Ströms schrieb am 21.12.2024 09:32:
Guckstu schrieb am 20.12.2024 23:04:
...
bisher haben wir noch keine einzige echte russische rote Linie gesehen.
....ich gebe zu bedenken:
2014 nach den vom Westen untersützden Maidan-Protesten und dem anschließenden beginnenden Bürgerkrieg zwischen pro-westlichen und pro-russischen Radikalen: Krim weg
2022 nach den vom Westen ignorierten Forderung nach Verhandlungen Dezember 2021 und zunehmendem Risiko, dass die Ukraine in die NATO aufgenommen wird (das war auch schon vor Putin eine rote Linie für Russland): Einmarsch
Politische rote Linie.
Es ging hier um die militärischen roten Linien.
2022 nach dem Angriff auf die Kerch-Brücke konzentrierte Angriffe auf die Ukrainische Energieinfrastruktur
Ich sehe da keinen Zusammenhang.
Glaubst du ernsthaft, Russland hätte ohne einen Angriff auf die Kerschbrücke auf die Bombardements verzichtet?
Ich erkenne durchaus, das auf Überschreiten roter Linien reagiert wurde.
Ich nicht.
Die russischen Taktiken sind eigentlich allesamt Business as Usual für die russische Armee.
War schon in Syrien so: Bei Widerstand wird in Grund und Boden bombardiert. In der Ukraine können sie nur nicht alles zerstören, weil das Land zu groß ist.
Nur: Die Panikmache im Westen, dass Putin mit gut 1Mio Soldaten bald ganz Europa mit über 2Mio Soldaten angreift hat sich nicht erfüllt. Das ist für mich eher westliche Propaganda, damit so schnell keine Mehrheit für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen eintritt, das könnte in einer Demokratie Folgen haben.
Putin würde einen US-Präsidenten abwarten, der bei einem Angriff den entsprechenden NATO-Staat im Stich lässt. Die NATO-Beistandsverpflichtung hat eine Hintertür: Die Staaten müssen nur liefern, "was sie für angemessen halten", und so ein Trump könnte sagen: Wenn ein Staat seine 2%-Verpflichtung nicht eingehalten hat, finden wir ein Dutzend Erste-Hilfe-Koffer völlig angemessen, und dann müssten die Europäer (und vielleicht die Kanadier) den Angriff alleine abwehren.
Momentan könnte Putin beispielsweise in Ungarn und der Slowakei einmarschieren. Es gäbe genügend Politiker, die darin die gerechte Quittung für deren Quertreiberei und Russlandhörigkeit sähen, dass sie da nur eine symbolische Verteidigungsbereitschaft aufbringen würden.
Trump hätte wahrscheinlich auch keine Lust und würde deren Militärhaushalte schlechtrechnen, so dass sie unter 2% liegen und er auch nichts schickt.
Aber so geht Putin natürlich nicht vor.
Erst Politikerbestechung, dann Destabilisierung, dann Aufständische finanzieren, dann Entsendung einer "russischen Friedenstruppe" gegen die eigenen Aufständischen.
Erst, wenn das alles nichts hilft, ein offener Einmarsch.
Die ganzen Waffenlieferungen des Westens dienten nach meiner Meinung(!! nicht aufgrund einer sicheren Quelle) dazu, Russland zu schwächen, und nebenbei schwächt sich Europa selber. Die einzigen Profiteure sind aktuell die USA (Energieabsatzmarkt EU und Rüstungsindustrie) und evtl. einige Dritte am Rande.
Russland schwächen ist sogar da offizielle Ziel.
Aber nicht, weil man Russland kleinhalten will, dazu ist es wirtschaftlich viel zu unbedeutend.
Sondern, damit Russland seinen Krieg nicht mehr finanzieren kann. Dieses Ziel wurde auch halb erreicht, Russland werden irgendwann 2025 die finanziellen Ressourcen ausgehen, um Waffen im Ausland kaufen zu können, und aus eigener Kraft kann Russland dann bestenfalls seine Front stabilisieren, vorrücken kann es dann nicht mehr.
Außer, es findet im eigenen Land noch Reserven, dann hält es ein bisschen länger durch.
