Gerade jetzt ist noch in den Nachrichten, dass die ukrainischen Behörden Ex-Staatschef Poroschenko (um den es hier nicht geht) den Prozess wegen Hochverrats machen will. Der Vorwurf: Er habe Handel zwischen den abtrünnigen Gebieten und der restlichen Ukraine zugelassen.
Solange die Fronten derart verhärtet sind, solange Kiew offiziell ein totales Embargo gegen die abtrünnigen Gebiete verhängt hat, braucht man nicht über irgend welche Friedenslösungen zu diskutieren. Ein Embargo, wie es Kiew gegen Donezk und Lugansk verhängt hat, gab es in Deutschland, von der relativ kurzen Blockade Westberlins mal abgesehen, während des Kalten Krieges niemals zwischen Ost und West.
Es hat gerade ein regelrechter Krieg zwischen den Gebieten und der Restukraine stattgefunden, der für viel Verbitterung auf beiden Seiten gesorgt haben dürfte. Den hat es so weder in Südtirol noch in anderen Gegenden, die ein Modell für eine Lösung dieses Konflikts sein können, gegeben. Bevor man überhaupt über eine Friedenslösung nachdenken kann, braucht es eine mehrjährige Phase der Entspannung, in der die Beziehungen von Donezk und Lugansk und der Restukraine normalisiert werden. Dafür fehlt aber zumindest auf Kiewer Seite derzeit jeglicher Wille.
Man müsste zunächst der Kiewer Regierung den Zahn ziehen, dass sie das Problem militärisch würde lösen können. Vor allem sollte man den Kiewer Ultras eindeutig klarmachen, dass sie sich die Idee, diese Gebiete zwangsweise zu ukrainisieren, abschminken können. Deshalb schreibe ich hier von Lugansk und nicht von Luhansk. Westschweizer sprechen ganz selbstverständlich von Genève und Fribourg und werden nicht von der schweizerischen Bevölkerungsmehrheit gezwungen, die Städte Genf und Freiburg zu nennen.
Die Situation in der Ostukraine mit Südtirol zu vergleichen halte ich deshalb für absurd. Ich würde eher Vergleiche mit Nordirland ziehen. Dort hat es auch viele Jahre gebraucht, um das Vertrauen zwischen den Konfliktparteien aufzubauen, das nötig war, um von den ersten Friedensgesprächen zum Karfreitagsabkommen zu gelangen.