DrFunfrock schrieb am 4. Mai 2004 14:24
> Und wer sagt, das Schroeder ein
> Roter war oder ist?
Die SPD-Basis, 1993. Erinnere Dich bitte: Nach Engholms plötzlichem
Ausscheiden als SPD-Vorsitzender und designierter Kanzler-Kandidat
hat die SPD die Mitglieder aufgerufen, den neuen Vorsitzenden in
einer Urwahl zu bestimmen. Die Kandidaten waren Rudolf Scharping,
Heidemarie Wieczorek-Zeul und Gerhard Schröder.
<http://www.cs.uni-magdeburg.de/~cteutsch/Politik/spd.htm>
Wie in jeder der hiesigen Parteien gibt (gab?) es auch in der SPD
eine eher "rechte" ("Realo", "konservative" etc.) Mitglieder-Strömung
und eine eher "linke" ("Fundi", "liberale" etc.). Und nur _weil_
Gerhard Schröder damals noch als so links galt wie die "rote Heidi",
verteilten sich die Stimmen des "linken" SPD-Lagers auf zwei
Kandidaten, wodurch der als eher "gemäßigt" geltende Scharping
(übrigens als einziger der drei Mitglied in der Atlantik-Brücke e.V.,
notfalls googlen) die parteiinterne Wahl gewinnen konnte...
Ich sehe _eine_ gewisse Parallele darin, daß Schröder inzwischen
nicht mehr als "Roter" gilt, wenn ich dies lese:
<<In Caesars Kindheit und Jugend fallen: der Bundesgenossenkrieg
gegen Rom, der "Börsenkrach" des Jahres 90, der Aufruhr der
Proletarier, der Bürgerkrieg des Marius, die Schreckensherrschaft des
Cinna, die Hinrichtungen durch Sulla, der erneute Umsturz nach Sullas
Tode, der Monsterprozeß gegen Verres, der Sklavenaufstand des
Spartakus, die Seeräubereinfälle, die Lebensmittelverknappung, die
Inflation, die Verschwörung des Catilina. Er hatte also alle
Scheußlichkeiten eines Volkes im Delirium und eines hilflosen Staates
erlebt. Natürlich - man kann Rechtsunsicherheit, tägliche Verbrechen,
Mord, Aufruhr, Inflation und Straßenschlachten gewohnt werden, oft
genügt eine Generation, um diese Dinge für die gegebenen
Begleiterscheinungen des Lebens hinzunehmen. Dann ist man ein
angenehmer Zeitgenosse und wir "Realist" genannt. Als unrealistisch
gilt, wer diese Dinge, die gern das Attribut "vielschichtig"
annehmen, entkompliziert und verflucht. Der spätere Caesar hat
gezeigt, daß er diese Zustände verfluchte; der junge Caesar schwieg.
Er beobachtete die Älteren und ihre Versuche, vor allem Pompeius, und
er war ein kühler Beobachter. Er sah, wie es Pompeius erging und
löschte auf jeden Fall erstmal seine Laterne. ...>>
Der ganz junge und auch der schon ältere Schröder versuchte es _mit
angezündeter Laterne_. Aber irgendwann muß ihm dann klar geworden
sein, daß er damit nie in die Position gelangen würde, seine
Vorstellungen auch umsetzen zu können. Darum inszenierte er Mitte der
90er Jahre ganz bewußt und öffentlich den radikalen Wechsel vom
ultimativ-linken, ehemaligen Juso-Vorsitzenden zum "Genossen der
Bosse".
[Ich kenne einen kleinen Wirtschaftskapitän, der sagte mir noch 1991:
"In Deutschland wird nie einer Kanzler, den die Wirtschaft nicht
will!"]
Ich halte es übrigens durchaus für möglich, daß auch die
entgegengesetzte Positionierung Lafontaines und sein Abgang Teil der
Inszenierung waren.
[Man erinnere sich in diesem Zusammenhang an die Murdoch-Presse, die
kurz vor dem Rücktritt die Frage aufwarf, ob Lafontaine heute "der
gefährlichste Mann Europas" sei!]
Sollten also interessierte Kreise Schröder absägen wollen (irgendeine
Skandalgeschichte ist schnell in Umlauf gebracht), könnte als massive
Antwort Lafontaine die -dann offene- Konfrontation nahtlos
weiterführen.
Inzwischen hat Schröder (bzw. das "rot-grüne Projekt": ich gehe also
davon aus, daß auch andere Kabinettsmitglieder eine ähnliche
Erleuchtung wie Schröder hatten) damit begonnen, die Voraussetzungen
zur Umsetzung seiner wirklichen Absichten zu schaffen, da wo -wie
wohl klar erkannt wurde- die wirklichen Hindernisse liegen, auf
außenpolitischen Gebiet nämlich. Wenn die in den letzten Jahrzehnten
entwickelte und bewährte europäische Errungenschaft des friedlichen
Ausgleichs zwischen Staaten, wie auch innerhalb der Staaten,
"zukunftssicher" gemacht werden soll, d.h. man sie wiederherzustellen
in die Lage kommen möchte und sie für die Zukunft sichern will, dann
muß _der_ Hauptprotagonist der herrschenden internationalen
Verhältnisse so entscheidend geschwächt werden, daß er sie nicht
länger allein bestimmen kann.
http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=5589149&forum_id=55897
Womöglich wird dann gar das europäische Beispiel zu _dem_
alternativen westlichen Vorbild für die (freiwillige!) internationale
Zusammenarbeit und die UNO endlich einmal zu dem, was sie nie war,
aber angeblich sein sollte: ein Garant für Rechtsstaatlichkeit und
friedlichen Ausgleich auch auf wirtschaftlichem Gebiet!
