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Re: ......nicht zuletzt wohl auch "Bereicherung" im eigentlichen Sinn des Wortes

Goerlitzer schrieb am 18.09.2018 18:47:

Natürlich haben viele Deutsche realisiert, dass in vielen Bereichen die Arbeitsleistung von Migranten einerseits preis-dämpfend wirkt und andererseits überhaupt ein Angebot in vielen Dienstleistungsbereichen schafft.

Der Volksmund nennt dies ein "Henne-Ei-Problem". Was war zuerst da: die immer billiger werdende Arbeit, damit immer weniger Attraktivität für die Einheimischen und damit fehlende Arbeitskräfte, oder kamen erst die Osteuropäer, haben weniger verlangt, dadurch die Arbeit entwertet, so dass keine Einheimischen mehr ranwollen?

Das Problem lässt sich mit dem richtigen Blickwinkel sofort auflösen: es sind NICHT die Polen und NICHT die Tschechen gewesen. Der Wunsch nach "billiger Arbeit" stand zuvorderst.

Zehntausende osteuropäische Frauen betreuen und pflegen deutsche Alte und Behinderte rund um die Uhr zu Hause. Ohne ihre Arbeitsleistung würde für die meisten dieser Pflegebedürftigen eine Heimunterbringung unumgänglich sein, was zu einem Anstieg des Beitragssatzes für die Pflegeversicherung führen müsste.

Oder man bildet die nötigen Betreuer einfach aus. Ja, das kostet was, und ja, die Pflegeversicherung geht ein Stück weit hoch. Oder vielleicht auch nicht, denn das Groß der Kosten entsteht durch völlig überzogene Betreuungspauschalen in den Pflegeeinrichtungen: die Unterbringung in ein 10qm-Zimmer (beheizt) und Mitnutzung von Duschen, Essräumlichkeiten etc plus Pflegekraft (3x am Tag Essen, 2x am Tag Windeln zu 15 Minuten Zeit pro Patient und Tag) kostet monatlich ein volles, gutes Monatsgehalt.

Ganz ehrlich? Wäre ich Gesundheitsminister, das erste, was ich täte, wären die privaten Pflegeeinrichtungen unter staatliche Aufsicht stellen. Da stoßen sich Privatinteressen gesund und das nicht zu knapp (die Pflegeindustrie macht Milliardenumsätze).

Zehntausende Ost- und letztens vor allem Südost-Europäer sitzen hinter dem Lenkrad deutscher LKW`s. Ohne ihre Arbeitsleistung würde das deutsche Gütertransport-System nicht funktionsfähig sein. Eine ausreichende Zahl deutscher Arbeitnehmer könnte aus anderen Berufsbereichen für diesen hoch-belastenden Job nur nach einer drastischen Lohnsteigerung angeworben werden, was wiederum auf alle möglichen Einzelhandels-Preise drücken würde.

Vielleicht fahren dann aber auch weniger halbleere 40-Tonner unsere Straßen kaputt, wer weiß?
Vielleicht verkläre ich ja die "gute alte Zeit": vor 20 Jahren fuhr nichtmalm ein Drittel aller heutigen LKW auf den Straßen. Und es ging trotzdem: ich bekam in Sachsen Milch aus Bayern und Brandenburg, in Ingolstadt hat man anderswo in der Republik gefertigte Halbzeuge und Instrumente in Audi-PKW verbaut, und, und, und. Es ging. Bei 2/3 weniger Schwerlastverkehr.
Heute haben wir "just-in-time-Produktion", die Läger dieser Nation sind mit Rädern versehen und fahren tagein, tagaus sinnlos durch die Republik

Auf diese Art Arbeitsplätze können Mensch und Umwelt verzichten.
Das, was dann noch übrig bleibt, kann dann wieder vernünftig entlohnt werden.

Zehntausende Ausländer arbeiten auf deutschen Baustellen. Der Geldschwemme-indizierte Bauboom wäre ohne ihre Arbeitsleistung gar nicht vorstellbar. Ohne ihn aber wäre Deutschland längst in eine Rezession abgeglitten.

Bauboom wie in Japan, was? In Japan arbeiten die meisten Arbeiter in der Baubranche. Da wird immer gebaut, immer, immer, immer. Damit immer gebaut wird, wird auch viel abgerissen. "Baue auf, reiße nieder, so hast du Arbeit immer wieder."
Damit kannst du aber keinen Staat machen. Bauen um des Bauens willen schafft Arbeit, aber keinen Wert. Und Arbeit ohne Wert ist wertlos. In diesem Falle auch noch schädlich, belastend und einfach komplett sinnlos. Weg damit.

