B.Eckstein schrieb am 23. Juni 2008 05:39
> Nationalismus? Also bitte, zwischen Nationalismus und einem bisschen
> nationalen Selbstbewusstsein ist ein deutlicher Unterschied. (Ich
> will jetzt nicht Godwins Law bemühen ;-) Diese Diskussion hatte man
> schon zur WM. Hier hat D-Land ein geschichtlich bedingtes Problem,
> dass ein nationales Selbstbewusstsein, wie es in anderen Ländern
> selbstverständlich ist, nicht gibt. Unabhängig davon, ob ich dies für
> gut oder falsch halte (ich persönlich habe eher ein europäisches
> Selbstverständnis), ist es wohl kaum als politisch zu werten.
Ein kleiner Beitrag zur Nationalismus-Debatte: Die Deutschen scheinen
mir tatsächlich ein Problem mit ihrer Nation zu haben, aber anders
als Du das darstellst. Ich hatte hier in Basel eine Menge
Gelegenheit, mir die verschiedenen Fangruppen anzuschauen (habe die
meisten Spiele in den Fanzonen verfolgt).
Beobachtet habe ich dabei folgendes: Bei niemand anderem - nichtmal
bei den doch recht fanatischen Türken - richtet sich das
Nationalbewusstsein derart GEGEN "die Anderen". Türken, Portugiesen,
Holländer, Spanier und Schweizer mögen genauso ihre Fahnen schwenken
und den Namen ihres Landes gröhlen. Aber nur bei den Deutschen
scheint sich dieses "Nationalbewusstsein" ausschliesslich von der
Abgrenzung von den anderen zu nähren. Portugiesen gröhlen und jubeln
besonders laut, wenn sie anderen Portugiesen begegnen. Deutsche
gröhlen und jubeln dann, wenn ihnen nicht-deutsche Fangruppen über
den Weg laufen. Wohl niemand ausser den Deutschen würde auf die Idee
kommen, nach einem Spiel, an dem die Deutschen garnicht beteiligt
waren (Schweiz-Türkei) fahnenschwenkend durch die Fanzone (an den
nach Hause schleichenden deprimierten Schweizern vorbei) zu
paradieren und "Deutschland wird Europameister" zu gröhlen. Die
wichtigste Freude vieler Deutscher Fans scheint mir nicht die Freude
über den eigenen Sieg, sondern die Schadenfreude über den Verlust der
anderen zu sein.
Die schwarz-rot-goldene Begeisterung wirkt um so erstaunlicher, wenn
man in Betracht zieht, das viele Deutsche in "normalen Leben" nicht
allzuviel von ihrem Land zu halten scheinen. Ein (Zitat) "nationales
Selbstbewusstsein", dass ausschliesslich dann ausgepackt wird, wenn
es gilt sich nach Aussen abzugrenzen, und dass sich nicht primär als
ein "für" (die eigene Mannschaft, Nation) sondern vor allem als ein
"gegen" (die anderen Mannschaften - oder eben Nationen) versteht, hat
vielleicht mehr politische Bedeutung als Du ihm zugestehen willst.
> Nationalismus? Also bitte, zwischen Nationalismus und einem bisschen
> nationalen Selbstbewusstsein ist ein deutlicher Unterschied. (Ich
> will jetzt nicht Godwins Law bemühen ;-) Diese Diskussion hatte man
> schon zur WM. Hier hat D-Land ein geschichtlich bedingtes Problem,
> dass ein nationales Selbstbewusstsein, wie es in anderen Ländern
> selbstverständlich ist, nicht gibt. Unabhängig davon, ob ich dies für
> gut oder falsch halte (ich persönlich habe eher ein europäisches
> Selbstverständnis), ist es wohl kaum als politisch zu werten.
Ein kleiner Beitrag zur Nationalismus-Debatte: Die Deutschen scheinen
mir tatsächlich ein Problem mit ihrer Nation zu haben, aber anders
als Du das darstellst. Ich hatte hier in Basel eine Menge
Gelegenheit, mir die verschiedenen Fangruppen anzuschauen (habe die
meisten Spiele in den Fanzonen verfolgt).
Beobachtet habe ich dabei folgendes: Bei niemand anderem - nichtmal
bei den doch recht fanatischen Türken - richtet sich das
Nationalbewusstsein derart GEGEN "die Anderen". Türken, Portugiesen,
Holländer, Spanier und Schweizer mögen genauso ihre Fahnen schwenken
und den Namen ihres Landes gröhlen. Aber nur bei den Deutschen
scheint sich dieses "Nationalbewusstsein" ausschliesslich von der
Abgrenzung von den anderen zu nähren. Portugiesen gröhlen und jubeln
besonders laut, wenn sie anderen Portugiesen begegnen. Deutsche
gröhlen und jubeln dann, wenn ihnen nicht-deutsche Fangruppen über
den Weg laufen. Wohl niemand ausser den Deutschen würde auf die Idee
kommen, nach einem Spiel, an dem die Deutschen garnicht beteiligt
waren (Schweiz-Türkei) fahnenschwenkend durch die Fanzone (an den
nach Hause schleichenden deprimierten Schweizern vorbei) zu
paradieren und "Deutschland wird Europameister" zu gröhlen. Die
wichtigste Freude vieler Deutscher Fans scheint mir nicht die Freude
über den eigenen Sieg, sondern die Schadenfreude über den Verlust der
anderen zu sein.
Die schwarz-rot-goldene Begeisterung wirkt um so erstaunlicher, wenn
man in Betracht zieht, das viele Deutsche in "normalen Leben" nicht
allzuviel von ihrem Land zu halten scheinen. Ein (Zitat) "nationales
Selbstbewusstsein", dass ausschliesslich dann ausgepackt wird, wenn
es gilt sich nach Aussen abzugrenzen, und dass sich nicht primär als
ein "für" (die eigene Mannschaft, Nation) sondern vor allem als ein
"gegen" (die anderen Mannschaften - oder eben Nationen) versteht, hat
vielleicht mehr politische Bedeutung als Du ihm zugestehen willst.