn man selbst reklamiert).
Bestimmte Kunden haben kaum erfüllbare Anforderungen. Traceability verursacht jede Menge zusätzlichen Aufwand, der sich nur dann rechtfertigt, wenn man Massenproduktion fährt. Ein kleiner EMS-Dienstleister kann das aber nicht leisten. Einpreisen "darf" er die zusätzlichen Kosten auch nicht, weil die Konkurrenz billiger kann (dafür halt keine Traceability ermöglicht). Auch die Anforderung 99,9% Qualität ist unrealistisch, wenn man Baugruppen bestellt, die nicht getestet und geprüft werden sollen, weil man das Geld nicht in die Hand nehmen will. Ist nicht. Selbst bei einem gut eingespielten Prozess kann man immernoch defekte Bauteile verarbeiten oder Routinefehler machen. Das sollte jedem einleuchten, trotzdem erwartet der Pfennigfuchser nicht weniger als ein Wunder bei solchen Anforderungen.
Am Ende gilt: Qualität ist preisabhängig. Wer billige Massenware bestelllt, muss eben mit bis zu 10% Ausfallrate rechnen und hat das hoffentlich auch eingepreist. Wer dagegen sich das Projekt was kosten lässt und eine möglichst dichte Inspektions- und Prüfungsabfolge vorsieht, bekommt eben deutlich bessere Qualität geliefert und sollte mit sehr wenigen Ausfällen zu rechnen haben.