Ich kann dem Titel voll und ganz zustimmen. Ich habe mein Studium über den 2. Bildungsweg nachgeholt, was sich mit dem Zeitraum überschnitt in dem auch die Hochschulfreife um ein Jahr verkürzt wurde. Gleichzeitig hat die Uni an allen Ecken und Enden sparen sollen bzw. wollen, so auch an Personal vom Professor bis hin zur studentischen Hilfskraft. Der überalterten Stammbelegschaft fehlte es an Kompetenz, Motivation aber auch schlicht an Mitteln die stetig wachsenden Probleme zu bewältigen. Als studentische Hilfskräfte wurden gezielt Studis eingestellt, die schon auf irgend eine Weise berufliche Erfahrung für die jeweilige Aufgaben hatten, diese aber formal nicht nachweisen konnten. Der formale Wert ausländischer Ausbildungen (auch akademischer) sowie Berufserfahrungen und selbst der hiesigen dualen Berufsausbildung ist in der akademischen Personalverwaltung bei der Bestimmung des Entgelts gleich null. Ich habe von der Uni eine Entgeltanpassung (SHK-Entlohnung lag ein paar cent über dem Mindestlohn) gefordert, mit dem Hinweis Tätigkeiten auszuführen die meinem Ausbildungsberuf entsprechen. Antwort der Personalstelle: Ich hätte ja gar keinen Berufsqualifizierenden Abschluss den sie anerkennen würden (Einfach mal so den Facharbeiterbrief entwertet). Eine Kollegin ist direkt den Rechtsweg gegangen - mit Erfolg (für sie). Reaktion der Uni: Stundenkürzung (=Lohnkürzung) für alle studentischen Hilfskräfte. Weniger gearbeitet wurde in der Praxis aber nicht, denn eine anständige, juristisch sichere Zeiterfassung gab es natürlich nicht und die Arbeitsverträge waren natürlich auch immer nur befristet. Vor diesem Hintergrund gestaltete sich auch die gewerkschaftliche Organisation schwierig. Gewerkschaften und vor allem der Personalrat konnten oder wollten (so genau lässt sich das nicht sagen) nur die Interessen der Stammbelegschaft vertreten. Studium, Arbeit und dann auch noch Arbeitskampf zu führen erfordert eine Selbstaufopferung, die ich leider nicht leisten konnte (habe es immerhin versucht).
Wer sich fragt warum ich den ganzen Blödsinn trotzdem mitgemacht habe:
- Die Tätigkeit an sich hat tatsächlich Spaß gemacht
- Die Räumliche Nähe zwischen Studienort und Arbeitsplatz war sehr praktisch
- Mein unmittelbarer Vorgesetzter war selbst fachlich sehr versiert und äußerst umgänglich.
Letzterer hat dann auch irgendwann gekündigt, wie es an dieser Uni bei fachlich kompetenten Personal früher oder später üblich zu sein scheint. Ab da bin ich dann auch raus. Hat sonst eh keiner Verstanden was ich da technisch überhaupt mache - wobei trotzdem auch schon die nächste studentische Hilfskraft mit formal nicht für anerkennungswürdig gehaltenen aber vorhandenen beruflichen Erfahrungen als Systemadmin parat stand.
Was im großen und Ganzen hinter vielerlei vergleichbarer Erfahrungen steckt, darüber kann man, wie bei so vielem, streiten. Ich bevorzuge derzeit folgende Erklärung, auch wenn dabei ganz schön weit ausgeholt wird:
Mit den Bolognareformen sollte das deutsche Ausbildungswesen "internationalen" (=angelsächsischen) Standards angepasst werden. Im Zuge dessen haben leider sowohl die (eigentlich gute) duale (Betrieb+Schule) Berufsausbildung als auch die akademische Hochschulausbildung stark gelitten. Internationale Standards sind an und für sich ja nichts schlechtes. Schwierig ist aber wenn die Erarbeitung dieser Standards einseitig erfolgt, deren Durchsetzung derartig radikal sind dass man von einem Systemwechsel sprechen kann und nebenbei auch noch tonnenweise Sparmaßnahmen mit durchdrückt. So musste viel zu viel bewährtes Federn lassen während bekannte Mängel des angelsächsischen Ausbildungssystems gedankenlos übernommen wurden - und jetzt haben wir den Salat. Akademische Forschung und Lehre leiden extrem unter der massiven Ökonomisierung (die in der gegenwärtigen Praxis von partikularen Profitinteressen getrieben und vielerlei ideologisch bedingten Fehlannahmen geprägt ist) und die klassischen Ausbildungsberufe leiden unter dem Mangel an Anerkennung der damit verbundenen Tätigkeiten sowie dem fragwürdigen Ziel die Berufsausbildung von Betrieb und Berufsschule in die (kaputt gesparten) Unis zu holen - vor allem im technischen Bereich.