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  • KatiH

mehr als 1000 Beiträge seit 13.07.2000

Re: Trump wird mit dieser "Enthüllung" keine Wähler verlieren

TroyMcLure schrieb am 29.09.2020 17:08:

Vorgeschichte:
Auf einem größeren Kongress vor einigen Jahren erlebte ich einen Vortrag eines US-Amerikaners in dem er vom eigentlichen Thema (langweilig) auf seine Leidenschaft des Oldtimer-Restaurierens umschwenkte und reihenweise alte italienische Sportwagen vorstellte, welche er so gesammelt und aufgebaut hatte. Beiläufig erwähnte er dass er sich all das nur leisten könne, da er seit Jahren keine Steuern zahlte und dass dies ja sowieso niemand machen würde.

Am Abend an der Bar entbrannte heftige Debatten zwischen dem Pro-Steuern-Lager (geführt von den Skandinaviern) und dem Contra-Steuern-Lager (maßgeblich geführt von Engländern und US-Amerikanern) - trotz viel Alkohol kam es zu keinem Kompromiss.

Meine Lehre daraus:
es gibt - insbesondere in UK/USA - nicht wenige Menschen für die es absolut in Ordnung ist viel zu verdienen und keine Steuern zu zahlen. Sie prahlen damit in der Öffentlichkeit, sie haben keinerlei schlechtes Gewissen. Jeder Steuerzahler ist für sie ein Idiot.

Für viele Europäer - nicht nur die Skandinavier - sind ein soziales Netz und Wohlfahrt Aufgaben des Staats. Dafür werden Steuern eingesetzt, alle zahlen nach den selben Regeln ein, der Staat entscheidet über die Verwendung.

Für viele Amerikaner ist so ein "aufgeblähter" Staat ein Abltraum, sie sehen da vor allem die Bürger in der Pflicht. Das mag auch mit der Eroberung des Kontinents von Ost nach West durch Pioniere und Farmer zu tun haben: da gab es auch kein soziales Netz, Nachbarn mussten irgendwie sich gegenseitig helfen. Die Idee ist also, dass das was der Amerikanern an Steuern nicht zahlt, irgendwie in Soziales fließt.

Auch der Oldtimer-Fan aus deinem Beispiel wird das so gesehen haben, denn schließlich gibt er mit seinen gesparten Steuern ein paar ärmeren Leuten einen Job (und damit ein Einkommen) als Mechaniker, etc.

Zwei sehr unterschiedliche Einstellungen, beide haben Vor- und Nachteile.

Und nun der Bezug zum Artikel: auch wenn für uns schwer verständlich, aber in den USA wird Trump mit dieser "Enthüllung" keine Wähler verlieren. Das macht dort Jeder der die Möglichkeit hat.

Ich gebe dir insofern Recht, dass das Thema vielleicht nicht so schwer wiegt, wie es von hier aus Europa scheinen mag. Auch das mit dem Pussy-Grapschen vor 4 Jahren war nicht der erwartete große Aufreger. Ein bisschen Doppelmoral, ein bisschen Rassismus ist schon okay, man sollte sich halt nicht dabei ertappen lassen. Aber was Trump da in den letzten 4 Jahren vom Stapel gelassen hat, geht manchen konservativen Amerikanern dann doch zu weit. Das mögen nicht viele sein, aber es reichen ja schon solche geringen Verschiebungen, die über Sieg oder Niederlage in den Swing States entscheiden.

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