Die Türkei sagt, es sei kein Völkermord gewesen. Deutschland sagt, es sei Völkermord und die Kurden geben zu und sagen, sie haben Völkermord begangen. Zunächst gibt es bei Völkermord laut UN keine Sippenhaftung, es ist eine Individualschuld. Wegen Völkermord wurde auf türkischer Seite von den Betreffenden niemand verurteilt. Als die Türkei von den Kolonialmächten besetzt war (1919-1921), hatten sie Zugriff auf alle türkische Archive, auch Militärarchive, es wurden auf Malta Gerichtsprozesse durchgeführt und man hat alle Betreffenden wieder freigelassen. Talaat Pascha wurde in Berlin von einem Armenier getötet und somit haben die Armenier übrigens selbst dafür gesorgt, dass einer der wichtigsten Zeugen überhaupt nicht mehr belangt oder sich dazu äussern konnte.
Konicz spricht gerne von "faktisch", Fakt ist, dass es die Deutschen waren, die dem Dreier-Triumvirat (Talaat, Enver und Cemal Pascha) vorgeschlagen haben, die Armenier umzusiedeln! Die Idee zur Umsiedlung stammt ja nicht von Talaat Pascha und das ist historisch belegt und dokumentiert. Fakt ist auch, dass selbst der Armenier-Lobbyist Lepsius keine Bedenken gehabt hat, dass Armenier umgesiedelt werden.
Hier mal eine Passage zum Kaiserreich und auch Lepsius, der als "Anwalt der Armenier" gilt. Denn selbst Lepsius hielt die Umsiedlung der Armenier für unbedenklich.
Wolfgang Gust: Hätte Deutschland die Armenier retten können?
Frankfurt Paulskirche 24. April 2009:
"Wenn das der Kaiser wüßte, schrieben deutsche Missionarinnen in ihren verzweifelten Berichten über die Greuel an den Armeniern. Ein einziger Befehl des Kaisers hätte in der Tat viele Armenier retten können. Wilhelm II hätte sicherlich nicht befohlen, die Deportationen zu stoppen, denn die Deutschen hatten in Belgien und Frankreich selbst Zehntausende von Zivilisten deportiert. Wenn sogar ein Johannes Lepsius die Deportationen seiner Armenier aus militärischen Gründen für unbedenklich hielt, wie hätte der von ihm bewunderte Kaiser da anders entscheiden sollen. Aber Deportationen mußten nicht automatisch ein Todesurteil sein. Hätte der Kaiser das Hinmorden der Armenier per Befehl untersagt, hätten viele überlebt, selbst in den Todeszonen am Euphrat. Es gibt ein deutsches Dokument, das belegt, wie die Armenier dort mit ihrem sprichwörtlichen Arbeitseifer innerhalb kürzester Zeit einen heruntergekommenen Ort aufbauten, um dort zu leben. Und die Euphratebene bot reichlich bewässerbares Land, um dort bis Kriegsende durchzustehen. Außerdem waren Kilikien und das Euphrattal für Kaiser und Kanzler das für eine deutsche Besitznahme auserkorene Land, wenn die Türkei zusammenbrechen sollte, wovon beispielsweise Außenamtschef Gottlieb von Jagow ausging. Es gab also gute Argumente, dem Kaiser einen Überlebensbefehl schmackhaft zu machen. Und es gab mit den Oberhofpredigern, einer Art protestantischer Beichtväter, Geistliche in seiner unmittelbaren Nähe, die durch eigene Quellen oder durch Lepsius bestens informiert waren. Der Kaiser war schließlich nicht nur ein gläubiger Christ, sondern auch ihr oberster Bischof."
In der Passage wird auch erwähnt, dass die Deportationsgebiete mitnichten ein Todesurteil waren, dass die Armenier "mit ihrem sprichwörtlichen Arbeitseifer innerhalb kürzester Zeit einen heruntergekommenen Ort aufbauten, um dort zu leben. Und die Euphratebene bot reichlich bewässerbares Land, um dort bis Kriegsende durchzustehen.".
