Einsicht ist mehr als eine Sicht schrieb am 26.03.2022 22:01:
Da ich einen Master in Europäischen Studien gemacht habe, könnte ich sehr weit ausholen.
Um es möglichst kurz zu machen. Das Thema wurde im Studium sehr viel besprochen und es herrschte Einigkeit darin, dass es noch ein erhebliches Demokratiedefizit gibt. Allerdings lässt sich auch nicht vollständig beseitigen.
Ok, wenn es ein erhebliches Demokratiedefizit gibt, dann ist es nicht demokratisch. Aber wie würdest du dann diese Herrschaftsform bezeichnen?
Kleine Länder wie beispielsweise Malta haben ein völlig unverhältnismäßiges Stimmgewicht, hätten sie jedoch, würden sie de facto ihrer Souveränität in wesentlichen Punkten beraubt.
Das von dir erwähnte Stimmgewicht resultiert aber aus der Macgfülle des Rats (s.u.) .
Angesichts der Machtfülle der Kommissionspräsidentin wäre eine europäische Direktwahl überfällig.
Die Ratsmitglieder sind hingegen demokratisch legitimiert, weil sie Repräsentanten der Nationalregierungen sind. Das ist bei uns mit dem Bundesrat nicht anders.
Der Vergleich ist gut, aber man sollte bedenken, dass hier der Rat (quasi eine Staatenkammer) eine unverhältnismäßig große Machtfülle besitzt, die de facto viel größer ist, als die des Bundesrats.
Dem gegenüber steht das Parlament (quasi die Bürgerkammer), dass eigentlich das ausgleichende Element sein und durch die direkte Wahl der Parlamentarier den direkten Willen der Bürger repräsentieren sollte, welches aber in seinen Kompetenzen und Einflussmöglichkeiten extrem beschnitten ist. Zu den ausgeklammerten Themen gehören unter anderem auch die EU Außen- und Sicherheitspolitik, das Wettbewerbsrecht und natürlich das Vorschlagsrecht für die Besetzung der Kommission.
Das wäre dann so - um dein Bild nochmal zu bemühen - als ob der Bundesrat unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag die Mitglieder der Bundesregierung vorschlägt.
Man darf daher meiner unmaßgeblichen Meinung nach zurecht feststellen, dass der direkte Bürgerwille in der EU stark unterrepräsentiert ist. Es handekt sich bei der EU (wenn man den Einfluss der Parteien in den einzelnen Mitgliedsländern noch mitberücksichtigt) also eher um eine Oligarchie.