> Und wer sagt, das Schroeder ein
> Roter war oder ist?
Die SPD-Basis, 1993. Erinnere Dich bitte: Nach Engholms plötzlichem
Ausscheiden als SPD-Vorsitzender und designierter Kanzler-Kandidat
hat die SPD die Mitglieder aufgerufen, den neuen Vorsitzenden in
einer Urwahl zu bestimmen. Die Kandidaten waren Rudolf Scharping,
Heidemarie Wieczorek-Zeul und Gerhard Schröder.
<http://www.cs.uni-magdeburg.de/~cteutsch/Politik/spd.htm>
Wie in jeder der hiesigen Parteien gibt (gab?) es auch in der SPD
eine eher "rechte" ("Realo", "konservative" etc.) Mitglieder-Strömung
und eine eher "linke" ("Fundi", "liberale" etc.). Und nur _weil_
Gerhard Schröder damals noch als so links galt wie die "rote Heidi",
verteilten sich die Stimmen des "linken" SPD-Lagers auf zwei
Kandidaten, wodurch der als eher "gemäßigt" geltende Scharping
(übrigens als einziger der drei Mitglied in der Atlantik-Brücke e.V.,
notfalls googlen) die parteiinterne Wahl gewinnen konnte...
Ich sehe _eine_ gewisse Parallele darin, daß Schröder inzwischen
nicht mehr als "Roter" gilt, wenn ich dies lese:
<<In Caesars Kindheit und Jugend fallen: der Bundesgenossenkrieg
gegen Rom, der "Börsenkrach" des Jahres 90, der Aufruhr der
Proletarier, der Bürgerkrieg des Marius, die Schreckensherrschaft des
Cinna, die Hinrichtungen durch Sulla, der erneute Umsturz nach Sullas
Tode, der Monsterprozeß gegen Verres, der Sklavenaufstand des
Spartakus, die Seeräubereinfälle, die Lebensmittelverknappung, die
Inflation, die Verschwörung des Catilina. Er hatte also alle
Scheußlichkeiten eines Volkes im Delirium und eines hilflosen Staates
erlebt. Natürlich - man kann Rechtsunsicherheit, tägliche Verbrechen,
Mord, Aufruhr, Inflation und Straßenschlachten gewohnt werden, oft
genügt eine Generation, um diese Dinge für die gegebenen
Begleiterscheinungen des Lebens hinzunehmen. Dann ist man ein
angenehmer Zeitgenosse und wir "Realist" genannt. Als unrealistisch
gilt, wer diese Dinge, die gern das Attribut "vielschichtig"
annehmen, entkompliziert und verflucht. Der spätere Caesar hat
gezeigt, daß er diese Zustände verfluchte; der junge Caesar schwieg.
Er beobachtete die Älteren und ihre Versuche, vor allem Pompeius, und
er war ein kühler Beobachter. Er sah, wie es Pompeius erging und
löschte auf jeden Fall erstmal seine Laterne. ...>>
Der ganz junge und auch der schon ältere Schröder versuchte es _mit
angezündeter Laterne_. Aber irgendwann muß ihm dann klar geworden
sein, daß er damit nie in die Position gelangen würde, seine
Vorstellungen auch umsetzen zu können. Darum inszenierte er Mitte der
90er Jahre ganz bewußt und öffentlich den radikalen Wechsel vom
ultimativ-linken, ehemaligen Juso-Vorsitzenden zum "Genossen der
Bosse".
[Ich kenne einen kleinen Wirtschaftskapitän, der sagte mir noch 1991:
"In Deutschland wird nie einer Kanzler, den die Wirtschaft nicht
will!"]
Ich halte es übrigens durchaus für möglich, daß auch die
entgegengesetzte Positionierung Lafontaines und sein Abgang Teil der
Inszenierung waren.
[Man erinnere sich in diesem Zusammenhang an die Murdoch-Presse, die
kurz vor dem Rücktritt die Frage aufwarf, ob Lafontaine heute "der
gefährlichste Mann Europas" sei!]
Sollten also interessierte Kreise Schröder absägen wollen (irgendeine
Skandalgeschichte ist schnell in Umlauf gebracht), könnte als massive
Antwort Lafontaine die -dann offene- Konfrontation nahtlos
weiterführen.
Inzwischen hat Schröder (bzw. das "rot-grüne Projekt": ich gehe also
davon aus, daß auch andere Kabinettsmitglieder eine ähnliche
Erleuchtung wie Schröder hatten) damit begonnen, die Voraussetzungen
zur Umsetzung seiner wirklichen Absichten zu schaffen, da wo -wie
wohl klar erkannt wurde- die wirklichen Hindernisse liegen, auf
außenpolitischen Gebiet nämlich. Wenn die in den letzten Jahrzehnten
entwickelte und bewährte europäische Errungenschaft des friedlichen
Ausgleichs zwischen Staaten, wie auch innerhalb der Staaten,
"zukunftssicher" gemacht werden soll, d.h. man sie wiederherzustellen
in die Lage kommen möchte und sie für die Zukunft sichern will, dann
muß _der_ Hauptprotagonist der herrschenden internationalen
Verhältnisse so entscheidend geschwächt werden, daß er sie nicht
länger allein bestimmen kann.
http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=5589149&forum_id=55897
Womöglich wird dann gar das europäische Beispiel zu _dem_
alternativen westlichen Vorbild für die (freiwillige!) internationale
Zusammenarbeit und die UNO endlich einmal zu dem, was sie nie war,
aber angeblich sein sollte: ein Garant für Rechtsstaatlichkeit und
friedlichen Ausgleich auch auf wirtschaftlichem Gebiet!