Das ist insofern deswegen wichtig zu wissen, da die Rolle der Franzosen beim Aushungern der Armenier kaum irgendwo erwähnt wird! In Nordsyrien gab es eine sehr kleine Anzahl von türkischen Truppen. Um die türkischen Soldaten auszuhungern blockierten die Franzosen die See- und Versorgungswege nach Syrien. Insgesamt starben über 30% der türkischen Soldaten in Nordsyrien an Hunger und Krankheiten und waren dabei in keinerlei kriegerische Konflikte verwickelt! Aufgrund dieser Blockade, das sich an die türkische Seite richtete, starben eine grosse Anzahl an Armeniern. Die Blockade der Franzosen löste zudem auf dem Gebiet des heutigen Libanon eine riesige Katastrophe und Hungersnot aus, nicht nur Armenier, auch viele Araber starben unter den Folgen. Mir ist aufgefallen, dass das kaum irgendwo im Westen erwähnt wird. Die Artikel im Westen darüber kann man mit der Lupe suchen. Auch die Rolle der Kurden, die auf eigene Interessen hin handelten, wird entweder garnicht erwähnt oder wenn es mit einem kurzen Satz erwähnt wird, relativiert.
Ein weiterer Punkt ist, bereits vor den Deportationen und kurz vor dem ersten Weltkrieg flüchteten je nach Quelle zwischen 480.000 bis 650.000 Armenier aus der Osttürkei in das heutige Gebiet Armeniens, das unter der Herrschaft Russlands stand. Diese erste Fluchtwelle hat mit den Türken nichts zu tun. Die Russen hatten zuvor einen Einmarsch in die Osttürkei angekündigt und die Armenier befürchteten Krieg und zwischen die Fronten zu geraten. Damals gab es bereits Kämpfe zwischen türkischen Soldaten und armenischen Dashnaks in dem Gebiet. Berichtet wird insbesondere in Dersim, dass kurdische Stämme die flüchtenden Armenier in den Bergen überfallen und ermordet haben. Bewaffnete armenische Dashnaks versuchten sie zu beschützen. Auf dem Gebiet des heutigen Armeniens und im russischen Gebiet kam es zu einer Hungerskatastrophe. In historischen Schriften wird lediglich erwähnt, dass Armenier massenhaft auf russischem Gebiet starben, aber nicht wieso es die Russen es nicht schafften, diese zu versorgen. Die Russen konnten allerdings ihre eigene Armee im Kaukasus versorgen und über 250.000 an der Zahl.
Tomasz Konicz schreibt:
Die nationale Staatsgründung der Türkei samt ihrem immer wieder erhobenen und in blutigen Massakern aufrechterhaltenen Anspruch auf ethnische und religiöse Homogenität erfolgte faktisch auf Grundlage dieses Völkermordes (1), da die Armenier in vielen Regionen, die nun Teil der östlichen Türkei sind, zuvor die Bevölkerungsmehrheit stellten (2).
Das ist für mich ein eindeutiges Zeichen und Beleg, dass Konicz sich nicht wirklich mit dem Thema befasst hat, ich bezweifle, dass er jemals irgendein Fachbuch dazu gelesen hat. Denn zwei eklatante Fehler, von wegen Fakten:
1) Unter den Jungtürken zu Zeiten von Talaat Pascha gab es ja nicht nur Türken, sämtliche Minderheiten waren da vertreten, inkl. Armeniern! Komische Jungtürken sind das, die angeblich "ethnische und religiöse Homogenität" schaffen wollen und Armenier und Griechen als Mitglieder bei sich aufnehmen? Und ich spreche von CHRISTLICHEN Armeniern wohlgemerkt! Also da muss es wohl andere Gründe gegeben haben, aber da muss man eben Fachbücher lesen und wälzen, dann versteht man auch was da los war. Würde jetzt hier den Rahmen sprengen. Stichwort Entente-Mächte und Sevres Pläne!
