Das stimmt schon, dass in den letzten 100 Jahren bedeutend mehr Frauen berufstätig geworden sind. Was das für sprachliche Implikationen hat, möchte ich offenlassen. Eins ist aber klar: die Frauen haben die Macht ergriffen, ohne dass sie vorher die Sprache ändern mussten. Und im Osten der Republik, in dem Frauen vor der Wende viel häufiger als im Westen berufstätig waren, wurde die Berufsbezeichnung von Vertretern des weiblichen Geschlechts selbstverständlich in Anspruch genommen. "Ich bin Maurer". Punkt.
Das Standardgenus bezeichnet aber nicht nur Berufe sondern "Täterbezeichnungen" aller Art (also Begriffe für Menschen*, die eine Tätigkeit ausüben, z.B. "rufen" -> "Rufer" oder "laufen" -> "Läufer"). Es gibt noch viele weitere Bezeichnungen dieser Art, die schon im Althochdeutschen als genderneutral verstanden wurden.
Dazu zählen Begriffe wie "Freund", "Gast", "Nachbar" usw.
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/gendern-generisches-maskulinum-seit-jeher-in-gebrauch-laut-linguisten-18787526.html
*Edit: tatsächlich nicht nur Menschen sondern viel weiter gefasst: "Entitäten". So können "Teilnehmer" an einem Wettbewerb auch Tiere, Bilder oder Ideen sein, "Begleiter" können Himmelskörper, Wettererscheinungen oder Gefühle sein. Das macht das Standardgenus so mächtig in unserer Sprachfamilie.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (06.09.2023 21:40).