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  • 1FC

mehr als 1000 Beiträge seit 02.02.2011

Freiheit…

Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.

(vermutlich) George Orwell

So abgedroschen dieses Zitat auch sein mag und wie oft es wahrscheinlich überall hingeklatscht wird, ich finde es wieder sehr aktuell. Leider.

Gleiches gilt in meinen Augen für das Zitat, welches Jean-Jacques Rousseau zugeschrieben wird:

Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern das er nicht tun muss, was er nicht will.

Vielleicht hat der Ein- oder Andere Lust sich das tatsächlich mal für einen kurzen Moment auf der Zunge zergehen zu lassen. Ich weiß daß solche Zitate gerne mal schnell aus der Kiste gekramt werden - oft ohne sie aber auf sich wirken zu lassen.

Aus dem Artikel zitiert:

Auch Meinungsstücke wie Glossen, Kolumnen und Kommentare dürften "scharf" sein, "persönlich verletzen sollten sie nicht". Zynismus, gezielte Provokation und "Graubereiche, die zu Missverständnissen einladen oder verleiten", seien zu vermeiden.

Dieser Satz für sich ist ja schon sehr bezeichnend. Eine Meinung (~Meinungsstück) ist eine Meinung und die ist frei, Punkt! Dieses, in meinen Augen eins der wichtigsten Grundrechte -nämlich die Meinungsfreiheit- wurde teuer mit viel Blut erkämpft. Dieses leichtsinnig herzugeben ist nicht nur eine Schande sondern auch ein Zeichen des nicht Verstanden habens.*
Ich gebe zu daß ich für meinen Teil in dem Punkt sehr extrem unterwegs bin - ich würde gar nichts zensieren, sofern es auch nur im Entferntesten eine Meinungsäußerung darstellt. Irgendein dämliches Getrolle ist nicht unbedingt eine Meinungsäußerung, ebenso plumpe Beleidigungen. Auch das ist klar.
Ich verstehe auch, daß zum Beispiel in privaten Foren wie diesem hier die Spielregeln des Hausherren sozusagen gelten. Wenn also „Herr Telepolis“ meint einen Beitrag löschen zu müssen ist das seine Sache. Ich kann hier nicht darauf bestehen, das ist klar. „Herr Telepolis“ muss sich allerdings klar sein was sein eigener Anspruch denn ist. Möchte er ein breites Meinungsspektrum abbilden, dann siehe oben die Zitate. Möchte er dies nicht hat er eine Filterblase geschaffen - dann zieht er aber auch entsprechendes Klientel an und hat dann eine Forensekte.
Der 2. Teil in dem Zitat aus dem Artikel ist in meinen Augen nicht wirklich realistisch und auch ein Stück weit weltfremd. Ich zitiere noch mal kurz den Teil:

Zynismus, gezielte Provokation und "Graubereiche, die zu Missverständnissen einladen oder verleiten", seien zu vermeiden.

Wie soll das denn funktionieren!? Provokation finde ich zum Beispiel manchmal ein gutes Stilmittel eine Diskussion zu befeuern (im positiven Sinne). Dann ist jeder Jeck anders, wie wir hier in Köln sagen.
Jeder individuelle Mensch sowieso, dann allein schon regionale Unterschiede. Ich glaube hier in Köln kann man einem mehr an den Kopf knallen als in anderen Teilen Deutschlands. Das nimmt dann hier auch keiner erst als eine etwaige Beleidigung oder dergleichen wahr, wo hingegen anderswo einer vermutlich denkt „was ist das denn für einer“. Also individuell, regional, dann überregional, dann sonstige Herkunft. Wenn einer zum Beispiel aus dem Ausland kommt oder mit einer anderen Kultur aufgewachsen ist, hat er möglicherweise (eher wahrscheinlich) eine andere Sichtweise auf gewisse Dinge. Gleiches gilt für die sogenannten sozialen Schichten. Bildung, Erziehung etc. Wer will denn allen Ernstes seriöse Spielregeln aufstellen. Eine gesunde Demokratie muss ja wohl auch mal einen „Graubereich“ aushalten können. Eh besser als alles nur schwarz oder weiß zu sehen.

Genau DAS macht es doch aus! Ich für meinen Teil liebe das. Wenn ich nur eine Meinung hören will und auch nicht bereit bin meine Meinung aufgrund einer überzeugenderen zu überdenken, dann kann ich auch in die Kirche gehen…oder zu Impfgegnern ;)

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir müssen all den Menschen klar machen, die dem Zensurwahn verfallen weil sie davon ausgehen (von zu Hause mitbekommen haben?) sie tun das „Richtige“/„Gutes“, daß aber genau diese vermeintliche „Korrektheit“ zu Selbstzensur, Unfreiheit und Intoleranz führt. Also alles andere als korrekt.

Damit möchte ich gerne mit folgendem Zitat schließen:

“Solange wir um die Freiheit kämpfen mussten, kannten wir unser Ziel. Jetzt haben wir die Freiheit und wissen gar nicht mehr so genau, was wir wollen.“
(Václav Havel)

In diesem Sinne, lasst euch nicht verbiegen, Baxter
——————————-
* Zum Beispiel wie diese „Ich hab nichts zu verbergen“-Fraktion. Jeder hat etwas zu verbergen, wenigstens seine Privatsphäre. Denn ohne Privatsphäre keine Meinungsfreiheit.

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