2) Die Armenier stellten nirgends die Bevölkerungsmehrheit im Südosten der Türkei. Das würde implizieren, dass die Armenier über 50% der Bevölkerung dort stellen müssten. Tatsächlich und basierend auf historischen Statistiken, die man auch auf armenischer Seite wiederfindet, nirgends übersteigen die Armenier mehr ein Drittel der Bevölkerung im Südosten (Türken waren ebenfalls ein Drittel und die Zahl der Kurden waren an dritter Stelle im Verhältnis). Die Armenier wollten im Osten der Türkei ein Grossarmenien schaffen mit Hilfe der Russen, stellen aber nur die Minderheit. Geplant waren massive ethnische Säuberung der nicht-armenischen Mehrheitsbevölkerung.
In britischen Parlamentsdebatten wurde öffentlich die massive ethnische Säuberung Anatoliens von Türken gefordert und diskutiert, die Russen planten massive ethnische Säuberungen in Anatolien an den Türken, u.a. mit dem Vorhaben, die Türken in Sibirien anzusiedeln. Nach den Balkankriegen 1913 haben Christen in den ehemaligen osmanischen Gebieten massive ethnische Säuberungen durchgeführt, laut Historikern starben dabei 5 Mio Moslems und weitere 6 Mio wurden vertrieben. Interessiert aber keinen und die Gründe kann man sich denken.
By Justin McCarthy - Death and Exile: The Ethnic Cleansing of Ottoman Muslims, 1821-1922
https://www.amazon.com/Justin-McCarthy-Cleansing-Ottoman-1821-1922/dp/B008UYZL84
Persecution of Muslims during Ottoman contraction
https://en.wikipedia.org/wiki/Persecution_of_Muslims_during_Ottoman_contraction#:~:text=Persecution%20of%20Ottoman%20Muslims%20during,dissolution%20of%20the%20Ottoman%20Empire.
Death and Exile: The Ethnic Cleansing of Ottoman Muslims, 1821-1922
https://www.meforum.org/1108/death-and-exile-the-ethnic-cleansing-of-ottoman
McCarthy has unearthed a horrifying and extremely important fact: that in the course of the century between the Greek war of independence and World War I, the Ottoman Empire suffered five and a half million dead and five million refugees. He deems this Europe's largest lost of life and emigration since the Thirty Years' War. Christian suffering in this time and place is well-known; McCarthy shows the other side, that "Muslim communities in an area as large as all of western Europe had been diminished or destroyed." His study minutely reviews the regions and wars, pulling information from foreign and Ottoman sources to produce a compelling account.
Beyond the tragedy involved, this pattern of death and exile has a profound historical importance. To take just three matters that the author raises: It puts into perspective the deportation of Armenians in 1915 and turns this from an act of hatred into one motivated by fear (had the Armenians, with Russian support, rebelled, Ottoman Muslims could have expected to be slaughtered). Also, this legacy explains the modest and circumspect foreign policy pursued by Atatürk; "as a land of recent refugee in-migration and massive mortality," his country was ready not to assert itself but to reform itself. Lastly, the massive immigrations to Anatolia mean that modern Turkey is (like France) a land of migrants; McCarthy estimates that one-fifth of the population descends from nineteenth-century refugees. This helps understand the country's acute sensitivity to current problems in Bosnia and Azerbaijan.
Am 27. Mai 1915 erliess Talaat Pascha das Deportationsgesetz. Die Zahl der Leute, die die Deportationen organisierten und begleiteten wird auf 38.000 geschätzt. Hauptsächlich wurden die Deportationen von den sog. Hamidiye Regimentern durchgeführt.
