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  • müder Migrant

130 Beiträge seit 21.11.2018

Samsung und Sardellen. Was die Umfrage mit dem Wahlkampf zu tun hat

[...]eine in Südkorea durchgeführte Meinungsumfrage, über die in Hongkong erscheinende South China Morning Post berichtet. Demnach würde sich eine sehr deutliche Mehrheit der südkoreanischen Bevölkerung im Streit zwischen den USA und China auf die Seite Washingtons schlagen.

Die Umfrage wurde von der südkoreanischen Zeitung Joongang Ilbo in Auftrag gegeben, ein konservatives Blatt, das mit dem Samsung-Konzern verbunden ist.

Samsung hat ein Interesse daran, daß die US-Sanktionen gegen chinesische Technologiefirmen deren Konkurrenzdruck kleinhalten.

Samsung ist nämlich eine der größten 5G-Firmen außerhalb Chinas und könnte seine Geschäfte auf diesem Gebiet erheblich ausweiten, wenn die USA den Zugang der chinesischen 5G-Konkurrenz zu den Märkten in Westeuropa, Indien, Australien etc. blockieren.

https://www.thenationalnews.com/business/technology/samsung-makes-5g-inroads-as-huawei-loses-ground-in-face-of-us-sanctions-1.1091885

Außerdem sollte bedacht werden, daß die Umfrage nur eine Momentaufnahme in einem Augenblick ist, wo der Präsidentschaftswahlkampf in Südkorea auf seinem Höhepunkt tobt. Es ist eine Schlammschlacht ohne erkennbaren politischen Inhalt.

Die Konservativen haben seit dem Impeachment gegen ihre ehemalige Präsidentin Park Geun-hye und den darauf folgenden vernichtenden Wahlniederlagen den Boden unter den Füßen noch nicht wieder gefunden. Sie versuchen es diesmal mit einem antikommunistischen Kulturkampf.

Den Ton hat der Vizepräsident der großen südkoreanischen Kaufhauskette "Emart" mit Postings auf Instagram vorgegeben. Sein Hashtag lautete Myeolgong (멸공), was soviel bedeutet wie "Zerstört den Kommunismus". Seine Postings gingen viral. Myeolgong war die Parole der Geheimpolizei in der Militärdiktatur und ist jetzt ein Meme des südkoreanischen alt-right-Mobs.

https://www.koreatimes.co.kr/www/tech/2022/01/419_322073.html

Der aktuelle konservative Präsidentschaftskandidat Yoon Suk-yeol hängte sich daraufhin an die virale Welle an. Anfang Januar ließ er sich beim Einkaufen in einem "Emart" ablichten. In der Hand hielt er in auffallender Weise eine Tüte mit getrockneten Sardellen aus der Hafenstadt Yeosu (여수), eine Standardzutat zu fast jeder koreanischen Mahlzeit. Sardellen heißen auf Koreanisch Myeolchi (멸치), was so ähnlich klingt wie Myeolgong.

https://newsimg.sedaily.com/2022/01/09/260SS1W5DC_6.jpg

Das Foto ging auch wieder viral. Seine alt-right-Anhänger laden jetzt Selfies auf Instagram, wo sie sich beim Einkaufen von Sardellen zeigen.

Die Botschaft ist eindeutig. Jeder Koreaner weiß, was in der Hafenstadt Yeosu geschehen ist. 1948 ließ Syngman Rhee, der erste Präsident Südkoreas, dort ein Massaker an angeblichen Kommunisten anrichten. Der Präsidentschaftsbewerber Yoon Suk-yeol hat auch schon öffentlich über einen Präventivschlag gegen Nordkorea nachgedacht.

Es ist zu hoffen, daß die Südkoreaner, wenn sich der fog of war des Wahlkampfs wieder etwas gelichtet hat, auf ihre nächsten Interessen zurückbesinnen. China wird dann immer noch vor ihrer Haustür liegen und ihr größter Handelspartner sein.

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