Egal, welche Position man in dieser Sache hat: die syrischen Kurden leben auf syrischem Staatsgebiet. Erdogan hat in Afrin für Fakten gesorgt, die ansässigen Kurden vertrieben und Türken ansiedeln lassen. Mag schon sein, dass Afrin "pro Forma" noch zu Syrien gehört, es ist aber eine türkisch besetzte Zone und wird, wenn der Krieg in Syrien formal beendet wird, auch an die Türkei fallen.
Damit liegt eine völkerrechtswidrige Landnahme vor. Die Türkei hat nicht das Recht, Grenzverschiebungen zu erwirken, um Land einzunehmen.
Nun wird sicherlich irgendwer sagen "blabla, der Data hat die Annexion der Krim gutgeheißen" - und hat damit gewissermaßen auch Recht, denn ich habe diese Annexion als Teil der Sicherheitspolitik der Russen zu begründen versucht.
Die restliche Weltgemeinschaft sieht das aber anders und bezeichnet den Vorfall ebenfalls als völkerrechtswidrig und begründet damit auch die andauernden Russlandsanktionen.
Wenn Russland die Krim nicht hat einnehmen dürfen - aber Fakten schuf mit der Einnahme und anschließenden Umfrage unter der vorwiegend russischen Bevölkerung - warum darf dann Erdogan? Die Situation ist im Grunde nicht unähnlich. Stellen wir uns vor, in Afrin würde ein Votum durchgeführt werden, ob die Bewohner lieber Syrer oder Türken wären, was wäre das wahrscheinlichste Resultat? Die eigens angesiedelten Türken wollen natürlich lieber Türken sein und votieren mit Mehrheit für den "Verbleib" in der Türkei. Schwupps, so macht man aus syrischem Staatsgebiet eben ein Stück Türkei. Gleiche Situation wie mit der Krim. Wo bleibt da die Kritik?
Da muss noch gar nicht das Thema "ethnische Säuberungen" aufgegriffen werden: Erdogan handelt in Afrin ähnlich wie Putin auf der Krim. Russland wird sanktioniert und an den Pranger gestellt, Erdogan darf dank westlichem Appeasement weitererobern wie die alten Sultane des Osmanischen Reiches.
Etwas weniger Bigotterie und mehr diplomatische Verantwortung stünde der westlichen Welt gut zu gesicht.