Gelange ich in Kenntnis eines Verbrechens, so weiss ich, dass es ebenso gut andere hätte treffen können, wie bspw. mich. Ich bin nicht der Meinung, dass Kriminelle immer so persönlich agieren, dass es bei deren Verbrechen immer nur einen geben kann, den es treffen musste.
Mit anderen Worten, Verbrechen gehen uns nicht nur alle an, sondern können auch sehr oft fast alle treffen. Die Massenmedien gehen sehr uneinheitlich mit den Verbrechern um, manche zeigen nur die Gesichter der Opfer, und verhüllen die Täter, andere kürzen die Täternamen ab auf die Anfangsbuchstaben der Familiennamen, und während die gesamte Gesellschaft erfährt in wessen Opfer Familie das kriminelle Schickal wütete, um mit Ihnen darüber zu sprechen, kennt keiner die Verbrecher, um sich vor diesen zu hüten.
Wiederholungsquoten sind die Realität. In manchen Gesellschaften sind diese besonders hoch, wie in den USA, mit über 50 % im allgemeinen, wenn ich mich nicht täusche, in anderen, wie der deutschen, sind sie niedriger. Derlei interessiert allerdings die wenigsten. Sobald es um die Bestrafung von Verbrechern geht, kümmern sich die meisten darum, wie sie dastehen, wenn man sie mit der falschen Moral auf den Lippen erwischt.
Wenns ein Justizfehler war, und der Vorverurteilte es doch nicht gewesen sein sollte, will absolut niemand ihn vorher ungerecht verdammt haben.
Dass das gewaltige Problem nicht mit der Justiz anfängt, die auch nur von Menschen praktiziert wird, ist klar, es beginnt in demokratischen Gesellschaften mit dem mündigen Staatsbürger.
In Demokratien müssen Staatsbürger wissen, welche Partei sie wählen, und haben dieses Wissen häufig nicht dann parat, wenn es am wichtigsten ist. An den Fehlhandlungen einer Regierung ist darum bei uns auch immer der Teil der Bevölkerung mitschuldig, der sie vordem wählte.
Derlei bedeutet aber auch, dass die Staatsbürger für ihre kriminellen Handlungen verantwortlich sein müssen, und Verantwortung hat nur einen Sinn, wenn sie durch Belohnungen und Bestrafungen verwirklicht wird. Gäbe es keine Bestrafung für Verbrecher, es wäre jeder so kriminell wie es beliebt und die Gesellschaft keine konstitutionell-rechtliche.
Strafen haben darum sehr viel mehr Funktionen, als nur die Rache, sie substantialisieren u.a. solche unbedingt wichtigen sozialen Begriffe wie Verantwortung.
Der Schutz meiner Mitmenschen ist mir persönlich so wichtig, dass ich jede Bestrafung der Verbrecher zum Zwecke dieses Schutzes befürworte. Nicht nur also, damit VerbrecherInnen "abgeschreckt" werden, und nicht nur, damit irgendwer anfängt, über Verantwortung nachzudenken, sondern damit effektiv die Kriminalität vom rechtschaffenen Mitmenschen ferngehalten wird, sei es um den Preis überlanger Haftstrafen bei Wiederholungsverbrechern, oder der Todesstrafe in außerordentlichen Fällen.
Weil es jeden treffen kann, und weil mir die Gesellschaft es wert ist.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (18.09.2022 03:28).