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  • Goerlitzer

mehr als 1000 Beiträge seit 30.11.2007

Das Fragezeichen kann man sich schenken -"anti-deutsch sein" macht die PiS stark

Seit Jahrzehnten bereise ich Polen, - doch die Stimmung war noch nie so "anti-deutsch" wie in den letzten Jahren.

Die Ursachen:

1. Deutsche Konzerne sind in vielen Bereichen in Polen dominant. Die Polen - in der Mehrheit bis zur aktuellen Inflations-Verschärfung durchaus zufrieden mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung ihres Landes - wissen sehr wohl, dass die Löhne der Beschäftigten von Volkswagen, BSH, MAN, Viessmann usw. in Deutschland bei gleicher Produktivität rund 3mal so hoch sind wie die ihrer polnischen Kollegen. Sympathien für Deutschland bringt diese Konstellation nicht ein.

2. In Polen tätige deutsche Medienkonzerne mischen sich massiv in die polnische Innenpolitik ein. Nach der Re-Nationalisierung der zur Passauer Gruppe gehörenden "Polskapress", die rund 75% des Regionalzeitungsmarktes kontrollierte, hat sich die Situation zwar etwas entspannt. Springer-Ringier Polska ist aber weiterhin, u. a. mit der auflagenstärksten Tageszeitung und dem wichtigsten Nachrichtenportal, ein mächtiger "Player". In Erinnerung geblieben ist vielen Polen die Schmutzkampagne der Springer-Zeitung "Fakt" gegen den amtierenden Präsidenten Duda im letzten Präsidentschaftswahlen. Duda hatte einen Sexualtäter, der sich an seiner Tochter vergangen hatte, nach mehrjähriger Haft u. a. auf Wunsch der Familie begnadigt. Fakt titelte mit Foto in übergrossen Lettern: "Duda lässt diese Bestie frei".

3. Hinter der Sperrung von EU-Mitteln, zuletzt sogar aus dem Corona-Hilfsfonds, sehen viele Polen deutschen Einfluss. Dass die EU im Rechtsstaatsstreit mit immer neuen Anforderungen kommt, sehen viele als blosses Disziplinierungsinstrument.

4. Insbesondere durch die LGBT- und Migrationspolitik der EU sehen viele Polen ihr traditionelles Wertesystem in Frage gestellt. Schaut man genauer hin, ist es vor allem die Angst vor dem Zerfall der Familienstrukturen, die viele bewegt. Polen ist durch Auswanderung zwar bei weitem nicht so gebeutelt wie Litauen, Lettland, Bulgarien und Rumänien, aber gerade viele Ältere kennen die als schmerzhaft empfundene Erfahrung, dass man mit Kindern und Enkeln, die irgendwo in Grossbritannien, Italien oder Deutschland sitzen, nur noch per WhatsApp verkehren kann.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (02.08.2022 08:42).

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