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mehr als 1000 Beiträge seit 02.02.2011

Taiwan: China und der Ernst der Lage!

Eine etwaige Eskalation im Bezug auf Chinas Bestreben Taiwan einzunehmen, wird immer weniger eine Frage des „ob“, sondern eher zur Frage des „wann“!

Ich kann -offen gesagt- in dem Zusammenhang sehr viele Kommentare hier nicht wirklich nachvollziehen. Diese gleiche abstoßende Arroganz flankiert mit einer Menge Unsinn wie schon beim Ukraine Thema, bei dem auch hier wieder so viele wieder genau zu wissen meinen, was denn für Taiwan am besten sei. Natürlich aus Sicht Chinas, versteht sich. Ich verstehe ja, wenn einer seinen unbändigen Hass auf „den Westen“ in jeder sich bietenden Gelegenheit zum Besten geben will. Allein unsere Meinungsfreiheit soll das auch immer decken, aber hier reden wir m.E. über eine noch größere globale Herausforderung als beim Russland-Ukraine-Krieg. Ein militärischer China-Taiwan Konflikt könnte dabei sogar zu einem dritten Weltkrieg führen. „Könnte“!
Ich finde hier darf man ruhig mal seine eigene Verbohrtheit überdenken und sich über den Ernst der Lage klar werden! Ein Krieg gilt es dort am besten im Vorfeld bereits diplomatisch zu verhindern.
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Anders als beim Einmarsch Russlands in die Ukraine, den Putin quasi bis zum letzten Tag runtergespielt hatte, macht China bekanntlich keinen Hehl aus ihren Absichten.
Chinas Politik verfolgt da einen klaren, definierten Plan (bzw. Plänen). Anders als wir, die oftmals nur von Legislatur- zu Legislaturperiode oder von Jahresbilanz zu Jahresbilanz denken, hält sich China an einen eher langfristigen Plan zur Erreichung seiner Ziele. Ist erst mal deren gutes Recht, allerdings betreffen uns verschiedene Dinge auch und wir leben nun mal alle auf diesem einen, gleichen Planeten.
Dies ist auch weder geheim noch sonst irgendwie „mysteriös“, man muss einfach nur lesen und/ oder zuhören (siehe Chinas Plan 2049).

Außerdem braucht man auch nur mal einen Blick nach Asien werfen und schauen was dort los ist. Japan, Südkorea und weitere sind beim Thema Taiwan etwas besorgter.
Die haben China, Russland und Nord-Korea in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft! Ein Träumchen…
So äußerte z.B. der japanische Premierminister Kishida seine Sorgen zum wiederholten Male mehr als eindeutig, indem er unter anderem zum Ausdruck bringt, daß Ostasien das nächste Ukraine werden könnte (1):

When I saw the reality of the attempt to unilaterally change the status quo by force, I thought ‘East Asia could be the next Ukraine,'

Japan ist ja nicht gerade als Kriegstreiber, Hetzer oder dergleichen bekannt. Eher im Gegenteil. Nach den schrecklichen Erfahrungen des 2. Weltkrieges entwickelte sich Japan eher zu einem pazifistischen Volk. Erst letztes Jahr, kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, bekräftigte Kishida auch noch einmal die Haltung Japans zu Atomwaffen:
Ministerpräsident Fumio Kishida machte am Montag laut Medien deutlich, dass Japan an seinen drei Prinzipien festhalte, keine Atomwaffen zu bauen, keine zu besitzen und auch die Stationierung solcher Waffen auf dem eigenem Boden nicht zu erlauben.
Aktuell rüsten aber sogar die ordentlich auf- das sollte/könnte einem durchaus zu denken geben. Genauso wie z.B. im Bezug auf Russland das Bestreben Finnlands und Schwedens nach einer solch langen Zeit der Neutralität plötzlich der NATO beitreten zu wollen.

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Gleichzeitig drohte und droht China im Bezug auf Taiwan ganz unverblümt und mehrfach mit einem Militäreinsatz. Beispiel von Okt. 2022 (2):

Xi droht Taiwan mit Militäreinsatz

Chinas Präsident hat den Parteitag der Kommunistischen Partei eröffnet. In seiner Eröffnungsrede bekräftigte er die Bereitschaft, in Taiwan notfalls Gewalt einzusetzen.

Erst Anfang diesen Monats (04.06.2023) bekräftigte Chinas Außenminister beim Shangri-La-Forum in Singapur derartige Drohungen (3):

General Li drohte der demokratisch regierten Inselrepublik auf offener Bühne erneut mit Krieg. Chinas Militär werde im Zweifelsfall nicht eine Sekunde zögern. Je mehr die "abspalterischen Aktivitäten" in Taiwan zunähmen, desto entschlossener werde Chinas Führung Gegenmaßnahmen ergreifen, betonte der Verteidigungsminister.

