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  • hj_allemann

300 Beiträge seit 23.12.2017

Wer arm ist, soll kein Spanisch mehr lernen

2018 freute sich die katalanische Regierung unter dem Präsidenten Torra, die totale Katalanisierung gefährde die spanische Sprache. [1] Das war zu einer Zeit, als beispielsweise der Einfluß der katalanischen Separatisten in der Comunidad Valenciana dazu führte, dass auch dort die Reduktion des Spanischunterrichts auf ein Minimum von 25% erlaubt wurde. Mit dem neuen Bildungsgesetzt LOMLOE soll in allen spanischen autonomen Gebieten die Möglichkeit eröffnet werden, Spanisch komplett aus dem Unterricht der öffentlichen Schulen zu entfernen, denn es sei ja keine Verkehrssprache in Spanien mehr.

So ein Riesenproblem scheint das nicht zu sein. Denn wer genügend Geld hat, schickt seine Kinder auf eine Privatschule. Dabei muß man wissen, dass nur ca. 2/3 aller spanischen Schulen öffentlich sind. Die Masse des restlichen Schulsystems wird von sogenannten "concertadas" abgedeckt, die wiederum hauptsächlich von der katholischen Schule betrieben wird. In fast allen concertadas wird Spanisch so weit wie möglich korrekt unterrichtet.

Die Kinder führender spanischer Separatisten gehen häufig auf "reine" Privatschulen, wie z.B. die deutsche Schule in Barcelona. Dort wird bilingual Spanisch und Deutsch gelehrt.

In den öffentlichen Schulen Kataloniens wird häufig Immersion betrieben. Das bedeutet, dass der Unterricht hauptsächlich auf Katalan stattfindet. Spanisch wird dann häufig nur noch im Sport- und Musikunterricht genutzt.

Man muss sich an dieser Stelle in Erinnerung rufen, das in allen spanischen Gebieten mit Regionalsprachen die spanischen Muttersprachler in der Mehrheit sind.

Nun kann man ja argumentieren, dass die Kinder ja wenigstens zu Hause Spanisch sprechen können. Das tun sie auch. Aber eine Sprache sprechen oder sie als sogenannten Kultursprache (dazu gehört u.a. Rechtschreibung, Grammatik etc.) zu beherrschen ist ein großer Unterschied. Wer nur "zu Hause" oder auf der Straße Spanisch lernt, kann akzentfrei Bestellungen als Kellner aufnehmen, aber sonst? Auch Sprache ist ein "Framing".

Die Interessen hinter diesem Pakt für das LOMLOE:

PSOE und Podemos: Die wollen regieren, die Schüler armer Eltern sind ihnen egal, ihre eigenen Kinder können ja zur concertada (Man erinnere sich an die SPD-Ministerin Schwesig - wo schickt die Ihr Kind hin? Auf die Privatschule [2]). Mit anderen Worten: Mein Kind leidet nicht unter meiner Politik!

PP, Cs etc: Mit dem Angriff auf die Concertada durch das LOMLOE wird ihnen und der katholischen Kirche die Möglichkeit genommen, ihren Einfluß auf die Bildung wahrzunehmen. Die Sprachenpolitik ist ihnen im Prinzip häufig völlig egal, in Galicien betreibt die PP den gleichen sprachlichen Separatismus wie die katalanischen Separatisten. In Galicien wird eben galicisch immersiert.

ERC und die Separatisten: Sie haben die Möglichkeit, ihren Sprachzwang weiter auszuweiten und das für ihre separatistische und übertrieben nationalistische Indoktrination in der Schule zu nutzen.

Das Interesse aller beteiligten Parteien an spanischer Bildungspolitik zum Nutzen der Kinder der großen Masse der Spanier, ob spanisch, katalanisch, baskisch etc.? Dieses Interesse ist gleich Null oder Wert, vernachlässigt zu werden.

Aus dieser Misere hilft nur die Forderung für die Freiheit der Wahl der Unterrichtssprache durch die Eltern. Das wird von keiner spanischen Parlamentspartei gefordert, die wissen alle besser, wie der Unterricht auszusehen hat. Die Partei hat eben immer Recht. Man muss als Ausnahme die VOX erwähnen, die die Forderung nach freier Wahl der Unterrichtssprache unterstützt. Wie immer nutzen die Rechtsradikalen nur die Fehler der Politiker der Linken und der Mitte aus, um sich Stimmen zu verschaffen bei den Wahlen. Wie bei Corona. Da darf man nicht drauf reinfallen.

Eine linke Bildungspolitik ist nur möglich durch öffentliche Schulen, die Privatschulen überflüssig machen und jeden Sprachzwang vermeiden. Wer sein Kind nur auf Spanisch oder in einer Regionalsprache unterrichtet haben möchte, sollte dazu die gleiche Möglichkeit haben wie zu einer bi- oder trilingualen Erziehung.

Da werden alle Parteien schreien: Das ist zu teuer! Genau, stimmt ja. Der Militärhaushalt ist auf 4,6% angehoben worden. Da bleibt einfach kein Geld mehr für die öffentliche Bildungspolitik!

[1] https://www.elmundo.es/cataluna/2018/10/25/5bd0b25be2704e0e7e8b466f.html
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article168357621/Manuela-Schwesig-schickt-Kind-auf-Privatschule.html

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