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  • _festus_

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Re: Eskalationsmacht

Ignoramus-et-Ignorabimus schrieb am 23.06.2022 14:32:

Dieser ganze Konflikt ist bisher davon geprägt, dass die Eskalationsmacht unzweideutig bei Russland liegt. Russland eskaliert den Ukraine Konflikt zum ausgewachsenen Eroberungskrieg,

Falsch. Die immer massiveren Waffenlieferungen an die Ukraine sind ebenfalls Teil der Eskalation. Insbesondere Waffen mit erhöhter Reichweite stellen eine Bedrohung für Städte wie Donezk dar - und innerhalb der Konfliktlogik muss Russland die Besetzung weiter nach Westen vorantreiben ... es handelt sich also um eine Konfliktspirale, an der BEIDE Seiten beteiligt sind.

Russland droht mal prophylaktisch mit nie dagewesenen Konsequenzen, sollte sich da jemand einmischen, versetzt kurze Zeit später seine strategischen Kräfte in eine erhöhte Bereitschaft,

Soweit handelt es sich um Signale - meinetwegen kannst du es auch Drohungen nennen - für den Fall einer direkten militärischen Einmischung. Das ist aber eben keine Eskalation - die entsteht erst durch die Schaffung von Tatsachen - also wieder falsch.

Russland hält den Daumen auf den Energielieferungen, und kann eben bis zum Totalboykott eskalieren. Dies liegt alles nicht in der Hand des Westens.

Tatsache ist - das Russland das bisher vor Kurzem eben NICHT getan hat. Die Drusba-Pipline wurde von der Ukraine gedrosselt (fliesst da eigentlich überhaupt noch was?) - die Jamal-Pipeline von Polen praktisch gekappt - NS1 durch Nichtrückgabe der benötigten Turbinen durch Kanada in der ordnungsgemässen Funktion behindert - und von NS2, über die auf Knopfdruck geliefert werden könnte, spricht gar keiner mehr ...

Die Gasengpässe sind also hausgemacht - unabhängig davon, ob die Drosselung wegen der fehlenden Turbinen vorgeschoben ist oder nicht. Also wieder falsch - zumindest was Putins Daumen an der Gasförderung angeht.

Und viele Autoren und Forenten hier sehen das ja als naturgegeben, dass dies so ist, und auch so bleiben wird. Und das man sich deshalb, um des lieben Friedens willen, irgendwie mit Russland arrangieren solle. Ich denke das ist von der Prämisse her falsch, es ist eben kein Naturgesetz, und auch nicht unveränderbar.

Natürlich nicht. Jedoch fehlt es "dem Westen" keinesfalls am "politischen Willen" zur Eskalation - der Wirtschaftskrieg mit dem erklärten Ziel der Zerstörung der russischen Wirtschaft, zeigt es sehr schön - also wieder falsch.

Und in dem Zusammenhang steht für mich auch die Umsetzung der Sanktionen auf den Transitverkehr nach Kaliningrad. Es ist ein zarter Hinweis an Russland, dass es eine Frage des politischen Willens ist, wo die Eskalationsmacht verortet ist, und eben kein Naturgesetz.

Wieder falsch - der "Hinweis" ist alles Andere als "zart". Tatsächlich ist die Blockade - auch wenn sie nur teilwise ist - genauso tiefreifend wie jene Westberlins - auf die die USA mit dem irrwitzigen Aufwand einer Luftbrücke reagierten - und mit der offenen Drohung des Einsatzes von Atomwaffen, sollte diese behindert werden.

Und das es durchaus weitere Möglichkeiten gäbe, die Eskalationsmacht Russlands herauszufordern oder gar an sich zu reissen, auch unterhalb der Schwelle eines direkten militärischen Konflikts.

Russland sollte deshalb die Umsetzung der Sanktionen auf den Güterverkehr nach Kaliningrad als ernste Warnung verstehen, Spielchen wie etwa die Einschränkung der Gaslieferungen nicht zu übertreiben.

Das Dumme an solchen Eskalationsspiralen ist - dass beide Seiten durchaus kreativ darin sind, sich gegenseitig ans Schienbein zu treten, bevor es zum offenen Schlagabtausch kommt - und sie deshalb regelmässig einen anderen Verlauf nehmen, als irgendwer vorhersieht.

Wir können nur froh sein - dass auf der russischen Seite anscheinend Leute mit Bedacht sitzen - sonst hätten sie uns den Gashahn schon längst abgedreht.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (23.06.2022 15:34).

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