Dr. Phibes schrieb am 29.05.2024 16:01:
Das wäre so eine Art "Kunderschänderstatus" (das ist ein Beispiel für gesellschaftlich nicht akzeptierte Verhaltensweise).
Peer-Druck gab es früher z.B. für Homosexualität.
Oder für Regimegegner bei den Nazis. Oder Hexenverfolgung.In der DDR war es grösstenteils so, ich stand mal vor einer Kommission, weil ich angeblich Hakenkreuze in der Schultoilette gemalt haben sollte. Das war das volle Programm. Problem ist immer, wer bestimmt was Nazi ist und was nicht. Pranger ohne Gerichtsverhandlung gibt es schon sehr lange nicht mehr.
Zwei Punkte dazu:
1. In Ihrem Fall wurde Ihnen unbewiesen etwas vorgeworfen (was schlimm genug ist und niemandem wiederfahren sollte). In den im Artikel genannten Fällen wurde aber nicht einfach irgend eine Behauptung aufgestellt, sondern Handyaufnahmen von den Grölereien gepostet. Und die sprechen nun mal für sich.
2. Grundsätzlich bin ich kein Freund des Prangers. In den USA ist ein Fall bekannt geworden, in dem ein Straftäter (ich weiß leider nicht mehr, um ewlche Tat es sich handelte), vom Richter dazu verdonnert wurde eine ganze Zeit lang sich ein Schild umzuhängen mit seinen Straftaten und damit durch die Stadt zu laufen, in der er wohnt.
So etwas finde ich auf Ebene der Individualstraftat unangemessen und irgenwie auch sadistisch.
Im Falle der Verbreitung von Naziparolen sehe ich aber folgende Ausnahme: Hier geht es tatsächlich primär darum, dass nicht irgend ein Richter oder Gericht, sondern einfach das Publikum die Aufnahme ins Internet gepostet hat. Das ist heute nun mal die Norm: was immer sie auf der Straße, im Cafe, im Park, im Kino oder sonstwo laut sagen oder machem: es wird sich IMMER jemand finden, der gerade sein Handy draufhält und das ganze gleich in die Cloud hochlädt.
Wenn ich mir dessen bewusst bin, dass alles, selbst Dinge, die im Rahmen einer geschlossenen Gesellschaft, grundsätzlich der ganzen Welt innerhalb von 30 Sekunden bekannt gemacht werden können, dann ist das nicht nur abschreckend, sondern so werden Echokammern ausgetrocknet. Wenn sich in der Burschenschaft abends um halb zwölf niemand mehr traut, den Arm zu heben, weil das ja morgen schon auf Youtube zu sehen sein könnte, dann wird solches Verhalten abnehmen.