Man beachte das Jahr, 1915! Und was war noch im Jahre 1915, man beachte die Zahl der Soldaten:
Schlacht von Gallipoli
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Gallipoli
Schlacht von Gallipoli
19. Februar 1915 bis 9. Januar 1916
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland Britisches Weltreich: 469.000 Soldaten[2][3]
Dritte Französische Republik Frankreich: 79.000[3]Osmanisches Reich Osmanisches Reich:
315.500 Soldaten[3] (darunter 500 bis 3000 deutsche Soldaten[4])
Die Schlacht bei Gallipoli gilt laut Historikern als der grösste Militärangriff in der Geschichte (stellt D-Day bei weitem in den Schatten)! Anhand den Zahlen sieht man, dass die Türkei nahezu sämtliches Militär zur Verteidigung der Westflanke verlegt hatte. Angesichts der offen angekündigten Zerteilungspläne seitens der Kolonialmächte, geht es den Türken ums nackte Überleben. Im Kaukasus hatten die Russen über 250.000 Soldaten positioniert und armenische Banden und Revolutionäre bekämpfen die Türken in der Ostflanke. Die Russen marschierten sogar 1919 mit armenischen Verbänden in den Südosten der Türkei ein. Dabei kam es zu Massakern von Armeniern an Kurdenstämmen und nicht etwa an Türken. Und auch in Dersim gab es Massaker von Armeniern, sie bezeichneten es als Racheakte dafür, was die Kurden zuvor mit ihnen gemacht hatten.
Kurzum, es ist die Geschichte von imperialistischen Mächten, die zwecks Zerschlagung des Osmanischen Reiches, Minderheiten aufhetzten und ihnen Versprechungen machten auf Kosten der Mehrheitsbevölkerung, den Türken.
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/politik/genozid-oder-nicht-1307094.html
Es ist erstaunlich und bewundernswert, wie viel Guenter Lewy ohne neue Quellen einfach durch kritische Sichtung der lange bekannten Literatur klären oder doch plausibel machen kann. Mit dieser Methode erstellt er sogar eine Statistik der Opfer und kommt zu dem Ergebnis, daß ungefähr 642 000 Armenier umkamen, was etwa 37 Prozent der Vorkriegsbevölkerung entspricht. Die Frage, ob das mit oder ohne Absicht geschah, kann er nicht zweifelsfrei beantworten. Aber wenn man berücksichtigt, daß auch die Türken und die Kurden schwere Verluste erlitten, und zwar weit mehr durch Krankheit als im Kampf, und wenn man ferner bedenkt, daß etwa von den 1916 in türkische Gefangenschaft geratenen britischen und indischen Soldaten ungefähr ein Drittel umkam, spricht viel dafür, daß keine Absicht vorlag. Lewy vermutet vielmehr, daß die gewaltige Aufgabe, mehrere hunderttausend Menschen in kurzer Zeit und angesichts eines höchst primitiven Transportsystems umzusiedeln, einfach die Möglichkeiten der ottomanischen Bürokratie überstieg. Er erinnert auch daran, daß die Armenier sich nach dem Kriege rühmten, an der Seite der Alliierten gekämpft zu haben. Er zitiert einen britischen Spezialisten, der einmal schrieb, die türkischen Behauptungen über Illoyalität, Verrat und Revolten der Armenier seien, soweit es deren Gefühle betraf, ganz wahr gewesen, nur teilweise wahr, was direkte Aktionen anging, und vollkommen ungenügend als Rechtfertigung für das, was den Armeniern angetan wurde.
Ich habe sämtliche armenische Historiker gelesen (u.a. auch den armenischen Staatshistoriker Dadrian), Taner Akcam und auch die türkische Seite. Darüber hinaus habe ich mich über 6 Jahre mit einem angehenden armenischen Historiker aus Kanada ausgetauscht.
Zu Dadrian und aus seinem Buch werde ich noch was posten. Das ist zu dem Thema nämlich auch sehr interessant!
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (19.07.2020 21:41).