Das ist für China schon sehr bemerkenswert, sich so in aller Öffentlichkeit mitzuteilen.

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Wie allen hier, die munter mitreden, wissen sollten, lag das Thema China/Taiwan unter anderem auch beim letzten G7-Gipfel in Hiroshima, Japan auf dem Tisch. Aus der Abschlußerklärung vom 20.05.2023 (4) der G7-Staaten Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, UK und USA sei folgendes zitiert:

-Wir sind bereit, konstruktive und stabile Beziehungen mit China aufzubauen, , wobei wir anerkennen, wie wichtig es ist, offen mit China zu kommunizieren und unsere Sorgen China gegenüber direkt anzusprechen.
(…)
- Wir sind nach wie vor ernsthaft besorgt angesichts der Lage im Ost- und Südchinesischen Meer. Wir lehnen einseitige Versuche zur gewaltsamen oder erzwungenen Änderung des Status quo entschieden ab.
(…)
- Wir bekräftigen die Bedeutung von Frieden und Stabilität in der gesamten Taiwanstraße als unverzichtbar für Sicherheit und Wohlstand der internationalen Gemeinschaft. Die G7-Mitglieder haben ihre grundsätzlichen Positionen in Bezug auf Taiwan nicht geändert, auch nicht die erklärte Ein-China-Politik. Wir rufen zu einer friedlichen Lösung der Probleme zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße auf.
(…)

Persönliches Fazit:
Ähnlich wie Russland die Ukraine nicht als souveränen Staat ansieht und meint sich diesen einfach einverleiben zu können, betrachtet China offensichtlich Taiwan lediglich als eine abtrünnige Provinz, obwohl der demokratisch regierte Inselstaat nie Teil der Volksrepublik war!

Hier wird dann ein Artikel verfasst, der sein Augenmerk auf eine „pekingfreundliche“ Partei Taiwans legt, die ein paar Prozente bei Umfragen gewonnen hat.

Da geht es aber doch gar nicht drum. Ebensowenig wie jemand anzweifelt, daß es in der Ukraine russenfreundliche Menschen gibt bzw. (mittlerweile) gab, so zweifelt auch niemand daran daß viele Menschen in Taiwan kein Problem mit China haben.
Auch „der Westen“ nicht (s.o.).

—> Es geht darum, ob eine Änderung dieses Status-Quo eventuell von China militärisch erzwungen wird. Denn ob die Menschen in Taiwan eine Änderung des Status-Quo möchten, darf durchaus bezweifelt werden - siehe dazu ebenfalls sämtliche Umfragen (hier beispielhaft von 2022):

Die Taiwanerinnen und Taiwaner betrachten sich selbst längst als eigenständig. Eine Umfrage aus dem Jahr 2022 ergab, dass sich nur 2,7 Prozent der Befragten als Chinesen sehen. 61 Prozent identifizierten sich als Taiwaner, und 32,9 Prozent gaben an, sie seien sowohl Chinesen als auch Taiwaner.
Eine „Wiedervereinigung“ mit dem autokratisch regierten China ist für die meisten Bewohnerinnen und Bewohner der Muster-Demokratie Taiwan unvorstellbar.

Übrigens und zur Betonung:
„Der Westen“ strebt im Fall der Fälle (Taiwan möchte keine Eingliederung nach China vs. China möchte Taiwan einverleiben) eine friedliche Lösung an (s.o.)!
Und Nein, sollte China Taiwan angreifen war weder „der Westen“, noch die USA alleine, noch sonst jemand Schuld! Gleichzeitig wäre es natürlich auch mehr als sehr wahrscheinlich, daß im Fall einer chinesischen Invasion wenigstens die USA und Japan Taiwan zur Seite stünden. Auch das wurde mehrfach schon bekräftigt.

Im Bezug auf das „ob“ liegt es also allein an China. Im Bezug auf das „wann“ würde das Jahr 2027 passen… (siehe Pläne von China).

In diesem Sinne, Baxter
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Quellen:
(1)
https://www.japantimes.co.jp/news/2023/03/22/national/politics-diplomacy/kishda-ukraine-visit-zelenskyy/
https://www.taiwannews.com.tw/en/news/4778962
(2)
https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-10/china-parteitag-xi-jinping
(3) https://www.tagesschau.de/ausland/asien/taiwan-li-shangfu-100.html
(4) https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975254/2191654/07d8da9792b7735af2c29d633ec91003/2023-05-20-g7-communique-deu-data.pdf

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