Aber die russische Wirtschaft ist schon lange nicht mehr nachhaltig, sondern verschleudert alle Reserven in diesem Krieg. Putin wird seine Oligarchen gewaltig schröpfen müssen, um überhaupt noch Ressourcen für die Rüstung zu haben - und er beginnt bereits damit. Was für ihn hochriskant ist, denn er erkauft sich deren Loyalität mit den Ressourcen, die er ihnen zur gefälligen Ausbeutung überlässt, das ist ja eine Korruptokratie.
Langfristig wird sich zeigen, ob die geostrategischen Pläne erfolgreich sind, aktuell scheint China der nächste und evtl. letzte große Gegner der USA zu sein - hoffentlich bleibt's beim Wirtschaftskrieg und Drohungen ohne Militäreinsatz.
Oh, der größte Gegner der Amis sind die eigenen Superreichen mit ihren Steuersenkungswünschen, was auf Kosten der Infrastruktur und der Ausbildung geht.
Und die wieder grassierende Xenophobie - die Hälfte der US-Doktoranden und -Nobelpreisträger sind Einwanderer, die hauen sich gerade die Grundlagen ihres Reichtums weg.
Schöner wäre natürlich, wenn der mühsame Weg der Diplomatie maximal genutzt würde,
Russland hat das abgelehnt.
geostrategische Entwicklungen sind kein Wunschkonzert, wenn die Gegenseite auch die Größe für eigene Forderungen hat.
Die russischen Forderungen sind mit einer konstruktiven Zusammenarbeit inkompatibel.
Russland will offen eine Hegemonie in den Grenzen des Warschauer Pakts haben. Das würde die EU auf die Bedeutungslosigkeit der Zeit vor der Osterweiterung zurückwerfen, was EINE von mehreren roten Linien der EU ist, eine weitere ist die endemische Korruption in russisch dominierten Staaten.
Da sind die USA und EU in den letzten Jahrzehnten recht verwöhnt: durch die eigene Wirtschaftsmacht (Sanktionen Kuba, Nordkorea) und notfalls Militär (Irak, Libyen) konnte kleineren Staaten ziemlich viel aufgezwungen werden,
Aufgezwungen wurde in Irak und Libyen nicht viel. Loyale Westverbündete oder gar Leuchttürme der Demokratie sind da ja nicht entstanden.
Aber ja, das war nur durch militärische Übermacht möglich.
Nordkorea ist nicht nur vom Westen sanktioniert.
durch das Erstarken der BRICS verschiebt sich da momentan etwas, auch wenn vieles für den "normalen Beobachter" vorerst im Nebel und der Propaganda aller Seiten verborgen bleibt.
BRICS ist nicht mal so kohärent wie die EG damals.
Das ist mal ein Versuch, eine Antwort auf die westliche Dominanz zu finden, und das ist im Grundsatz nicht verkehrt, aber ob die da jemals mehr als ein paar informelle Gespräche und ein paar kleinere Kooperationen hinkriegen?
Ein einheitlicher Wirtschaftsraum wird da jedenfalls nie möglich werden, dafür wäre China viel zu dominant und das würde kein anderer Staat wollen.
Noch meine Meinungen/Vermutungen zur Oreschnik:
Nein, keine Sprengköpfe.
Das waren reine Wuchtwaffen.
Die Schäden waren minimal und die Präzision besch...eiden; es ist NICHTS taktisch Relevantes getroffen worden, und es gab keine Explosionen.Aber der Wiedereintritt mit der Plasmaspur hat eindrucksvoll ausgesehen, keine Frage.
Militärisch relevant sind die Dinger nicht, solang er keine Atomwaffe draufschraubt - aber Atomwaffen und die Trägersysteme hat er eh schon lange.
Der Oreshnik gibt Russland fast keine neuen militärischen Möglichkeiten, und bisher jedenfalls keine nützlichen. Wahrscheinlich haben sie es noch nicht geschafft, dort konventionelle Sprengköpfe reinzupacken, und jetzt wird dieser erste Waffentest so gut es eben geht propagandistisch ausgeschlachtet...Es gibt hier unterschiedliche Expertenmeinungen und eine ziemlich dichte Nachrichtensperre aus der Ukraine. Als naturwissenschaftlich versiert halte ich folgende Interpretation für am wahrscheinlichsten:
Die "Sprengköpfe" ohne Explosivstoffe scheinen gut als Bunkerbrecher geeignet zu sein, die ihre Wirkung erst nach durchdringen mehrerer Stockwerke am Boden den Großteil der Energie freisetzen.