Lustigerweise gibt's, anders als in Japan, bei uns praktisch keinen messbaren Fortschritt im Bau. Hier vor Ort werden 7 Kilometer Bundesstraße von 2 auf 4 Spuren ausgebaut. Es müssen 2 darüber laufende Brücken abgerissen und an die neue Lage angepasst werden. Außerdem wird eine Kreuzung so umgebaut, dass die Hauptader als Brücke drüberführen soll.
Der Spaß soll fast zweieinhalb Jahre dauern.
Mit der Kreuzung hat man angefangen, aber schon die Umgehung (einfach nur 20m daneben bauen, komplett unbebautes Land) hat schonmal 3 Monate gedauert.
Auch an einer Brücke ist man beschäftigt - dort ist man seit fast 4 Monaten damit beschäftigt, die Vorarbeiten für die zu gießenden Pfeiler zu leisten. Auf letzterer Baustelle sieht man nie mehr als 4 Mann rumlaufen, zu keiner Zeit.

Ich weiß nicht, wie das vor 30 Jahren war. Aber ich bin mir sicher, dass man so ein lächerliches Unterfangen in 10 Monaten umgesetzt hätte, da wäre in einem Monat die Umgehung gebaut, die beiden Brücken wären parallel bearbeitet worden und stünden nach 6 Monaten. Der schwerste Brocken ist der Umbau der Kreuzung. Die 6 Kilometer Bundesstraße macht man in 2 Monaten, im laufenden Betrieb.

Bei uns im Lande wird Zeit geschunden auf dem Bau, dass es wehtut. Und all das kostet teuer Geld, denn die Arbeiter wollen trotzdem bezahlt werden, die Maschinen sind trotzdem gemietet usw usf. Mit Langsamsarbeit Arbeitsplätze sichern gab's zuletzt in der DDR.

Deutsche Obst- und Gemüsebauern ebenso wie grosse Teile der Hotellerie und der Gastronomie sind hochgradig auf ausländische Hände angewiesen. Vieles könnte nicht mehr zur Verfügung gestellt werden bzw. würde deutlich teurer, wenn die Arbeitgeber nicht die Beschäftigung von Ausländern auf der Basis der EU-Entsenderichtlinie nutzen könnten.

Die ausländischen Hände kommen inzwischen nicht mehr: in Ostdeutschland beklagen sich die Bauern über ausbleibende Erntehelfer. Die Deutschen kommen nicht, weil sie nicht nach Kilo bezahlt werden und dafür bei Wind und Wetter hart arbeiten wollen und die Polen kommen nicht, weil sie inzwischen in der Heimat nur marginal weniger verdienen, dafür aber nicht bei Wind und Wetter hart arbeiten müssen.

Ganz ehrlich? Abgesehen von Betriebswirten und Bankern ist wohl der Landwirt die dritte Berufsgruppe, die vor allen Dingen vom Schmarotzen zu leben scheint. Wenn die Sonne scheint wird um Geld gebettelt, weil die Ernte vertrocknet. Wenn Regen fällt wird gebettelt, weil die Ernte nun feucht wird und schimmelt. Fällt der Schnee zu spät, wird, richtig, gebettelt, weil die Ernte nun weniger groß ausfällt. Und gibt's Hagel oder sonstige Unbillen des nicht zu bändigenden Wetters wird wieder gebettelt, weil Betteln des Bauern Volkssport ist.
Bei solch einer Einstellung ist es ein Wunder, dass nach wie vor überhaupt irgendwas auf deutschem Boden gedeiht - die Landwirte verbrauchen all ihre Kraft damit, Bittschreiben zu verfassen, statt mit dem Traktor auf den Feldern was zu schaffen. Und bezahlen will sowieso keiner was, da wird auf anderer Leute Kraft auch schmarotzt.

Das Bild des Landwirts hat sich bei mir in den letzten 5 Jahren erheblich verschlechtert - kein Jahr, in dem nicht gebettelt wird, um Ernteausfälle (real, vermutet, berechnet, gefühlt, ausgezirkelt oder vom Schamanen prophezeit) zu kompensieren.

Vielleicht müssen sie ja betteln, weil der Einzelhandel die Preise diktiert und nicht der Erzeuger. Aber das kann so auch nicht stimmen, wenn der Erzeuger ja subventioniert wird, wenn er eine bestimmte Menge Produkte liefert, kompensiert wird, wenn er weniger liefert und nur dann weniger Subventionen erhält, wenn er mehr produziert. Man könnte meinen, dass das o.g. Wetter vor allen Dingen Schützenhilfe leistet, um etwaige "Überproduktion der Ernte" auf wundersame Weise zusammendampfen zu lassen, damit statt weniger nun mehr Subventionen geleistet werden.

Fairerweise muss ich sagen, dass dieses Jahr die massenweis niedergebrannten Felder gerade im Osten der Republik erhebliche Schäden darstellen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (19.09.2018 00:54).

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