Chechura:
Was einer verdient, ergibt sich also nicht sachlich aus der jeweiligen Arbeitsplatzbeschreibung. Mit den unterschiedlichen Tarifgruppen sichert sich das Unternehmen vielmehr den Zugriff auf die Arbeitskräfte, die es für die unterschiedlichen Aufgaben im Betrieb braucht, und sorgt damit für die Konsequenz, dass sich jeder Arbeitsplatz für das Unternehmen lohnt.
Das "vielmehr" finde ich völlig unverständlich. Die Sicherung dieser Verhältnisse verläuft auch über ganz andere Dinge, primär überhaupt durch das Lohnverhältnis und dessen Grundlage: den Eigentumfetisch, der von der Rechtsordnung gehegt und gepflegt wird.
Bei der Ausgestaltung der Lohnhierarchie sind die Betriebsräte gefordert, womit förmlich sichergestellt ist, dass jeder das verdient, was er verdient. Wer sich ungerecht eingruppiert fühlt, kann sich beim Betriebsrat beschweren und die Eingruppierung überprüfen lassen. Das Prinzip der Einstufung in verschiedene Lohngruppen ist damit auf jeden Fall der Kritik enthoben.
Wenigstens eine Andeutung dazu, wie diese Kritik aussehen könnte, von der da enthoben wird, fehlt mir in diesem Zusammenhang. Weil alle Wertkategorien Fetischkategorien sind und nur aus der Totalitätsperspektive überhaupt Sinn machen, insofern Wert das gesamtgesellschaftliche Verhältnis von Ressourcen, Arbeit und Bedürfnisbefriedigung vermittelt, kann es keinen sachlichen Grund dafür geben, warum der eine Lohn höher ist als der andere. Klar, bürgerliche Ökonomie redet sich da mit Angebot und Nachfrage raus, sie hat aber halt auch weder einen Begriff von ihrem Gegenstand, den ökonomischen Formen, noch will sie wahrhaben, dass alle diese ökonomischen Formen immer durch sehr unmittelbare Gewaltverhältnisse abgesichert werden, Ideologie halt.
Die unterschiedlichen Löhne je nach gesellschaftlicher Position in der Arbeitsgesellschaft haben einen wesentlichen Zweck: divide et impera. Den Prolls und Kleinbürger_innen wird vorgegaukelt, dass es kein gemeinsames Interesse der Arbeiterklasse gäbe, weil die sich ja zerrissen darstellt über das in ihr herrschende Lohngefälle. Bspw. kann so leicht das Interesse von Pflegekräften an mehr Lohn und besseren Arbeitsbedingungen verkauft werden als dem Interesse aller anderen Lohnempfangenden entgegenstehend, die dafür ja höhere Krankenversicherungsbeiträge zu berappen hätten. Analog ist jede Lohnerhöhung irgendeiner gesellschaftlichen Gruppe unmittelbar identisch mit der Erhöhung der Preise für die Waren oder Dienstleistungen, die halt von dieser Gruppe erarbeitet werden: Die Zerrissenheit der Arbeiterklasse ist auf diese Weise eine vielfältig erlebbare und ideologisch ausschlachtbare Realität: Statt den echten Ausbeuter_innen an die Gurgel zu gehen, gehen sich die kleinen Leute lieber gegenseitig an die Gurgel: Des Nachbarn Einkommen erscheint im Vergleich zum eigenen viel ungerechter als das in den Villenvierteln.