In jedem Bericht weist das IPCC darauf hin, dass die seit 1850 ansteigende CO2-Konzentration seine anthropogene Ursache nicht nur in der aufkommenden fossilen Industrialisierung hat, sondern eine weitere anthropogene Ursache die Entwicklung der Weltbevölkerung darstellt. Die Relevanz der Weltbevölkerungsentwicklung ist dabei nicht weiter verwunderlich, da schließlich jeder Mensch Nahrung, Kleidung, Wohnung und Energie in diversen Zusammenhängen benötigt, was immer mit einer gewissen CO2-Emission verbunden ist. Und die Zahl der Menschen hat seit 1850 ebenfalls eine exorbitante Entwicklung genommen. Lag die Weltbevölkerung im Jahr 1850 noch bei rd. 1,3 Mrd. Menschen, versechsfachte sie sich seit 1850 im Laufe von 170 Jahren (2020) auf 7,8 Mrd. Menschen. Das ist ein Anstieg um 6,4 Mrd. Menschen bzw. rd. 500%. 1850, also am Beginn der Industrialisierung, summierten sich die anthropogen verursachten CO2-Emissionen laut IPCC aus Industrie und Landnutzung auf 2,7 Mrd. t, im Jahr 2019 lagen sie bei 43 Mrd. t. Die Emissionen waren damit in 2019 gegenüber 1850 fünfzehnfach größer (Anstieg um 1400%).
Eine einfache überschlägige Rechnung ergibt, dass der Anstieg der CO2-Emissionen allein durch den seit 1850 erfolgten Bevölkerungsanstieg konservativ gerechnet bei mindestens 40% liegt. 1850 lag die Bevölkerungszahl bei rd. 1,3 Mrd. und die emittierte anthropogene CO2-Tonnage bei 2,7 Mrd. t im Jahr, das macht ein Pro-Kopf-Budget von 2,2 t/p.a. Unterstellt man, dass die in den folgenden 170 Jahren hinzugekommenen 6,4 Mrd. Menschen auf demselben CO2-Emissionsniveau von 2,2 t/pro Kopf und Jahr gelebt haben wie 1850, ergibt sich bei einer rein aus dem Bevölkerungszuwachs bedingten Menge (+6,4 Mrd. Menschen x 2,2 t/pro Kopf) von 17,1 Mrd. t ein Anteil von 40% (17,1 von 43 Mrd.t in 2019).
Wie das IPCC konstatiert, sind die Haupttreiber des anthropogenen CO2-Anstiegs das Wachstum der Bevölkerung und das der Wirtschaft und beide Faktoren spielen bei allen Szenarien des IPCC bei der Frage der künftigen CO2-Entwicklung eine entscheidende Rolle. Für 2050 prognostiziert die UN 9,1 Mrd. Menschen und für das Jahr 2100 9,3 Mrd. Menschen, also gegenüber 2020 nochmals ein Anstieg um 17% bzw. 19%. Die Politik muss die Frage beantworten, ob eine sich selbst überlassene Bevölkerungsentwicklung hinzunehmen ist und dadurch die globalen Bemühungen zur Dekarbonisierung konterkariert werden oder ob eine weiter wachsende Bevölkerung aufgrund technischer Innovationen mit den Bemühungen um Dekarbonisierung kompatibel ist, wie die Autorin hofft. Bis zum Jahr 2050, also innerhalb von 30 Jahren, sollen zur Erreichung des 2°C- bzw. 1,5°C-Ziels die CO2-Emissionen aus Industrie und Landnutzung von heute rd. 40 Mrd. t auf null heruntergefahren bzw. durch entsprechende Maßnahmen neutralisiert werden. Das wiederum soll bei einem gleichzeitigen Anstieg der Weltbevölkerung bis 2050 um 1,3 Mrd. Menschen erreicht werden (bis 2100 +1,5 Mrd.).
Bezieht man den zu erwartenden weiteren Bevölkerungszuwachs von 1,3 Mrd. Menschen bis 2050 mit ein (das sind im Übrigen so viel wie im Jahr 1850!) und legt wiederum konservativ eine pro-Kopf-Emission von 2,2 t/p.a. CO2 zugrunde, müssen nicht nur die aktuellen CO2-Mengen von rd. 40 Mrd. t abgebaut werden, sondern zusätzlich auch die populationsbedingt weiteren 2,9 Mrd. t zusätzlich vermieden werden (2,2 t/pro Kopf x 1,3 Mrd. Menschen). Da die heutigen und künftig zusätzlichen Menschen ihr Leben aber nicht auf dem Niveau von 1850 verbringen werden, sondern am Wohlstand (wie in der industrialisierten Welt) durch eigene Industrialisierung und/oder Migration partizipieren wollen bzw. werden, wird die bis 2050 zusätzlich (zu den heutigen rd. 40 Mrd.t) zu vermeidende CO2-Emission weit über 2,9 Mrd. t/p.a. liegen, bei heute weltweit durchschnittlich 5 t/pro Kopf zusätzlich 6,5 Mrd.t.