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  • /Rak

mehr als 1000 Beiträge seit 26.10.2001

Re: Deshalb mit Vorsicht zu genießen

knarr schrieb am 11.02.2024 10:44:

Bitte dabei bedenken, dass nach einer Suchtproblematik mit Alkohol eine Totalabstinenz Voraussetzung für die Bewältigung bleibt.

Für manche Menschen mag das wohl so gelten. Vor allem, wenn sie generell eine besonders starke Suchtneigung und eine nicht sonderlich starke Persönlichkeit haben und auch sonst noch weitere ungelöste Probleme haben im Leben, da ist dann gar nichts mehr trinken wohl die beste Lösung, genau wie auch die Finger von allen anderen Substanzen zu lassen, die einen Einfluss auf den Dopaminhaushalt haben können. Also nicht nur von Alkohol. Und diese Klientel muss dann auch bei nichtstofflichen Süchten wie dem Spielen aufpassen.

Ansonsten ist Alkoholismus in aller Regel eben meist keine "losgelöste Sucht", sondern vielmehr meist lediglich nur ein Symptom einer ganz andern Problematik. D.h. Mensch trinkt dann nicht um einfach nur zu trinken, sondern um z.B. den Druck im Job zu ertragen, die gewalttätige Ehe zu ertragen, um eine schmerzhafte Trennung oder den Tod eines Angehörigen zu vergessen, um eine Vergewaltitung und deren psychische Folgen zu vergessen. Und sei es nur um die Ödnis und das langweilige Leben einer von ihrem Mann abhängigen Hausfrau zu ertragen. Was auch immer. Und genau da bringt dann auch eine reine Abstinenz nicht wirklich dauerhaft was, der Rückfall ist eigentlich schon vorprogrammiert, solange die Grundlegende Problematik nicht gelöst ist.

Ansonsten ist neben einer Totalabstinenz eigentlich eher ein "kontrolliertes" Trinken zielführend, bei dem man eben den Alkohol nicht ganz weg lässt aus seinem Leben. Aber eben langsam (und unter fachlicher Begleitung) lernt, wieder "ganz normal" zu konsumieren. Wobei man das "normal" nicht direkt an einer bestimmten Trinkmenge festmachen kann, die man pro Woche so konsumiert, auch wenn das natürlich erst mal der Weg da hin ist.
Aber wichtig ist in diesem Zusammenhang immer auch die psychologische Begleitung - und dass man wieder lernt den Alkohol ganz normal und vor allem bewusst als Genussmittel zu nutzen - dass man aber eben genau nicht Alkohol trinkt um Probleme zu vergessen oder um Probleme zu verdränge, sondern dass man lernt diese Probleme dann auch gezielt anzugehen.

Und ich persönlich kenne persönlich mehrere Menschen, die z.B. nach einer Scheidung oder nach einem Zusammenbruch ihres Unternehmens mehr oder weniger "in der Flasche gelebt" haben und auch dadurch dann erhebliche Probleme im Alltag bekommen haben (wie Fahrverbot wegen 0,6 Promille.. weil sie ständig bisschen "Gas hatten" nach 12 Uhr), aber die haben dann irgendwann auch die Kurve gekriegt nach einer entsprechenden Therapie. Und trinken jetzt z.B. bei einer Familienfeier wieder ihre zwei oder drei Gläser Wein zum Essen und beim beisammen sitzen am Abend (und nehmen dann auch das Taxi) und die trinken auch mal zuhause alleine ein Glas Rotwein am Abend oder ein Bierchen, aber eben nicht mehr. Ohne dass da sofort die Gier nach mehr kommt. Aber die haben dann eben mittlerweile auch einen neuen Partner im Leben. Und den Zusammenbruch des eigenen Unternehmens überwunden und nun einen gut bezahlten Job in einem größeren Konzern.

Hängt also wirklich immer von den Menschen ab und von den Umständen.
Nur ohne fachliche Hilfe geht es meist nicht, wenn sich denn mal eine Sucht entwickelt hat. Und damit meine ich nicht irgendwelche anonymen Selbsthilfegruppen, die gern mal pseudoreligiöses Zeug in 12 Punkten verbreiten. Ich meine schon wirklich fachliche medizinische und psychologische Hilfe, von Menschen, die auch entsprechend ausgebildet sind und die sich auch weiterbilden. Und eben nicht auf dem Status des 19. Jahrhunderts stehen geblieben sind.
Nebenbei ist zwar ein hoher Konsum zwar immer und stets riskant - vor allem gesundheitlich, denn Alkohol ist eben ein Zellgift, das vor allem in hoher Konzentration sehr wohl auch mal zu direkten körperlichen Schäden (vor allem an den Schleimhäuten) führt - aber ein hoher Konsum ist eben nicht immer auch automatisch ein Zeichen von Sucht. Auch da muss man genauer hin schauen auf den Einzelfall und die Psyche usw - und wie derjenige dann ohne Alkohol klar kommt und ob er vor allem irgendwelche psychische Entzugserscheinungen zeigt (die normal schon vor den körperlichen Bemerkbar werden).

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (11.02.2024 17:49).

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