Auch die Verbreitung über Kinder ist nicht schlimmer oder sogar weniger schlimm als bei Erwachsenen, auch das steht fest, aus den weltweiten Studien dazu.
Ich habe das Gefühl, dass du wieder zwei Dinge zusammenwirfst. Was durch "weltweite Studien" gesichert ist, ist der Umstand, dass Kinder von einer Infektion weniger schwer betroffen werden. Das sagt aber nichts darüber aus, wie gut sie diese verbreiten können - im Gegenteil verschlimmert es das Risiko potenziell sogar, weil durch die geringeren Symptome infizierte Kinder weniger auffallen, obwohl sie selbst ansteckend sind.
Nimmt man die Verhältnisse an Schulen hinzu, welche mehrere der bekannten Faktoren für Multi-Spreading-Szenarien beinhalten, müssten Kinder schon ein erheblich geringes Verbreitungsrisiko haben, damit man Öffnungen im Normalbetrieb verantworten kann.
Aber genau für diesen Sachverhalt gab es eben lange Zeit gar keine Studien, die das bestätigt hätten; es gab nur Behauptungen von verschiedener Seite, die das aufgrund rein theoretischer Überlegungen für möglich hielten - und mehrere Studien, die eben keinerlei Anhaltspunkte dafür fanden. Das hat sich erst im Laufe des Monats geändert, als erstmals rein empirische Studien überhaupt einen wissenschaftlich belegten Anhaltspunkt dafür lieferten, dass Kinder am Infektionsgeschehen tatsächlich unterdurchschnittlich beteiligt sein könnten.
Das ist ein Anfang. Aber es "steht" damit auch noch lange nicht "fest", denn noch gilt Grundregel wissenschaftlichen Arbeitens: "Korrelationen sind keine Abhängigkeiten". Immerhin hat man jetzt schon mal belastbare Korrelationen, wenn auch erst seit etwa drei Wochen. Davor gab es nichts, was auch nur in die Richtung gedeutet hätte - außer auf theoretischen Überlegungen beruhende Annahmen von einigen Kinderärzten, was eigentlich zu wenig ist, um überhaupt die Diskussion zu rechtfertigen, die darum geführt wurde - geschweige denn Schulöffnungen, daran festzumachen.
Trotzdem hätte man schon früher Schulöffnungen im Normalbetrieb rechtfertigen können. Konzepte dafür lagen auch schon vor Monaten wissenschaftlich evaluiert bereit, und zwar ohne dass man sich auf vage Hoffnungen auf geringere Ansteckungsrisiken bei Kindern hätte stützen müssen. Die Lösung waren stattdessen schlicht regelmäßige Tests an den Schulen, ähnlich wie schon bei medizinischem Personal. Damit hätte sich ein Schulbetrieb längst wieder anfahren und das Verbreitungsrisiko dennoch kontrollieren lassen.
Das war bereits der wissenschaftliche Stand Ende der Osterferien. Hätte die Politik sich darauf verständigen können, hätte man also auf Basis des wissenschaftlichen Kenntnisstandes einen zumindest weitgehenden Regelbetrieb an den Schulen wieder aufnehmen können. Aber genau dazu kann sich die Politik bis heute nicht durchringen - also einfach den Schulbetrieb konsequent und geplant und mit Testregime abgesichert wieder anzufahren. Ich nehme an, weil irgendwer diese Tests organisieren und bezahlen müsste ...
Die eigentliche Frage wäre also: Wenn das Kindeswohl so wichtig ist, warum laviert man dann so rum und mischt riskante Schulöffnungsexperimente mit fragwürdigen Hygienekonzepten, die auch keinen vernünftigen Unterricht erlauben, anstatt einfach den Schulbetrieb organisiert wieder anzufahren mit einem wissenschaftlich abgesicherten Konzept, das zu diesem Zweck bereits in den Osterferien vorlag?
Wenn Schulen so wichtig sind, soll man den Betrieb halt einfach planvoll und richtig wieder aufnehmen und auch die Mittel in die Hand nehmen, die dafür nötig sind. Das Lehrer nicht begeistert sind, alle paar Wochen ein neues Sparkonzept auszuprobieren, nur weil niemand die längst bekannte gründliche Lösung bezahlen möchte, sollte eigentlich nachvollziehbar sein.