Nach der Wiedervereinigung erleben wir fast eine vollständige Ausgrenzung der Ostdeutschen aus den Eliten dieses Landes. In fast allen ostdeutschen Gesellschaftsstrukturen sitzen an den Hebeln, die wichtig sind, Leute aus dem Westen. Der umgekehrte Prozess von Ost nach West gilt als Einbahnstraße – die falsch zu befahren unter Strafe steht.
Warum kann in dieser Bundesrepublik im 30. Jahr der Deutschen Einheit kein im Osten sozialisierter Mensch die BRD als Botschafter vertreten? Wir haben wohl über 200 Persönlichkeiten in diesem diplomatischen Rang.
Wenn man sich Rektoren deutscher Universitäten und Hochschulen, auch die im Osten gelegenen, anschaut, kann man feststellen, dass die Ausgrenzung ostdeutscher Wissenschaftler hier vollständig gelungen ist.
Gleiche Tendenzen stellen wir fest, wenn man den Anteil Ostdeutscher in Justiz, Ministerien und Behörden betrachtet. Besonders krass erscheint mir die Besetzung ostdeutscher Gerichte und Behörden mit Persönlichkeiten, die hier nicht gelebt haben und möglicherweise eine Position im Altbundesgebiet nicht erlangen konnten. Diesen Zustand halte ich für verfassungswidrig, was wohl jedem, der Lesen kann, und Gesetze versteht, auch einleuchten müsste. Warum es auch im 30. Jahr der Deutschen Einheit kein Ostdeutscher im Rang des Generals beziehungsweise Chefinspektors gibt? Man könnte jetzt diese Aufzählungen uferlos fortführen, immer mit dem Hinweis, dass es die umgekehrte Tendenz nicht gibt.
Peter-Michael Diestel. Foto: S. Welscher
Warum haben wir im Osten Deutschlands immer mehr Landtags- und Bundestagsabgeordnete, die ursprünglich in den alten Bundesländern gelebt haben? Das letzte prominente Beispiel ist Olaf Scholz (SPD), der jetzt im Land Brandenburg für seine Partei antritt. Es erscheint schon peinlich, wenn in den letzten Tagen die deutschen Medien aufwändig berichten, dass eine ostdeutsche Frau erstmals als Richterin am Bundesverfassungsgericht ernannt wurde und dies zum allerersten Mal in der Geschichte dieser Republik.
Das, was die Politik dummerweise vorlebt, setzt sich natürlich auch in den Wirtschaftsstrukturen unseres Landes, besonders bei der Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen fort. Vielleicht beschreibe ich gerade eine wesentliche Ursache mit dem Fehlen ostdeutscher Menschen in Leitungsbereichen, so dass Flughafen, Autobahn und andere Großprojekte nicht mehr erfolgreich zu Ende geführt werden können, weil ostdeutscher Sachverstand fehlt?
30 Jahre nach der fast christlichen Wiedervereinigung unseres Vaterlandes ist es notwendig und zulässig auf die von mir gezeigten Missstände hinzuweisen, denn es gibt keine Erklärung und kein Erfordernis für die Ausgrenzung eines so großen Teils unseres Volkes. Gehässigerweise könnte man sagen „ihr seid dumm und schwach, ihr lasst es euch gefallen und deshalb gehen wir mit euch so um“.
https://wirtschaft-markt.de/2020/10/11/peter-michael-diestel-das-einheitsjubilaeum-ein-tag-der-freudig-und-nachdenklich-zugleich-stimmt/
Peter-Michael Diestel ist übrigens am 21.April 2021 aus der CDU ausgetreten
https://www.pnn.de/brandenburg/letzter-ddr-innenminister-peter-michael-diestel-tritt-aus-cdu-aus/27118978.html