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  • DJ Holzbank

mehr als 1000 Beiträge seit 03.09.2011

Re: Verdächtigungsfetzen

shinji-akari schrieb am 16.05.2024 08:52:

Interessant, was sich Leute ausdenken um einen Mordanschlag zu rechtfertigen, wenn es ihrer Meinung nach den Richtigen trifft. Belohnung und Billigung von Straftaten und Verleumdung sind da wohl kein Problem für sie.

Der denkt sich das nicht aus, sondern gibt die Verdächtigungsfetzen wieder, die die Presse über einen ihr nicht genehmen Politiker verbreitet hat. Da kann man sich vorstellen, welche Atmosphäre in der Slowakei herrscht.
Nicht umsonst spricht man dort vom "beinahe-Bürgerkrieg".

Verdächtigung 1:
"Fico hat doch soviel Mafia-kontakte der war eh untragbar."

- Wirklichkeit:
Fico beschäftigte zwischen 2015 und 2018 als Ministerpräsident eine gewisse Mária Trošková als Assistentin, die unmittelbar zuvor für einen Parlamentsabgeordneten aus seiner Partei gearbeitet hatte und weitere Jahre vorher für einen Parteichef einer anderen Partei (Pavel Ruska).
Im Jahre 2018 stellte sich heraus, dass die junge karriereinteressierte Frau Trošková in den Jahren 2011/2012 für zehn Monate für eine Firma GIA MANAGEMENT gearbeitet hatte, die u.a. einem Italo-Slowaken namens Antonio Vadala gehörte, der wiederum im nachhinein verdächtigt wurde, über Kontakte zur Ndrangheta zu verfügen.

Darin bestanden Ficos "soviele Mafia-kontakte": Er hatte eine Frau angestellt, die zuvor in einer Firma gearbeitet hatte, deren Mitbesitzer über Kontakte zur Mafia verfügt haben soll. Das kann man nichtmal mehr Kontaktschuld nennen.

Verdächtigung 2:
"Allein wie durch diese deepfake-videos der Wahlgegner sozusagen am Tag vor der Wahl ins aus geschossen wurde. Typisch Mafia-style."

- Wirklichkeit:
Das "Deep-Fake-Video" vom September letzten Jahres brachten nicht Fico oder Leute aus seiner Partei in Umlauf, sondern der ehemalige Richter am Obersten Gerichtshof Štefan Harabin, der übrigens im März selbst als Kandidat zur Präsidentschaftswahl antrat. Wie hat man von dem rechten Harabin die Verbindung zum Sozialdemokraten Fico hergestellt? Man sagte einfach, dass Harabin auch "pro-russisch" sei.

In dem Video wurde behauptet, dass die liberalen Konkurrenten von Fico, die PS, zur Parlamentswahl die Stimmen der Roma gekauft hätten. Witzigerweise wurden deren Stimmen vermutlich tatsächlich gekauft. In den Hochburgen der Roma stimmten bis zu 94% für eine Partei, aber nicht für die PS, sondern für die ebenfalls liberale Olano.
Die Polizei ermittelte wegen Wahlmanipulation.

- Verdächtigung 3:
"Und nicht zu vergessen das Journalistenpäarchen das die Mafia ermordet hatte - das war ja auch nur zu seinen Vorteil."

- Wirklichkeit:
Nach dem Mord an dem Journalisten Kuciak und seiner Freundin im Februar 2018 wurde Fico von empört demonstrierenden Slowaken zu Rücktritt gezwungen, weil die ihm unfreundlich gesonnene Presse diese Fico-Mafia-Verdächtigungen in Umlauf gebracht hatte. Das war also anscheinend "zu seinem Vorteil".

Der Mord an Kuciak ist mittlerweile (fast) aufgeklärt. Der ausführende Täter war geständig, weitere drei Mitangeklagte wurden zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt. Nur das Verfahren um den angeblichen Auftraggeber, einen slowakischen Geschäftsmann namens Marián Kočner (der von einem der Verurteilten beschuldigt wurde!) wartet seltsamerweise auch nach zwei Instanzen noch auf seinen Abschluss.

Keine Spuren der italienischen Mafia oder von Fico oder anderen sozialdemokratischen Politikern wurden gefunden. Das juckt aber die Dreckschleudern kein bischen.

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Eigentlich geht's dabei nur um Politik. Fico weist m.E. politisch erhebliche Parallelen zu Lafontaine auf (der ja 1998 von den Neoliberalen ebenfalls als "gefährlichster Mann Europas" betitelt wurde). Fico hatte wenig übrig für die schnelle Privatisierung der slowakischen Staatsbetriebe, ist ein Gegner der Migration und kann mit der woke-liberalen LGBT-Bewegung ebenfalls wenig anfangen. Vor allem beharrt er, in diesem Punkt Orban vergleichbar, auf nationaler Souveränität.
Das alles macht ihn zum roten Tuch für die transatlantisch-liberalen Kreise, die man natürlich auch in der Slowakei in den größten Städten und in den Medien findet.

Bei den letzten Wahlen wählte deshalb im Grunde das flache Land Fico (bzw. die SMer-Abspaltung Pellegrinis), Bratislawa und Kosice dagegen die liberale PS.

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