Ja, momentan sind sie dabei den Russen - zumindest laut eigener Aussage - schwere Verluste beizufügen. Schaut es also gut aus für die Verteidigungskräfte der Ukraine? Immerhin kriegen sie ja Waffen aus dem Westen!
Nein - es schaut nicht gut aus für die Ukraine, ganz und gar nicht. Nicht im geringsten.
Zum einen muss man leider feststellen, dass da zwar derzeit um die 100 000 Soldaten, eventuell auch um die 150 000 Soldaten der russischen Armee in der Ukraine kämpfen. Hört sich natürlich erst mal an, als wäre da ein ungefährer Gleichstand in der Chance, immerhin hat die Ukraine ja um die 200 000 Soldaten und noch viele männliche Zivilisten, die jetzt kämpfen müssen - ukrainische Männer dürfen das Land ja nicht mehr verlassen und werden dort alle eingezogen, wenn sie im "kampffähigen Alter" sind. Das sind noch mal rund 10 Mio "wehrtaugliche Bürger" - die aber meist dann keinen blassen Schimmer davon haben wie man im Krieg kämpft.
Nur: Die 100 000 oder 150 000 Soldaten, die in der Ukraine kämpfen, die sind nur ein Bruchteil der russischen Armee. Russland hat nämlich nicht nur diese 100 000, die haben 1 000 000 Soldaten in der Armee. Und noch mal doppelt so viele Reservisten, die jederzeit aktiviert werden könnten. Alles Soldaten, die mal an der Waffe und in der Taktik ausgebildet wurden. Alleine schon von der Truppenstärke könnte Russland da noch einiges aufmarschieren lassen in recht kurzer Zeit. Dazu kommt noch, dass Russland derzeit auch eher mit einer "minimal-Invasion" agiert, mit z.B. nur relativ wenigen Panzern und auch sonst kaum schwerem Gerät, fast keiner Artillerie und kaum bis keiner Luftwaffe, dafür aber mit kleinen Trupps von Spezialeinheiten. Das sind so derzeit noch alles Angriffe auf einzelne strategische Ziele -mit freilich sehr vielen Raketen, die nicht im Ziel einschlagen, sondern irgendwo daneben. Und mit vielen ermordeten Menschen, selbst wenn das vermutlich wohl so noch nicht beabsichtigt war.
Aber normal kämpft die russische Armee auch hier ganz anders, da muss man sich nur mal anschauen, wie z.B. Grosny damals eingenommen wurde. Das waren nicht nur einzelne Gebäude, die da getroffen wurden - schon nach dem ersten großen, schweren Angriff der russischen Armee sah Grosny aus wie Hamburg oder Köln oder Pforzheim nach Ende des zweiten Welkrieges. Davon ist die Ukraine derzeit nach all dem, was man so an Bildern von dort bekommt, aber noch deutlich entfernt. D.h. noch agiert die russische Armee noch nicht mal mit ihrem in der Vergangenheit sonst üblichen "erst mal kräftig Artilleriegranaten und Bomben drauf werfen und dann mal vorsichtig nach schauen was sich noch bewegt - und im Zweifel noch mal ein paar Granaten drauf werfen" Schema. Aber eine Umkehr in der militärischen Taktik, weg von "Sondereinsatzkommandos mit gezielten Angriffen" hin zu "in weiten Teilen Platt machen" kann leider jederzeit noch passieren. Russland hat eben nicht nur die 500 bis 1000 Panzer, die derzeit in der Ukraine kämpfen. Die russische Armee hat zehntausende Panzer, die sie im Prinzip jederzeit reaktivieren können. Und sie können auch nicht nur kleine Rakten gegen z.b. einzelne Gebäude einsetzen, die haben auch konventionelle Bomben, die mal eben einen ganzen Straßenzug zerstören können.
Da ist also beim russischen Militär noch sehr viel Potenzial vorhanden, die agieren derzeit quasi mit ausgeworfenem Anker und angezogener Handbremse in der Ukraine.
Dazu kommt noch, dass der Westen (also vor allem die NATO) ganz klar sagt, dass sie keine Truppen schicken werden um die Ukraine zu verteidigen. Polen wird keine Kampfflugzeuge an die Ukraine geben. Mehr als ein paar Sturmgewehre oder ein paar Panzerfäuste oder alte Stahlhelme werden die dort nicht bekommen. Gut, die werden ein paar freiwillige "Jeans-Soldaten" bekommen möglicherweise, z.B. in Form irgendwelcher Freikorps wie es Battallion Azov mal eines war - aber die sind meist auch nicht wirklich ausgebildet. Und wenn es doof läuft, dann sind die nur Kanonenfutter. Und genießen dann als Kombattanten dann auch nicht mehr den Schutz, den viele Konventionen (Landkriegsordnung et al) den Zivilisten bietet. Wenn sie dazu noch ohne Uniformen mit Guerilla-Taktiken kämpfen riskieren sie sogar direkt eine Erschießung nach dem Kriegsrecht.
Und genau wegen all diesen Faktoren hat die Ukraine alleine schlicht keine Chance den Krieg zu gewinnen. Und ein weiterer Kampf ist dann zwar möglicherweise "Heldenhaft" und "Ehrenvoll" und so - aber objektiv gesehen einfach nur die dümmste aller Möglichkeiten. Einfach weil dafür Menschen sinnlos sterben müssen. Darunter neben den ganzen Patrioten auch sehr viele, die dazu überhaupt keine Lust haben. Und die auch lieber geflohen wären, die das aber schon deswegen nicht gemacht haben, weil man sie auf der Flucht in den Westen (oder sonst wo hin) ergreifen und als Deserteure erschießen könnte.
Das sinnvollste wäre also die Urkaine würde jegliche Kampfhandlung direkt einstellen. Und direkt zu einem friedlichen, waffenlosen Widerstand übergehen. Denn die russische Armee kann zwar möglicherweise das ein oder andere Rathaus erobern. Und sie können da auch russische Bürgermeister einsetzen - aber gegen z.B. einen massiven Genrealstreik können sie eben nichts machen. Russland kann nicht mal eben 40 Mio Menschen in der Ukraine verhaften. Und anders als bei einer miltärischen Auseinandersetzung kann hier der Westen die Ukraine dann auch massiv unterstützen - und der Westen kann dazu noch einfach die Grenzen aufmachen und Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen für eine ganze Weile.
Ein militärisches Aufrüsten der Ukraine ist hier jedenfalls der falsche Weg, der nur zu ziemlich vielen ermordeten Menschen führen wird. Soldaten sind eben nun mal Mörder von Beruf, frei nach Tucholsky. Wenn Soldaten ihr gelerntes Handwerk ausüben, dann werden also eben auch Menschen ermordet in einem Konflikt.