"Governance (von französisch gouverner, „verwalten, leiten, erziehen“" - wiki
In Kombination mit den Erfahrungen der ÖPPs (Englisch: PPP), die im Zuge der ausufernden Privatisierungen fast aller Allmende-Güter, wie öffentliche Bauvorhaben, Bildung, Gesundheit, Rente etc. gemacht wurden, versinnbildlicht diese Begrifflichkeit den Weg den unsere Demokratie genommen hat, und offensichtlicher immer verschärfter nimmt. Bei den ÖPPs wird sämtliche gesellschaftliche Ressource zwar weiterhin von der Gesellschaft finanziert, aber nicht mehr als Non-Profit-Projekt, also Plus-Minus-Null nach Abzug aller Kosten von den Einnahmen, jetzt als Profit-Projekt, also nach Abzug aller Kosten bleibt ein Gewinn übrig für die Investoren. Nach der neoliberalen Lesart soll das dafür sorgen, das ÖPPs effizienter als die bisherigen Organisations- und Besitzstrukturen der Allmende-Güter ist, was ich anhand vieler Erfahrungen mit bereits realisierten ÖPPs für ein Märchen halte.
Theoretisch mag das vorstellbar sein, aber praktisch wurde das so gut wie nie realisiert. Die Privatisierten Autobahnen haben i.d.R. einen deutlich höheren Kostenaufwand, als am Beginn kalkuliert wurde. [1]
Und theoretisch ist auch genau das Gegenteil vorstellbar. Wie soll ein gewinnorientiertes Unternehmen, Gewinn erwirtschaften, plus höhere Finanzierungskosten (Kreditkosten sind i.d.R. für staatliche Akteure deutlich niedriger), als ein Non-Profit-Unternehmen der Allgemeinheit?
Na egal, das ist ja nur eine Facette von Governance. Governance bedeutet auch, was Angela Merkel mit ihrem verschwurbelten Satz über die "marktkonforme Demokratie" meinte. Korrekt wäre gewesen, sie hätte von gelenkter Demokratie gesprochen. Denn die allgemein als "Markt" definierte Aussage, beinhaltet eine Annahme, die real so nie existiert hat. Eine völlig freie marktkonforme Demokratie war Deadwood City. [2] - Diese "Freiheit" konnte einem über Nacht das Angesparte, Erarbeitete, Aufgebaute und das Leben kosten. Aber alle mit ner Knarre hatten potentiell die selben Möglichkeiten, die sie aber selber durchsetzen mussten. Meinte sie das? Ich glaube nicht. Aber eine auf Gleichheit und Gerechtigkeit aufgebaute Gesellschaft wohl auch nicht, denn das ist die Definition von Demokratie, und die ist eben nicht "marktkonform". Sobald man sich allgemein gültige Regeln schafft, um ohne dieses alle-gegen-alle Faustrecht auszukommen, ist man verpflichtet dafür zu sorgen, das dieses Recht auch für alle gilt und angewendet wird, auch für marktkonforme. Also ein Widerspruch in sich.
Die Olaf Scholz-Entscheidung deutet überdeutlich darauf hin, das wir immer offensichtlicher den Pfad der Demokratie verlassen, und Governace einzieht - kleine elitäre Kreise entscheiden über die Köpfe aller hinweg, in existenziellen Fragen und mit eindeutigen Nutznießern. Parlamente nicken nur noch ab, das Allgemeinwohl ist kein Kriterium mehr. Der Unterschied zwischen ehemals kommunistischen Unrechtsregimen, faschistischen Anti-Humanisten und gelenkter Human-Ressource aka marktkonformer Demokratie verschwindet ins unmerkliche.
[1] "Eigentlich sollte es ein Vorzeigeprojekt der Regierung sein – nun kämpft das Bundesverkehrsministerium juristisch um das ÖPP-Projekt auf der Autobahn A 1 zwischen Bremen und Hamburg. ÖPP steht für öffentlich-private Partnerschaft. Damit beauftragt der Bund Privatfirmen üblicherweise für mehrere Jahrzehnte. Die Firmen planen Autobahnabschnitte, sie bauen sie aus, sie betreiben sie und halten sie instand. Im Gegenzug werden die Unternehmen an den Lkw-Mauteinnahmen beteiligt.
Bei der A 1 ist diese Beteiligung offenbar zu gering: Auf der rund 73 Kilometer langen ÖPP-Strecke fahren weniger Laster als erhofft. Darum hat die A1 mobil GmbH, die den Abschnitt zwischen 2008 und 2012 wie vereinbart ausbaute, den Bund auf eine Zahlung von 778 Millionen Euro verklagt. Das Landgericht Hannover wies die Klage im September ab, doch A1 mobil hat nun Berufung eingelegt. Das Unternehmen wehrt sich gegen die Begründung, es habe mit der Übernahme der Autobahn auch das Risiko übernommen, dass das Verkehrsvolumen geringer ausfallen kann als erwartet."
https://www.zeit.de/mobilitaet/2018-10/privatisierung-autobahnen-verkehrsministerium-rechnungshof-rechtsverstoss?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
[2] " Was bedeuten Recht und Gesetz an einem Ort, an dem jeder ein Gesetzloser ist? In einer Stadt, die eigentlich gar nicht existiert? Es gibt keinen Sheriff in dieser Stadt, keinen Bürgermeister, kein ordentliches Gericht, nicht einmal ein Gefängnis, sodass ein Urteil der Bürgertribunale notgedrungen nur auf Freiheit oder Tod hinauslaufen kann.
Am bequemsten für diese Jurys ist es, auf Freispruch zu erkennen und den Angeklagten dann, schuldig oder nicht, aus der Stadt zu jagen, in der Hoffnung, er werde seine Verbrechen fortan anderswo begehen. Gerechtigkeit – dieses Wort ist zu groß für einen Ort wie Deadwood, eine illegale Goldgräbersiedlung im Reservat der Sioux, die als „härteste Stadt der Welt“ bekannt ist. Wer als Weißer die Grenzen des Reservats übertritt, übertritt auch das Gesetz. Denn wer hier lebt, lebt jenseits von Recht und Ordnung."
https://www.geo.de/magazine/geo-epoche-panorama/19732-rtkl-deadwood-stadt-ohne-gesetz
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