Das steht sogar in der Wikipedia :-)
Eventuell wird da in Zukunft noch aufgerüstet, aber ein Sprengstoff, der bei den Temperaturen sicher und millisekundengenau zündet ist ein technisches Problem für sich.
Sehe ich auch so.
Ob man angeblichen "Augenzeugenberichten" von Mitarbeitern glauben schenken darf, dass in den unteren Produktionsanlagen alles zerstört war, muss jeder selber entscheiden.
Ich würde da nichts entscheiden wollen.
Klar hauen diese Wuchtgeschosse ziemlich tief rein, aber dafür müssten sie eben überhaupt so ein Produktionsgebäude treffen.
Und dazu müssten die Russen exakt wissen, wo genau denn die unterirdischen Anlagen sind. Und die Wuchtgeschosse auch entsprechend genau platzieren; ein Streukreis von 200 Metern klingt danach, als könnte was passieren, aber man bräuchte mehr als nur einen Oreschnik, um das ganze Werk zu zerstören.
Die Anlage war angeblich aus den Sowjetzeiten so konzipiert, dass sie auch nuklearen Angriffen standhalten kann, wobei ich in dieser Hinsicht nicht glaube, dass es einen direkten Treffer mit einem modernen 1MT-Sprengkopf übersteht, höchstens wenn der Sprengkopf in einer Höhe gezündet wird, um den maximalen Flächenschaden (wie in Hiroshima und Nagasaki) zu erzielen.
Atombomben sind gegen vergrabene Ziele ziemlich ineffektiv.
Bzw. man muss das anders formulieren: Erde und Gestein sind übel stabil, selbst Atombomben richten nur wenig Schaden an.
Die atomaren Bunkerbrecher sind darauf ausgelegt, in vielen Metern Tiefe im Boden eingedrungen zu zünden, und selbst dann ist der Zerstörungsradius eher klein. Und die schiere Masse an stabilem Material, das man braucht, um dem Sprengkopf ein Überleben nach so einem Einschlag zu ermöglichen, geht auf Kosten der Sprengkopfgröße. Ich weiß gar nicht, ob man überhaupt einen 1-MT-Sprengkopf so stabil bauen kann, dass er das Eindringen übersteht, da werden da enorme g-Kräfte frei.
Sollte die russische Information, dass die 36 Gefechtsköpfe in 6 Gruppen einzeln lenkbar wären und bei Mach 10 zudem zielgenau sind, dann ist das schon was neues, vor allem wenn es keine zuverlässige (über 90% Abfangquote) Raketenabwehr dagegen gibt. Ob THAAD als Gegenmittel taugt kann ich nicht sagen, dessen Einsatz bereich ist etwas seltsam: "nur" 300km Reichweite gegen Interkontinentalraketen - da können nur einzelne Objekte geschützt werden und kein ganzes Land. Und sollten die Oreschnik die Gefechtsköpfe relativ kurz nach dem Start separieren (6 oder 36 Ziele)
6 Ziele. Die Submunitionen werden erst kurz vor dem Einschlag getrennt.
300 km Reichweite sind eine sehr ordentliche Fläche. Und, nicht vergessen, die 300 km gehen auch in die Höhe.
Die Ukrainer müssen ja nur die Westukraine sichern, und dort auch nur die großen Rüstungsbetriebe, nicht die Kleinbetriebe in den Wohngebieten.
Wenn man noch dazunimmt, dass die Großbetriebe tief vergraben sind, gibt das gelegentliche Zerstörungen, aber der Produktionsbetrieb läuft weiter.
könnte ein THAAD System schnell gesättigt sein (wenn man nicht "direkt" neben der Startrampe eines aufstellen kann) - pro Einheit sind 24 Raketen geladen und angeblich gibt es bisher 7 Einheiten zu Kosten von über 1Mrd pro Einheit.
24 Raketen würde schon mal drei Oreshniks aufhalten.
Und auch die Oreshniks sind teuer. Russland behauptet zwar, eine Massenproduktion gestartet zu haben, aber bisher nimmt das niemand ernst. Kleinserie vielleicht; die Russen brauchen ihre Ressourcen für effektivere Waffen.