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mehr als 1000 Beiträge seit 09.08.2002

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>> Aber, wie gesagt: 200 000 Widerstandskämpfer hätten die Besatzer
>> längst vertrieben.

Na ja, Du musst bedenken, dass die irakischen Kämpfer auch mit
200.000 oder gar 400.000 Mannes im Endeffekt im direkten Kampf mit
der technisch hochgerüsteten US-Armee nicht aufnehmen können ohne
massive Verluste hinnehmen zu müssen. Kein Feldherr (und den muss man
im Irak erstmal suchen) würde den Wahnsinn begehen sich auf ein
One-Way-Ticket einzulassen. Genau dieses wäre aber eine Offensive
gegen die Besatzer. Es gäbe nur einen Versuch, kein Nachschub aus
Übersee für irakische Kämpfer. Würde die Offensive fehlschlagen, wäre
es gleichzeitig die letzte irakische Offensive gewesen. Bis eine neue
Generation Kämpfer heranwächst vergeht eine gewisse Zeit. Und die
vielbeschworene und befürchtete Mujahedinunterstützung aus den
Ausland halte ich grösstenteils für eine Propagandalüge.

Nein, es geht darum den Feind langsam zu zermürben, ihn im Unklaren
zu lassen über die wirkliche Kampfstärke des Gegners. Nichts ist in
einem Krieg gefährlicher als jegliche Form von fehlenden oder gar
falschen Informationen die Kampfstärke und Strategie des Gegners
betreffend. Das frustriert unheimlich und senkt die Moral. Gestern
die angeblich letzte Rebellenhochburg ausgeräuchert (verdammt wenig
Widerständler dort *kopfkratz - sind wir hier richtig ?*) und am
nächsten Tag geht es mitten in Baghdad los. Momentan beobachte ich im
Irak eine altbekannte Taktik, genannt "Hase und Igel": Man scheucht
den Gegner durchs Land, oder lässt sich (scheinbar) von ihm
scheuchen. Ein Auftaucheffekt, wie der des Igels im bekannten Märchen
findet durch vereinzelte Kampfgruppen in einem Muster statt, das
entweder zufällig gewählt, oder bei "moderneren" Armeen eigens durch
Psychologen erarbeitet wird. Idealerweise wird bei der "Hase und
Igel"-Taktik so vorgegangen, dass der Gegner dazu gezwungen wird
Truppenbewegungen durchzuführen, die seine Logistik extrem
beanspruchen. Dadurch verursacht man Kosten und Nachschubprobleme.

Möglichkeiten im Guerillakampf selbst den technisch hochgerüstete und
weit überlegene Truppenverbände zu zermürben und somit den Krieg auf
lange Zeit für sich zu entscheiden gibt es viele. Hit&Run-Attacken,
wie Anschläge auf gegnerische Einrichtungen, die keinem
nachvollziehbaren Muster folgen, sind wohl so ziemlich der schlimmste
Albtraum der "modernen Kriegsführung". Weshalb wohl versucht eine
Partei eines Krieges möglichst keine feindlichen Kämpfer hinter die
eigenen Linien gelangen zu lassen ? Hier haben wir die Antwort. Ein
weiterer Punkt ist die Zeit. Je länger ein Krieg dauert, desto mehr
Geld und Ressourcen kostet er. Und die Kosten sind kein fixer Betrag,
der jedes Jahr in gleicher Höhe fällig wird, sondern es wächst ein
Sockelbetrag an Kosten, der die Kosten exponentiell ansteigen lässt.
Es wird mit der Zeit also RICHTIG teuer.
Dazu kommt noch ein negativer Effekt eines langen Krieges. Bei den
Soldaten kehrt eine Art Routine ein, die den alltäglichen Wahnsinn
zum "business as usual" werden lässt. Dies führt zu Unvorsichtigkeit
und allgemeinem Moralverfall bei der Truppe.

Zudem spielt die Zeit den irakischen Kämpfern in die Hand. Immer mehr
Iraker solidarisieren sich mit den Widerständlern und die eh schon
miserable Akzeptanz der Besatzer unter den Irakis wird endgültig im
Sand vergraben.

All das sind doch, wie Du sicher zugeben musst, weitaus bessere
Strategien, als alle irakischen Kämpfer zum endgültigen Jihad zu
rufen und eine Grossoffensive zu starten, bei der die Amis dann u.U.
ihre neueste Weltbefriedungssuperduperwaffe zum Einsatz bringen. Nöö,
datt läuft schon so wie es soll.

Gruss

alionsonny

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