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  • Stephan Schleim

mehr als 1000 Beiträge seit 27.01.2005

"Prinzipien eines demokratischen Rechtstaats"

st.sch. schrieb am 11.06.2019 09:25:

dass man sich zur Verbesserung der Wissenschaft an Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats orientieren könnte.

und das ist der komplett falsche Weg, denn er widerspricht dem Wesen der Wissenschaft, denn es geht NICHT um Mehrheiten, geht nicht um durch Gesetze verliehenes Recht, sondern geht um Fakten NUR um Fakten, egal wer diese Fakten wie vorträgt.

Hmm, wahrscheinlich entsteht unser Missverständnis dadurch, dass wir unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was ein "demokratischer Rechtsstaat" ist.

Ein rechtstaatlicher Gerichtsprozess, den ich gegen Ende als Beispiel anführe, ist u.a.

* in der Regel öffentlich, sofern nicht andere Interessen schwerer wiegen;
* basiert auf Regeln (z.B. zur Beweiserhebung, man könnte auch sagen: Wahrheitsfindung);
* gibt den Beteiligten die Gelegenheit, sich zu den Sachverhalten zu äußern;
* unterliegt wiederum der Kontrolle einer höheren Instanz (Berufung oder Revision), bis man bei der höchsten Instanz angekommen ist, wo man davon austeht, dass die Experten einander gegenseitig kontrollieren;
* …

Es ist also gerade nicht so, dass man z.B. beim medienträchtigen Vergewaltigungsprozess eine Volksabstimmung darüber durchführen würde, ob der/die Angeklagte verurteilt werden soll.

Vielleicht vergessen Sie das "demokratisch", das ich auch erst nachträglich in den Text eingefügt habe, und bleiben Sie beim "Rechtsstaat". Mir leuchtet immer noch nicht ein, warum die Regeln, die sich dort bewährt haben, nicht auch in der Wissenschaft bewähren würden.

Mir ist das als junger Student in Fleisch und Blut übergegangen als mich einer meiner Professoren dafür massiv tadelte das ich ihn in einer Diskussion höflich behandelte (obwohl er im Unrecht war) statt das Richtige mit allen Mitteln zu vertreten.

Das spricht für die Charakterstärke Ihres Professors und ich kann mir vorstellen, dass das auf Sie Eindruck machte. Ich glaube nicht, dass es heute noch viele von dieser Art gibt, da das Anreizsystem (System-Logik) doch sehr stark auf die Optimierung der Karriere ausgelegt ist (und darum: Opportunismus, Pragmatismus).

Wie wäre es denn aber, wenn man einander höflich kritisiert? Das kann man doch auch machen. Hier sei einmal an den Habermas'schen Runden Tisch erinnert.

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