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  • Obergefreiter Dorfl

mehr als 1000 Beiträge seit 13.09.2007

Wir wissen schon, dass wir sterben

Was den Menschen gegenüber den Tieren auszeichnet, ist seine Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen. Damit kann er Strategien entwickeln, z. B. für eine Treibjagt, wo die Treiber das Wild auf die versteckten Jäger treiben.

Gerade die Landwirtschaft ist ein Indiz, dass sich schon unserer Vorfahren ihrer Sterblichkeit (Verhungern im Winter) bewusst waren, da ein Bauer deutlich mehr Zeit und Arbeit in eine Mahlzeit investieren muss, als ein nomadisierender Jäger, der morgens nur auszieht, wenn sein Magen knurrt.

Die Religionen sind der Beweis, dass sich praktisch alle Menschen auf ihren Tod vorbereiten. Da der Tod unausweichlich ist, bemüht man sich um das, was danach kommt und um Götter, die über dem Tod stehen. Es gibt mit Sicherheit nicht einen Christlichen Gottesdienst, in dem nicht mindestens einmal vom Tod die Rede ist - selbst bei Hochzeit oder Taufe.

Es hat allerdings überhaupt keinen Sinn, sich seinen drohenden Tod ständig aktiv vor Augen zu halten, wenn man nichts dran ändern kann. Bis es soweit ist, kann - und muss - man weiterleben, selbst mit Krebs, im Krieg oder im KZ. Von denen, die durchgehalten und überlebt haben, stammen wir ab. Die, die seinerzeit vor dem Säbelzahntiger in Schockstarre gefallen sind, oder vor Angst Selbstmord begangen haben, sind aus dem Genpool entfernt. Wie schon andere erwähnt haben: Der Tod betrifft nur die Anderen - das gilt das ganze Leben lang.

Das wir deshalb den Tod anderer anders wahrnehmen, als unseren eigenen, ist logisch. Interessant wäre der Unterschied in der Wahrnehmung eines beliebigen Todes und dem eines nahestehenden Menschen, besonders wenn man die Chance zur Beeinflussung hat.

Unser Hauptproblem ist, dass die Welt komplizierter und indirekter geworden ist. Deshalb ängstigt uns ein Wolf im Nachbarwald auch mehr, als die Zerstörung der Natur oder die Verseuchung der Meere durch Mikroplastik, das wir gar nicht erst in Zusammenhang mit unserem Konsumverhalten sehen. Um den Klimawandel und seine drohenden Folgen zu verstehen, muss man noch mehr um die Ecke denken. Auf jeden Fall fühlen wir uns davon nicht direkt bedroht.

Die später betroffenen Kinder - ganz besonders Enkel - können eine Inspiration sein. So lange sie klein sind und offensichtlich Schutz bedürfen ist man eher bereit, sich für ihre Zukunft einzusetzen - sofern die Propaganda einen nicht bei der Verdrängung hilft und man den Kleinwagen in China für eine größere Bedrohung hält, als das eigene SUV. Auf jeden Fall sehe ich inzwischen zumindest in meinem linksgrünversifften Umfeld die Bereitschaft zum eigenen Verzicht. Auch wenn der Chinese CO2 emittiert, kann der Deutsche trotzdem das Fahrrad nehmen.

Deshalb ist es gut, wenn sich die Schüler bemerkbar machen und diesen Denkprozess am laufen halten. Und deshalb misstraue ich Politikern ohne Kinder ganz besonders, weil sie immun gegen solche Gefühle sind.

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