Peter Nowak schreibt aus der Sicht des verwöhnten, erstweltlichen Gutmenschen, der in erster Linie motiviert ist von Eitelkeit, von der eigenen Überzeugung oder des Wunsches, zu "den Guten" zu gehören. Zu dieser Einstellung gehört auch immer diese unglaubliche, an Arroganz grenzende Ignoranz gegenüber anderen Ländern. Herr Nowak hat offensichtlich weder das System USA noch den Iran verstanden, geschweige denn die Menschen dort. Er folgt blind seinem Bauklotzverständnis von der Welt, wie er sie sich vermutlich in den späten 1980ern zusammengebastelt hat.
Daher auch die Fixierung auf Trump als Person, dem dann "Antiamerikanismus" als pöhse, pöhse gegenüber gestellt wird. Hätte er sich wirklich mit dem System USA und dem Land Amerika auseinandergesetzt, müsste er eigentlich erkannt haben, dass Trump bislang der am wenigsten kriegerischste Präsident seit Jimmy Carter ist, Obama allerdings der kriegerischste POTUS aller Zeiten gewesen ist. Und das will was heißen, denn schließlich ist Amerika die kriegerischste Nation der Geschichte (gerechnet nach Jahren seit 1776 befanden sie 93% ihrer Existenz im Krieg und wurden dabei nur ein einziges mal von außen angegriffen, in Pearl Harbor). Die Bevölkerung stand und steht eigentlich hinter so ziemlich jedem Krieg, den ihre Eliten anzetteln. Die angebliche Kriegsmüdigkeit der Amerikaner ist ein Novum, dem ich nicht sowieso nicht traue. Die Schießwut daheim ist jedenfalls ungebrochen hoch, und das ist ein grundlegendes, kulturelles Problem einer Nation, die sich ethisch-moralisch kaum aus dem viktorianischen Zeitalter entwickelt hat ohne dabei in die totale Dekadenz zu verfallen. Die damalige Ablehnung des Kriegs in Indochina entsprang auch nicht aus dem Leid der Vietnamesen, sondern den vielen getöteten US-Soldaten. Selbst ein kritischer Geist wie Noam Chomsky tendiert stets dazu bei Erwähnung des Vietnamkrieges die hunderttausenden getöteten US-Soldaten vor den Millionen getöteten Vietnamesen zu nennen. Das ist dort völlig normal und entspricht dem narzisstischen Herrenmenschenanspruch der amerikanischen Seele. Auch heute haben die Amis kein Problem damit, andere Länder in Schutt und Asche zu legen, es soll nur nicht zu ihrem Nachteil sein. Das größte Problem des angloamerikanischen Imperiums ist es derzeit, die eigenen Leute mit Brot und Spielzeugen bei Laune zu halten und Gegner zu finden, die sie noch ohne eigenen Schaden bekriegen können.
Ich verstehe immer noch nicht, weshalb Antiamerikanismus (eigentlich eher ein Anti-Fordismus) so eine schlechte Sache sein soll. Aus humanistischer Sicht ist solcher geradezu geboten, und mit der vollen Kenntnis deutscher Geschichte um so mehr - aber das ist von einem in den 1980/90ern sozialisiertem Gutmenschen kaum zu erwarten. Antiamerikanismus schränkt den Genuss amerikanischer Musik und Serien ja nicht ein, denn wer Amerika tatsächlich kennt, weiß, dass jenes, was an schönen Dingen aus Amerika kommt, im eigenen Land meist selbst aus marginalisierten Verhältnissen stammt. Den Amerikanern wurde und wird nur jeglicher Zugang zu nützlichem, kritischem Gedankengut verwehrt, so dass sie immer wieder auf die wildesten Ideen kommen, bzw. auf die wildesten Erklärungen hereinfallen, aber das ist eine andere Geschichte.
Würde Herr Nowak die angloamerikanische Geschichte gerade in Bezug auf den Mittleren Osten und Iran im speziellen kennen, dann würde er auch nicht so einen Biokäse von wegen Feministinnen und Schwulen im Iran labern. Tatsache ist, die Mullahs sind erzkonservativ und rückständig, aber alles andere als beliebt im Iran. Wäre es den Iranern erlaubt, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen, dann wäre der Iran vermutlich ein ziemlich modernes, liberales Land und auch nicht minder oder mehr homophob als das deutsche oder amerikanische Land. Aber dieses Schicksal wurde und wird ihnen ja gerade von angloamerikanischen Herrenmenschen genommen, spätestens seit 1953 und bis heute noch. Die Mullahs werden im Iran nur akzeptiert, weil die Menschen sich zurecht vom Wertewesten bedroht fühlen - im Übrigen auch die Juden im Iran. Bei diesem Punkt lohnt es sich auch zu erwähnen, dass Frauen im Iran genauso studieren und akademische Karrieren anstreben dürfen wie bei uns im gelobten "Wertewesten". Meines Wissens gibt es sogar mehr weibliche Studentinnen im Iran als im europäischen Durchschnitt und von den 70% weiblichen Absolventinnen in technischen Studiengängen können die westlichen Genderistinnen der ASTA sicher nur träumen.
Der hedonistische Wohlfühlmensch (der eigentliche Gutmensch - Nietzsche nannte ihn treffend den "letzten Menschen", weil von ihm keine Entwicklung mehr ausgeht) braucht aber ein einfaches Weltbild, dass ihm seine eigene Lebenslüge ermöglicht. Leider begreifen weder die "Linken" noch die "Rechten" in Deutschland, dass uns von den angloamerikanischen Herrenmenschen unsere Selbstbestimmung spätestens seit WW1 genommen worden ist, genauso wie den Arabern, den Juden, den Latinos, den Polen und Balten und vielen anderen - ironischerweise auch den Amerikanern und Briten, die aber weitestgehend zu blöd sind, es zu bemerken. Antiamerikanismus soll schlecht sein? Ich würde gerne in einem Land frei von Amerika leben, sehr genau wissend, dass die Welt ohne Amerika sicherlich eine bessere wäre.
Herr Nowak möchte aber lieber ein Stück Hasenheimat retten und Amerika gut finden. Dafür müssen Mullahs und angloamerikanisches Imperium nun einmal als gleichwertig behandelt werden.