3-plus-1 schrieb am 28.07.2017 18:18:
... was die damit anrichten, erinnert mich an die Hörspiele in der Kindheit, die man so nebenbei beim Spielen laufen lies. Da geht es auch immer weiter, auch wenn man nicht so richtig aufgepasst hat, was gerade passiert ist. Am Ende gibt es dann eine Auflösung, man macht aus aber richtig wiedergeben kann man das nicht.
Verdammt, so darf Schule nicht sein!
Allerdings auch nicht, wie die Universität, wo der Dozent nur Anregungen gibt und man sich die Unterlagen selber in der Bücherei erarbeiten muss.
Die Voraussetzungen für selbstständiges Arbeiten/Denken fehlen, weil ... es i.d.R. nicht im notwendigen wie auch möglichen Maße gelehrt/gelernt wurde. Es wäre wohl ein wenig blauäugig anzunehmen, das diese Fähigkeit dem Abschlusszeugnis auf wundersame Weise beiliegt.
Nein, Schule sollte so aufgebaut sein, dass ein aufmerksames Kind im Prinzip nur durchzuhören alles mitbekommt, was etwa dem Niveau einer drei entspricht.
Warum sollte ein Kind auf nur einen - hier den auditiven - Wahrnehmungsbereich eingeschränkt werden und sechs weitere Wahrnehmungsbereiche ungenutzt bleiben? Dabei geht es mir jetzt weniger um die Note als darum, das ein Kind viel mitbekommen kann, weil möglichst viele Wahrnehmungsbereiche angesprochen werden und so den aktuellen Lerngegenstand qualitativ hochwertiger verinnerlichen kann. Das wäre m.E. Aufgabe von Schule, nur kann Schule das m.E. derzeit gar nicht leisten, jedoch auch vor der "Inklusion" schon nicht. "Inklusion" macht dieses grundsätzliche Problem und damit die Defizite des Schulsystems m.E. lediglich sichtbar. Zur Schaffung der geeigneten Rahmenbedingungen wende man sich an die für diese Bildungspolitik Verantwortlichen.
Welche Bedeutung "selbermachen" für das Lernen hat erklärt Frau Birkenbihl hier (kompakt in den ersten zwanzig Minuten):
Vera F. Birkenbihl - Eltern-Nachhilfe
> https://www.youtube.com/watch?v=bJ0OFOWx4uI
Es werden Hausaufgaben verteilt und wer die macht, kann dann auch ruhig etwas begriffstutzig sein, danach sollte es klick machen und auch diese Schüler sind auf dem gleichen Niveau.
Warum kann das "Klicken" nicht in der Schule passieren? Siehe auch oben.
Wer interessiert ist und/oder fleissig, der macht auch mehr und dann springt eine zwei oder eins raus aber das muss nicht sein, denn auch durchgehend drei ist ein gültiger Abschluss mit Puffer.
Das Notensystem legt die Meßlatte mit "ausreichend" sogar noch etwas niedriger. Das viele Eltern glauben ihr Kind müsse sich unbedingt im Bereich gut bzw. sehr gut bewegen - unabhänigig davon, ob es dazu überhaupt in der Lage ist-, sollte jeden beunruhigen. Nicht jeder hat einen Albert oder eine Marie zu Hause; der Glaube scheint jedoch verbreitet zu sein. Den Kindern hilft das m.E. nicht. Ein Indiz dafür sehe ich in der hohen Zahl von Studienabbrechern. Das Abitur als Berechtigung ein Studium aufnehmen zu dürfen sagt m.M.n. mittlerweile nicht mehr automatisch etwas über die Eignung für ein Studium aus. Siehe auch oben.
Diese aktuelle Mode jeden überall durchschleifen zu wollen, zerstört unser ursprünglich mal hohes Bildungsniveau.
Dieses Durchschleifen ist die m.E. die Folge der Rahmenbedingungen, die von der Politik vorgegeben werden. Der Akademisierungsgrad sollte gesteigert werden, weil man mit Ländern wie Finnland, Frankreich, Italien, ... "mithalten" wollte. Sie haben ihr Ziel erreicht. Das dem Handwerk damit der Nachwuchs abgegraben wurde ist ja denn auch ganz "tolles" Ergebnis. Der Wahnsinn hat übrigens in den achtziger Jahren bereits angefangen als die Gesamtschulen eingeführt wurden mit dem Argument, das dann endlich jeder Abi machen könne. Nun haben wir den Salat.
Das dreigliederige Schulsystem (zzgl. Sonderschulen) war für unterschiedliche geistige Fähigkeiten ursprünglich gut aufgestellt. Bloß nicht sitzen bleiben, auch wenn der Schüler schon komplett den Anschluss verloren hat? Das holt man nicht mehr auf oder ein Jahr wird zur Hölle mit rund um die Uhr lernen.
Allerdings darf bei der Versetzung nicht jedes Fach gleich gewichtet sein. Was soll das, einem Zahlennerd das Leben zur Hölle zu machen, wenn man ihm ständig mit der drohenden fünf in Sport und Kunst droht, weil er eben über seine Füße stolpert.
Damit sind wir auch schon bei Inklusion. Die dürfte es überhaupt nicht geben. Wohl aber ein konsequent behindertengerechter Umbau der Schulen. Jeder der geistig dem Unterricht gewachsen ist, dem soll er auch ermöglicht werden. Aus falsch verstandener Solidarität aber dann z.B. auf dem Gymnasium geistig Behinderte mitzuschleifen muss doch für einen Hauptschüler komisch anmuten. Warum wird ihm diese Unterstützung nicht zuteil?
Inklusion sollte nicht mit Bevorzugung verwechselt werden. Inklusion bedeutet, das jeder Schüler- also wirklich jeder - Anspruch auf auf ihn zugeschnittene Förderung hat. Langsame Schüler können langsamer lernen ohne gezwungen zu sein Anschluss an schnelle Schüler halten zu müssen, schnelle Schüler können schneller lernen ohne ausgebremst zu werden. Das führt natürlich dazu, das nicht jeder den höchsten Bildungsabschluss macht, aber für sich persönlich das Maximum erreichen kann. Hätte man bereits früher (nach dem PISA-Schock) den Schwerpunkt auf Differenzierung gelegt, hätte also die Bildungspolitik dahingehend ihre Hausaufgaben, d.h. Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen als Vorstufe zur 2008 beschlossenen Inklusion, gemacht, dann wäre Inklusion m.E. insgesamt nicht eine solche Mammutaufgabe geworden. Das Differenzierung und Inklusion nun auf einen Schlag unter mehr als bescheidenen Rahmenbedingungen umgesetzt werden sollen, ist der eigentliche Skandal. In einem Interview die Tage - ich meine es war in der Hessenrundschau - wurde kritisiert, das bspw. die Lehrerausbildung immer noch nicht angepasst worden sei. Und das nach fast zehn Jahren? Inklusion ist m.E. das Wir-schaffen-das-Pendant in der Bildungspolitik und hat seine Wurzeln lange vor der Flüchtlingskrise.